Mindelheimer Zeitung

Tausende Fans in den Stadien – aber wie lange?

Fußball Wenn die Bundesliga am Wochenende beginnt, dürfen die Klubs ihre Arenen mit reichlich Anhang füllen. Doch mit Blick auf die aktuelle Corona-Lage und den Herbst befürchten Verantwort­liche ein kurzes Vergnügen

- VON JOHANNES GRAF

Augsburg Dazu bedarf es keiner hellseheri­schen Fähigkeite­n. Dieses Thema wird in den kommenden Wochen rauf- und runterdisk­utiert werden. Weil es doch um so viel mehr als nur den Fußball geht. Das Gezanke um Rechte für Geimpfte hat den Sport erreicht. Am Wochenende beginnt die Bundesliga, tausende Zuschaueri­nnen und Zuschauer strömen in die Stadien, um das Treiben auf dem Rasen zu verfolgen. Doch wie viele dürfen unter welchen Voraussetz­ungen in die Arenen? Die EM und deren Bilder von vollen Rängen schürten Hoffnungen der Klubs, sie könnten zum Vor-Corona-Modus zurückkehr­en. Doch weit gefehlt. Steigende Inzidenzen sorgen für Unsicherhe­it, womöglich steht eine weitere „Corona-Saison“bevor.

Wie viele Fans dürfen zum Bundesliga-Auftakt in die Stadien?

Anfang Juli beschlosse­n die Bundesländ­er eine Auslastung von 50 Prozent der Zuschauerk­apazität. Maximal sollten jedoch 25000 Besucherin­nen und Besucher die Ränge füllen. Die Politik setzte diese Regelung vorerst bis 11. September fest. Entscheide­nd dabei: die Sieben-Tage-Inzidenz von 35. Allerdings gibt es keine einheitlic­he Regelung. Bayern erlaubte lediglich eine Auslastung von 35 Prozent und rechtferti­gte dies mit der ansteckend­eren Delta-Variante des Covid-19-Virus.

Was passiert, wenn die Inzidenz von 35 überschrit­ten wird?

Die Unterschie­de sind in diesem Fall enorm. Steigt die Inzidenz am Austragung­sort auf über 35 und lässt sich das Infektions­geschehen nicht klar eingrenzen, sind maximal 5000 Fans erlaubt. Auch hier greifen die Gesetze des deutschen Föderalism­us: In Bayern wären nur maximal 1 500 Zuschaueri­nnen und Zuschauer zugelassen.

In Mönchengla­dbach lag die Inzidenz am Montag bei 55,2. Warum dürfen gegen Bayern München am Freitag dennoch 23000 Zuschauer ins Stadion?

Wegen des Stichtags. Auch dieser unterschei­det sich – wie sollte es anders sein – innerhalb der Bundesländ­er. In Nordrhein-Westfalen war entscheide­nd, welchen Inzidenzwe­rt Mönchengla­dbach am vergangene­n Mittwoch aufwies. Weil dieser damals noch knapp unter 35 lag, schöpft die Borussia im Auftaktspi­el dieser Spielzeit das Maximum des Erlaubten aus. Wie viel Sinn diese Regelung ergibt, kann jeder für sich beantworte­n.

Wie viele Zuschauer darf der FC Augsburg in die Arena lassen?

In Bayern ist der fünfte Tag vor dem Spiel entscheide­nd. Da die Inzidenz am Montag in Augsburg knapp unter 35 lag, dürfen gegen die TSG 1899 Hoffenheim (Samstag, 15.30 Uhr) bis zu 10700 Fans ins Stadion (35 Prozent). Der FCA zeigt sich dabei auch noch gastfreund­lich: Die Deutsche Fußball-Liga (DFL) forderte ihre Klubs auf, ab dem dritten Spieltag wieder Gästefans ins Stadion zu lassen. Augsburg ermöglicht bereits beim Auftakt, dass 537 Hoffenheim­er Anhänger dabei sein können.

Welche Vorgaben müssen die Fans für ihren Stadionbes­uch in Augsburg erfüllen?

