Airbus will wieder mit Betriebsrat verhandeln
Premium Aerotec Nach einem Besuch von SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Standort Varel im Friesland kommt Bewegung in das Ringen um hunderte Arbeitsplätze. Auch die Kritik des bayerischen IG-Metall-Chefs zeigt Wirkung
Augsburg Wenn das Airbus-Management seine Pläne umsetzt und die Zuliefertochter Premium Aerotec zerschlägt, trifft das zwei Standorte besonders hart. Neben Augsburg mit noch rund 2800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird vor allem das Werk in Varel mit etwa 1300 Beschäftigten in Mitleidenschaft gezogen. Sollte die Führung des Luftfahrt-Riesen – wie angepeilt – die Einzelteilefertigung abspalten und an einen Investor verkaufen, müssten allein in Augsburg 2200 Frauen und Männer zu einem neuen Arbeitgeber wechseln.
Aus Sicht des Betriebsrats und der Gewerkschaft IG Metall könnte das für die Belegschaft nachteilig ausgehen, weil nun eine Verlagerung von Produktion ins Ausland, ein massiver Arbeitsplatzabbau und letztlich auf lange Sicht ein Ausbluten der Standorte bis zur Schließung drohe. Doch selbst wenn Airbus die Tochter Premium Aerotec, die zuletzt nach Darstellung des Konzerns happige Verluste eingefahren hat, in eigener Regie saniert, könnte das zu erheblichen Stellenverlusten führen. Zuletzt war die Zahl von bis zu 1000 Jobs durchgesickert, die bedroht sein könnten. Dabei handelt es sich aber nach Recherchen unserer Redaktion um ein Worst-Case-Szenario, also den schlimmsten Fall.
Airbus argumentiert, dass dann mehr Arbeitsplätze bei Premium Aerotec gefährdet seien, wenn der Konzern selbst die Einzelteilefertigung saniert, als wenn das ein Investor tun würde. Was auf den ersten Blick schwer nachvollziehbar klingt, begründet der Konzern damit, dass ein industrieller Partner zusätzliches Geschäft einbringen könne, also wegen einer größeren Produktionsmasse in der Lage sei, die Flugzeugteile günstiger herzustellen. Das bezweifelt die IG Metall.
wirkt der Konflikt festgefahren. Was das Airbus-Management wohl vermeiden wollte, ist längst eingetreten: Der Fall „Premium Aerotec“wächst sich in den betroffenen Regionen zum Wahlkampfthema aus. Bundesfinanzminister Olaf Scholz ließ es sich am Montag nicht entgehen, den Standort Varel im Kreis Friesland zu besuchen und den Beschäftigten vor dem Werkstor Mut zuzusprechen. Die unweit der Nordsee gelegene Fabrik ist für den SPD-Mann einen Ausflug in Wahlkampfzeiten wert, auch weil es in Niedersachsen mit dem sozialdemokratischen Ministerpräsidenten Stephan Weil liegt. Es waren mit dem Betriebsrat und der Gewerkschaft in Varel bestens vernetzte Genossinnen und Genossen, die Scholz als Vertreter der Bundesregierung und damit des Airbus-Großaktionärs Deutschland zur Hilfe riefen.
Der SPD-Kanzlerkandidat sagte an die Adresse des Airbus-Managements, die Beschäftigten bräuchten eine Perspektive. Die Luftfahrtbranche sei ein bedeutender Wirtschaftszweig. Scholz betonte vor etwa 250 Menschen: „Uns ist es wichtig, dass wir sie als Zukunftsbranche in Deutschland erhalten.“
Der Auftritt des deutschen Spitzenpolitikers strahlte bis ins französische Toulouse, dem Sitz des Airbus-Konzerns, aus. Unserer Redaktion teilte das Management mit: „Wir begrüßen den Besuch von Vize-Kanzler Olaf Scholz in unserem Werk im niedersächsischen Varel. Er unterstreicht die Bedeutung von Premium Aerotec in der Airbus Gruppe für die weitere Entwicklung unseres Unternehmens zum führenden europäischen Luftfahrtunternehmen.“Schließlich reagierte die Führung des Konzerns auch auf die heftige Kritik, die Bayerns IG-Metall-Chef Johann Horn in einem Gespräch mit unserer Redaktion geübt hatte: „Eine – wie mehrfach beSo hauptet – vom Management angestrebte Standortschließung in Augsburg und Varel steht nicht zur Debatte.“Die Gewerkschaft befürchtet jedoch, dass genau das die langfristige Folge eines Verkaufs an einen Investor sein könnte.
Dem Airbus-Spitzenpersonal ist es wichtig, zu betonen: „Wir wollen verhindern, dass viele Beschäftigte ihren Arbeitsplatz verlieren.“Genau dies wäre unausweichlich, wenn der Konzern die Einzelteilfertigung innerhalb von Premium Aerotec im Konzernverbund restrukturieren und wettbewerbsfähig aufstellen müsste. Deshalb suchen die AirbusManager „einen besseren Eigentümer für diesen Teil unseres Geschäfts der Premium Aerotec“. Sie sind davon überzeugt, dass mit dem richtigen Partner neue Märkte erschlossen und damit Beschäftigung im Bereich der Einzelteile-Fertigung gesichert werden könne.
Nun forderte das Airbus-Management „die Arbeitnehmervertreter auf, mit uns in konstruktive Gespräche einzutreten“. Die Gewerkschaft IG Metall hatte wiederum mit einer Zuspitzung des Konflikts und Protesten für Anfang September gedroht. Es wird also spannend, ob wieder verhandelt wird oder der Konflikt weiter eskaliert.