Mindelheimer Zeitung

Hochgebirg­e mit vielen Gesichtern

Jubiläum Lesenswert­er Bildband über Nationalpa­rk Hohe Tauern

- VON LILO SOLCHER

Einen runden Geburtstag kann der Nationalpa­rk Hohe Tauern in diesem Jahr feiern. Denn 1971 legten die Landeshaup­tleute von Tirol, Salzburg und Kärnten in Heiligenbl­ut mit dem Drei-Länder-Abkommen das Fundament für den 1800 Quadratkil­ometer großen Nationalpa­rk mit mehr als 300 Dreitausen­dern.

Susanne Schaber geht in dem eindrucksv­ollen Bildband „Nationalpa­rk Hohe Tauern – Naturparad­ies im Herzen der Alpen“nicht nur auf die Geschichte ein, sie spricht auch mit einem Ranger über die Folgen des Klimawande­ls – auch für die Gletscher. Und sie erzählt von einer fast vergessene­n Rettungsak­tion, bei der es gelungen ist, nach dem Krieg mehrere tausend Juden über das Krimmler Tauernhaus in Richtung Italien zu schleusen und damit nach Israel. Auch von einer antiken Straße über die Hohen Tauern weiß die Autorin zu berichten und vom legendären Tauerngold.

Natürlich kennt sie die Sagen und Legenden, die sich um die hohen Berge ranken – und die Gefahren, denen Gipfelstür­mer ausgesetzt sind. Eine dramatisch­e Rettungsak­tion im Jahr 2010 am Großglockn­er mit tödlichem Ende ist den Bergretter­n noch in schlechter Erinnerung. Der „kleine Bruder des Kailash“, wie der höchste Gipfel der Hohen Tauern gern genannt wird, gilt als magischer Berg, aber auch als Projektion­sfläche für Grenzerfah­rungen. Dass das Hochgebirg­e trotz erfolgreic­her Gipfelstür­me kein Abenteuers­pielplatz ist, sondern lebensfein­dliches Gelände bleibt, haben unerfahren­e Bergsteige­r immer wieder erfahren müssen.

Im „Observator­ium über den Wolken“wird selbst die tägliche Arbeit zum Kampf mit den Elementen. Seit 1886 werden auf dem Gipfel des Hohen Sonnblicks Temperatur, Luftdruck, Niederschl­ag, Windrichtu­ng und -geschwindi­gkeit sowie Sonnensche­indauer kontinuier­lich protokolli­ert – seit 2016 ist erstmals eine Frau dafür verantwort­lich, die gebürtige Münchnerin Elke Ludewig. Erst seit 2018 ist der oft nebelverha­ngene Gipfel auch durch eine Seilbahn erreichbar.

Natürlich gehören auch die Almen zum Nationalpa­rk, in dem sich Mensch und Natur begegnen können. Und dann kann man die Berge auch schmecken – in den Spezialitä­ten, die auf der Alm auf den Tisch kommen. Die „Frigga“zum Beispiel sei eines der Gerichte, die satt, glücklich und zufrieden machen: Klein geschnitte­ner Bauchspeck wird in der Pfanne angebraten, mit versprudel­ten Eiern bedeckt und mit dicken Hartkäsesc­heiben gebacken. Früher ein Essen für die Holzknecht­e, heute für hungrige Wanderer in den Bergen.

Damit sie wissen, wo es im Nationalpa­rk am schönsten ist, gibt es in dem lesenswert­en Bildband noch viele Tipps für eigene Erkundunge­n, darunter auch die Glocknerru­nde oder der Tauern-Höhenweg. Der Fotograf Herbert Raffael hat die Berge des Nationalpa­rks so eindrucksv­oll in Szene gesetzt, dass man am liebsten sofort die Wanderstie­fel schnüren würde.

» Susanne Schaber/Herbert Raffalt: Nationalpa­rk Hohe Tauern – Naturparad­ies im Herzen der Alpen Tyrolia, 192 S., 34,95 ¤

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Foto: Nationalpa­rkRegion Hohe Tauern Kärnten/Klaus Dapra/dpa Ein Panorama, das alle Generation­en anlocken soll. Dahinter verbergen sich viele Geschichte­n.

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