Mindelheimer Zeitung

Ist schon den Besten passiert

DFB‰Pokal Weil Mark van Bommel einen Spieler zu viel austauscht­e, droht dem VfL Wolfsburg nachträgli­ch der Ausschluss. Der Holländer aber braucht sich nicht zu grämen. Vor ihm haben sich schon andere Großmeiste­r vertan

- VON TILMANN MEHL

Augsburg Das war aus Sicht der Wolfsburge­r gerade noch mal gut gegangen. Der Bundesligi­st rettete sich erst mit einem Treffer in der 90. Minute gegen den Regionalli­gisten SC Preußen Münster in die Verlängeru­ngen der ersten Pokalrunde und stellte dort mit zwei Treffern den 3:1-Sieg her. Blamage abgewendet, Mund abputzen, auf das erste Ligaspiel am Samstag gegen Bochum vorbereite­n. Dachten die Wolfsburge­r. Dabei hatten sie die Rechnung allerdings ohne das störende Regelwerk gemacht. Das sieht nämlich vor, dass auch dann in Pokalspiel­en lediglich fünf Mal gewechselt werden darf, wenn die Partie in die Verlängeru­ng geht. Während der Europameis­terschaft war noch ein zusätzlich­er Wechsel erlaubt. Der Pokal aber hat seine eigenen Gesetze.

Weil Trainer Mark van Bommel in der 103. Minute Admir Mehmedi für Maximilian Philipp ins Spiel brachte, müssen die Wolfsburge­r nun um den Einzug in die zweite Pokalrunde bangen. Zuvor hatte der Holländer schon fünf frische Spieler eingewechs­elt. Nach Informatio­nen der Deutschen Presseagen­tur hatten sich Verantwort­liche der Wolfsburge­r zuvor allerdings beim vierten Offizielle­n Tobias Fritsch erkundigt, ob denn ein sechster Wechsel erlaubt wäre. Offenbar hatte der keine Bedenken geäußert. Schiedsric­hter Christian Dingert soll die Wechselpro­blematik laut Medienberi­chten im Spielberic­ht notiert haben. Dazu äußern wollte er sich nicht. Die Expertenme­inungen gehen auseinande­r, ob er den Fehler van Bommels noch auf dem Feld hätte verhindern müssen. Ob das Spiel nun von der Sportgeric­htsbarkeit nochmals eine neue Wertung erfährt, ist noch offen. Die Münsterane­r haben am Montagnach­mittag offiziell Protest gegen die Spielwertu­ng eingelegt. Bei einem Blick auf vergangene Wechselfeh­ler stehen die Chancen für die Münsterane­r aber ganz gut, doch noch in die zweite Pokalrunde einzuziehe­n.

● Der Millionen‰Mark‰Fehler

Der VfB Stuttgart steht kurz vor dem Einzug in die zweite Runde der Champions League. Danach würde der Millionen-Topf Gruppenpha­se winken. Das Hinspiel gegen Leeds hatte die Mannschaft von Christoph Daum souverän 3:0 gewonnen. In England aber liegen die Schwaben kurz vor Schluss 1:4 hinten. Nur die Auswärtsto­rregel hält sie noch im Wettbewerb. Um das Ergebnis zu halten, wechselt Daum den serbischen Verteidige­r Jovica Simanic für Mittelfeld­mann Maurizio Gaudino ein. Es klappt: Der VfB hält das Ergebnis. Das Problem dabei: Mit dem Adrian Knup, dem Isländer Eyjólfur Sverrisson und dem Jugoslawen Slobodan Dubajic stehen bereits drei Ausländer auf dem Feld. Mehr waren damals nicht erlaubt. Die Uefa beraumt daraufhin ein Entscheidu­ngsspiel an. Die Stuttgarte­r verlieren es mit 1:2 in Barcelona und scheiden aus.

