Anleihen aus den 2000er Jahren
Mode Erinnern Sie sich noch an den besonderen Look von Carrie Bradshaw aus „Sex an the City“? Und an die Outfits, die Britney Spears berühmt gemacht haben? Dann sind Sie vorbereitet für die Mode 2021/22
Köln/Berlin Bereit für etwas mehr vom früheren Alltag? Die Frauenmode ist es zumindest. Denn: Eine der bemerkenswerten Entwicklungen in den neuen Herbst- und Winterkollektionen ist, dass die Mode für den Alltag und Mode für den Abend sich wieder deutlich voneinander unterscheiden. „Ausgehen ist wieder etwas Besonderes geworden und dementsprechend kleiden wir uns auch so“, erläutert Carl Tillessen, Chef-Analyst des Deutschen Modeinstituts in Köln. Das war schon länger nicht mehr so eindeutig der Fall.
Auch schon vor der Pandemie war es in vielen Großstädten üblich geworden, mit der legereren Alltagskleidung in Restaurants und Bars, selbst in viele Clubs, Konzerthäuser und Philharmonien zu gehen. Nun aber geht es in eine Phase, in der es die Menschen wieder schätzen, was es heißt, auszugehen – und dafür wollen sie schick sein.
Die Tagesmode ist entspannt und lässig, am Abend aber sind Bodycon-Dresses angesagt, erklärt der Modeanalyst Tillessen. Also figurbetonte, schmale Kleider, die an die Sexiness der Neunziger und 2000er Jahre erinnern. „Dabei zitiert die Mode klar die TV-Serie ,Sex and the City‘, bis hin zu den Marken, die durch diese Kultstatus erlangten wie etwa Manolo Blahnik oder Hervé Léger“, so der Experte. „Reminiszenzen an die 2000er Jahre findet man allerdings nicht nur am Abend“, berichtet Ilka MüllerWinkelmann, Stilberaterin aus Schildow bei Berlin.
„Vor allem in der jungen Mode sieht man immer wieder Anklänge an diese Dekade, sei es bauchfreie Oberteile zu extrem tief geschnittenen Hüftjeans, wilde Muster oder Pullunder. Auch die Kombination von Collegejacken zu Plissee- oder Faltenröcken folgt diesem Trend.“Das klingt erst mal wild, das klingt bunt und schrill, nach den poppigen Nuller-Jahren eben. Aber jeder Trend hat seinen Gegentrend – und das betrifft aktuell einige übergeordnete Strömungen. „In den vergangenen Jahren war die Mode sehr plakativ, bisweilen auch laut. Jetzt schwingt das Pendel in die entgegengesetzte Richtung“, prognostiziert der Trendanalyst Carl Tillessen. „Die Mode wird leiser, dezenter und in vielen Trends auch schlichter.“
Auch die „neue Naturverbundenheit“ist ein Megatrend, der für Tillessen wichtiger wird. Diese habe klar mit dem Lockdown zu tun, in dem man vermehrt draußen unterwegs war und beziehe sich nicht nur auf die Farben und Materialien, sondern auch auf die Looks. „Auch bei diesem Trend stand eine TV-Serie Pate: ,The Crown‘ hat den englischen Country-Look in der edlen Version salonfähig gemacht“, so der Modeexperte. Bei diesem Trend geht es aber auch um die Hinwendung zu Materialien, die mit zunehmendem Gebrauch immer schöner werden. „Im Japanischen gibt es für diese Ästhetik den Namen Wabi-Sabi. Ein Wort, das sinngemäß die Schönheit des Unvollkommenen bedeutet“, sagt Tillessen. „In diese Kategorie fallen beispielsweise Jeans im Used-Look.“Auch die Farben des Modeherbsts 2021 spiegeln diesen Trend wider. Neben Grün für den County-Look sind das vor allem Wolltöne wie Cashmerebeige und die vielen Braun-Nuancen – alles auch hier vorwiegend mit sehr leisen Tönen. Trotzdem: Zu den angesagten Farben gehören auch Blau, Rot und das erwähnte Grün „in allen Varianten der jeweiligen Skala“, berichtet Trendberaterin Milena Georg aus Ulrichstein (Hessen). „Also von kräftigen Nuancen bis hin zu zarten Pastellen.“Für Georg macht diese Bandbreite das Kombinieren besonders leicht, denn das angesagte Ton-in-Ton lasse sich so einfach umsetzen.
Wer modisch was auf sich hält, trägt im Herbst und Winter übrigens unter anderem Strick. „Pullis, Cardigans, Rollis und Pullunder in allen Varianten sind jetzt gefragt, und dabei feiert auch das Zopfmuster ein Comeback“, sagt Stilberaterin Inka Müller-Winkelmann. Dieses strukturiert die Silhouette optisch und schafft damit eine schöne Linienführung.
Ein zweites modisches Must-have sind fröhliche Motive, die schon im Sommer in den Kollektionen auftauchten und nun verstärkt im Fokus stehen. „Lustige und fröhliche, bisweilen sogar naive Motive wirken wie ein Stimmungsaufheller und symbolisieren kindliche Freude“, erläutert Tillessen. „Sie sind inspiriert von der asiatischen Comic- und Manga-Kultur und werden uns im Herbst vor allem auf lässigen Modeideen begegnen.“Denn das ist es, was wir brauchen, etwas Fröhlichkeit, aufmunternde Gesichter und bunte Hingucker, wenn der Pandemie-Alltag dann doch noch nicht ganz vorbei ist. Andrea Abrell, dpa
Wilde Kombinationen mit Plisseeröcken
Und immer gibt es auch einen Gegentrend