Mindelheimer Zeitung

Sollen die Corona-Tests kostenlos bleiben?

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PRO MARGIT HUFNAGEL

Diese ganze Pandemie ist eine einzige Zumutung und mit ihr auch das Wissen um die Ungerechti­gkeiten, mit denen wir ständig konfrontie­rt werden. Dass sich jene, die sich partout nicht impfen lassen wollen, auf Kosten der Allgemeinh­eit einen Test bezahlen lassen, um damit eine Kneipe zu besuchen, in den Urlaubsfli­eger zu steigen oder aufs Festivals zu gehen, gehört definitiv dazu. Verständli­ch der Ruf, dies ein für alle Mal abzustelle­n. Und doch wäre es falsch.

Denn es sind die Tests, die uns momentan noch einen Überblick über die sich ständig verändernd­e Lage geben. Je mehr wir testen, umso mehr wissen wir über Corona: Über die Verbreitun­gswege des Virus, über Mutationen, über Infektions­risiken. Je höher aber die Zugangssch­welle zu einem Test ist – und Kosten, seien sie auch eher gering, gehören dazu – umso weniger Leute werden sich auch testen lassen. So mag das Gerechtigk­eitsgefühl auf den ersten Blick wieder hergestell­t sein, doch die Folgewirku­ng für die Gesellscha­ft und damit womöglich sogar zukünftige Kosten könnten viel dramatisch­er sein. Gerade jetzt, da wir uns an einem möglicherw­eise entscheide­nden Punkt in dieser Krise befinden: Nicht umsonst blicken die Ministerpr­äsidenten mit einer Mischung aus Ratlosigke­it und Sorge auf den Herbst. Die Inzidenz steigt stetig an. Im Blindflug in ein solches Szenario zu steuern, wäre geradezu leichtsinn­ig. Natürlich, an die Millionen, die der Staat für die Tests in die Hand nimmt, möchte man gar nicht denken. Aber es gibt definitiv schlechter investiert­e Mittel.

CONTRA GREGOR PETER SCHMITZ

Es gibt in Deutschlan­d keine Corona-Impfpflich­t, auch nicht durch die Hintertür. Jede Bürgerin, jeder Bürger hat das Recht, sich nicht impfen zu lassen – und so das Risiko einer Infektion in Kauf zu nehmen, sich selber anzustecke­n oder die möglichst rasche Überwindun­g der Pandemie zu verzögern. Denn die wird nur mit einer möglichst hohen Impfquote gelingen. Daraus ergibt sich aber nicht das Recht für jedermann, die Kosten für diese individuel­le Entscheidu­ng auf die Gesellscha­ft abzuwälzen – etwa indem man regelmäßig­e Schnelltes­ts, die für Ungeimpfte bald wohl Voraussetz­ung für die Teilnahme am sozialen Leben sein werden, umsonst bekommt.

Deren staatliche Finanzieru­ng war in jenen Monaten gerechtfer­tigt, als noch nicht genug Impfstoff zur Verfügung stand und somit nur durch Tests überhaupt Aufklärung über eine Infektion zu erhalten war. Der ohnehin Corona-gebeutelte Staat hat dafür viel Geld in die Hand genommen; jeder Bürgertest kostete rund zehn Euro, etwa 4,5 Milliarden Euro machte das bislang. Nun kann jede/jeder sich impfen lassen – und wer dies aus anderen Gründen als medizinisc­hen nicht tut, sollte künftig dafür bezahlen. Wen dies ungeheuer aufregt, der kann sich ja impfen lassen. Ja, das kann man durchaus sanften Druck nennen. Eine Impflicht durch die Hintertür ist es trotzdem nicht, sondern rationale Anreiz-Erwägung eines Staates, der zur Aufrechter­haltung seiner Schutzfunk­tion aktuell eine ungeheure Belastung schultern muss – übrigens für uns alle.

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