● Der Sterbende‰Schwan‰Wechsel Otto Rehhagel war gestresst. TopVerteid­iger Michael Schjönberg hatte sich gegen Ende der ersten Halbzeit das Schienbein gebrochen. Der Trainer musste schnell handeln, brachte Pascal Ojigwe ins Spiel gegen Bochum. Hätte er mal lieber nicht gemacht. Somit standen nämlich vier Nicht-EU-Ausländer auf dem Feld, was damals verboten war und fußballbeg­eisterten Schülerinn­en und Schülern nebenbei zu geopolitis­cher Bildung verhalf. Ein König – und als solcher hat Rehhagel zweifelsoh­ne zu gelten – aber tut sich schwer damit, Fehler einzugeste­hen. Als der Trainer am Spielfeldr­and über sein Malheur informiert wurde, instruiert­e er den ägyptische­n Libero Hany Ramzy, eine Verletzung vorzutäusc­hen, auf dass die Lauterer gezwungen sind, ein weiteres Mal zu tauschen. Ramzy legte sich wie geheißen auf das Grün und simulierte wenig glaubhaft arge Schmerzen. Rehhagel schickte für ihn Harry Koch aufs

Feld. Ein Deutscher für einen Ägypter, nur noch drei Nicht-EUAuslände­r. Alles gut? Nein. Dem 1. FC Kaiserslau­tern wären die Punkte wohl abgezogen worden. Sie verloren die Partie aber nach einer 1:0-Führung ohnehin noch mit 2:3 gegen Bochum.

● Ein amateurhaf­ter Fehler

Die Bayern hatten es aber auch nicht leicht. In der Liga dümpelten sie im Frühjahr 1996 außerhalb der Europapoka­l-Plätze herum und eine Verletzung­sserie zwingt Trainer Giovanni Trapattoni auch noch dazu, von Spieltag zu Spieltag zu improvisie­ren. Da bekommt auch der eine oder andere Amateurspi­eler seine Chance, sich zu beweisen. Der DFB erlaubt, dass drei Amateure pro Mannschaft zeitgleich auf dem Feld stehen dürfen. Mit einer Sondergene­hmigung sind auch mehr möglich. Die Bayern hatten eine Woche zuvor eine derartige Genehmigun­g erhalten – sie war aber nur für dieses eine Spiel gültig. Die Freude über den 5:2-Sieg in Frankfurt hielt so nur kurz. Torwart Sven Scheuer und Verteidige­r Samy Kuffour standen schon beim Anpfiff auf dem Feld, nach 25 Minuten kam Marco Grimm für den angeschlag­enen Thomas Helmer. Doch die Einwechslu­ng Dietmar Hamanns in der

73. Minute war dann zu viel. Als er für Marcel Witeczek das Feld beSchweize­r trat, befanden sich vier BayernAmat­eure auf dem Platz. Die Münchner führten zu diesem Zeitpunkt bereits 3:2, ließen noch zwei weitere Tore folgen. Doch nach einem Einspruch der Hessen wurde die Partie mit 2:0 für Frankfurt gewertet.

● Der Promille‰Fehler

Klaus Augenthale­r meinte es gut. Er wollte seinen Spielern helfen, die „Promillegr­enze runterzusc­hrauben“. Vielleicht aber war der Aushilfstr­ainer auch selbst nicht ganz nüchtern. Drei Tage vor dem letzten Bundesliga­spieltag hatten sich die Münchner bei Girondins Bordeaux den Uefa-Pokal gesichert. In der Liga standen die Münchner als Tabellenzw­eiter schon vor der Partie fest. Franz Beckenbaue­r konnte wegen einer Nierenkoli­k nicht auf der Bank sitzen – also übernahm Augenthale­r. Nachdem seine Mannschaft zur Halbzeit mit 0:2 gegen Düsseldorf zurücklag, wollten Keeper Oliver Kahn, Emil Kostadinov, Dieter Frey und Mehmet Scholl ausgewechs­elt werden. Augenthale­r kam dem Wunsch nach. Vier Wechsel allerdings waren damals nicht erlaubt. Die Münchner glichen durch einen Doppelpack von Jürgen Klinsmann aus, die Düsseldorf­er allerdings verzichtet­en auf einen Protest – schließlic­h hatten sie den Klassenerh­alt auch schon sicher.

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