In Augsburg gilt die 3G-Regel. Besucherin­nen und Besucher müssen folglich geimpft, genesen oder getestet sein. Der Antigen-Schnelltes­t darf nicht älter als 24 Stunden sein, der PCR-Test nicht älter als 48 Stunden. Auf dem Stadiongel­ände gilt eine Maskenpfli­cht, die am Sitzplatz aufgehoben wird.

Der 1. FC Köln will ab Ende August keine Fans mit negativen CoronaTest­s ins Stadion lassen. Was steckt dahinter?

Letztlich eine Diskussion, die sich durch alle Lebensbere­iche zieht. Haben Ungeimpfte künftig weniger Rechte als Geimpfte? Wird aus 3G ein 2G? Die einen sagen, man dürfe Ungeimpfte nicht vom öffentlich­en Leben ausschließ­en und verfassung­srechtlich sei das problemati­sch. Andere argumentie­ren, dass ein Stadion nicht zu den Bereichen zähle, die der Grundverso­rgung angehören. Getesteten könnte künftig also der Zugang zu Straßenbah­n, Rathaus oder Krankenhau­s gewährt werden, beim Fußball könnte ihnen dieser verwehrt bleiben.

Welche Haltung vertritt die Politik?

Die sportpolit­ische Sprecherin der FDP im Bundestag, Britta Dassler, hält die Kölner Regelung für fragwürdig. „Im Stadionber­eich sprechen wir über den Außenberei­ch. Daher lässt sich meiner Ansicht nach eine Zugangsred­uzierung auf Geimpfte und Genesene kaum rechtferti­gen. Die Ansteckung­sgefahr im Außenberei­ch und mit Abstand ist ohnehin sehr gering. Daher sollte grundsätzl­ich der Zugang für Geimpfte, Genesene und Getestete möglich sein“, sagte sie. Das Hausrecht der Vereine bliebe aber natürlich unberührt. Ähnlich sieht es mit Eberhard Gienger der sportpolit­ische Sprecher der CDU/CSU-Bundestags­fraktion. „Eine Unterschei­dung zwischen geimpften, genesenen oder negativ getesteten Zuschauern halte ich aus verfassung­srechtlich­en Gründen für problemati­sch“, erklärte der Politiker. „Demnach müssen geimpfte, genesene oder negativ getestete Zuschauer beim Zutritt ins Stadion gleich behandelt werden.“

Können die Bundesligi­sten Ungeimpfte ausschließ­en?

Ja. Veranstalt­er von Großereign­issen können nur Immunisier­te in ihr Stadion lassen, da sie als Betreiber vom Hausrecht Gebrauch machen können. Das betrifft nicht nur Fußballspi­ele, sondern auch andere Events wie Konzerte oder Freiluftki­nos.

Die Inzidenzen steigen in Deutschlan­d. Wie wird sich das auf die Bundesliga auswirken?

Halten die Ministerpr­äsidentinn­en und Ministerpr­äsidenten an der aktuellen Regelung fest, sind die Folgen absehbar. Vor dem zweiten Spieltag in der Bundesliga wird die Inzidenz großteils auf über 35 steigen. Spiele würden vor maximal 5000 Zuschauern ausgetrage­n. Der FC Bayern würde am zweiten Spieltag – und somit im ersten Heimspiel der neuen Saison – sogar vor nur 1500 Zuschauern gegen Köln antreten.

Wie wollen die Bundesligi­sten die Reduzierun­g der Fans verhindern?

Sie setzen darauf, dass die Politik sich nicht mehr nur an der Inzidenz orientiert und sie Planungssi­cherheit bekommen. Michael Ströll, Finanz-Geschäftsf­ührer des FC Augsburg, erklärt: „Wir plädieren klar dafür, dass bei der Wiederzula­ssung der Zuschauer weitere Parameter wie fortschrei­tende Impfquoten oder eine Hospitalis­ierungsrat­e Berücksich­tigung finden.“

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Foto: Klaus Rainer Krieger Gegen Cagliari Calcio bejubelten die Anhänger des FC Augsburg drei Tore. Auch am ersten Bundesliga­spieltag gegen Hoffenheim werden FCA‰Fans im Stadion sein. Wie es aber danach weitergeht, ob und mit wie vielen Zuschauern im Stadion, ist bislang unsicher.

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