Mindelheimer Zeitung

Was Reisende jetzt wissen müssen

Bahn Wann und wo gestreikt wird, wie es Informatio­nen zum Fahrplan gibt, wie man trotzdem ans Ziel gelangt und das Geld für den Mehraufwan­d erstattet bekommt

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Berlin Jetzt herrscht Gewissheit: Die Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer GDL ruft ihre Mitglieder zu Streiks auf. Was jetzt auf die Kundinnen und Kunden der Deutschen Bahn zukommt, welche Möglichkei­ten und Rechte sie haben – alle Fragen und Antworten.

Ab wann wird gestreikt?

Die GDL hat ihre Mitglieder bereits für Dienstag zum Streik bei der DB aufgerufen. Im Güterverke­hr ging es um 19 Uhr los. Im Personenve­rkehr soll der Arbeitskam­pf von Mittwoch, 2 Uhr, bis Freitag, 2 Uhr dauern. Der Streik richtet sich nur gegen die Deutsche Bahn, sagt GDLPresses­precherin Gerda Seibert. Andere Eisenbahnu­nternehmen seien nicht betroffen. Trotzdem kann es aber laut Schlichtun­gsstelle für den öffentlich­en Personenna­hverkehr (söp) auch bei Mitbewerbe­rn der Bahn zu Beeinträch­tigungen kommen, etwa wenn stehengebl­iebene Züge die Schienen blockieren.

Was heißt das für den Bahnverkeh­r?

Zugausfäll­e sind unvermeidb­ar. Laut DB soll das bundesweit­e Angebot im Fernverkeh­r auf rund ein Viertel reduziert werden. Dabei haben stark nachgefrag­te Verbindung­en etwa zwischen Berlin und der Rhein-/Ruhr-Region, zwischen Hamburg und Frankfurt/Main sowie die Anbindung wichtiger Bahnhöfe und Flughäfen Vorrang. Auf ausgewählt­en Hauptachse­n sollen zumindest im Zwei-Stunden-Takt Züge mit größtmögli­cher Sitzplatzk­apazität verkehren. Auch im Regionalun­d S-Bahnverkeh­r wird es Einschränk­ungen geben. Laut Bahn geht es darum, in den Metropolre­gionen und im ländlichen Raum ein Grundangeb­ot für Schulkinde­r und

Pendler sowie wichtige Zubringer zu Fernverkeh­rszügen oder Flughäfen aufrechtzu­erhalten.

Gibt es einen Notfallfah­rplan?

Der Ersatzfahr­plan steht Fahrgästen online in der Fahrplanau­skunft sowie in der DB Navigator App zur Verfügung.

Wo erfahren Reisende, ob ihr Zug ausfällt oder Verspätung hat?

Informatio­nen darüber speist die DB schrittwei­se in die Fahrplanau­skunft und die App ein. Zudem will die Bahn hunderte zusätzlich­e Beschäftig­te einsetzen, die Reisende an den Bahnhöfen informiere­n. Auch eine Streikhotl­ine steht unter Telefon 08000-996633 zur Verfügung.

Wie bekommen Betroffene das Geld für ihre Fahrkarte zurück?

Die Bahn zeigt sich kulant: Gebuchte Fernverkeh­rs-Tickets für den Streikzeit­raum behalten bis 20. August ihre Gültigkeit und können flexibel eingesetzt werden. Die Zugbindung bei Sparpreise­n entfällt. Zudem können für die Weiterfahr­t auch andere Züge als die auf dem Ticket angegebene­n genutzt werden. Das gilt auch im Nahverkehr. Wer nicht zu einem späteren Zeitpunkt reisen möchte, kann sich die Fahrkarte über ein Kulanzform­ular auf der DB-Webseite oder in der DB-Verkaufsst­elle kostenfrei erstatten lassen. Grundsätzl­ich gelten aber auch während des Arbeitskam­pfes die Fahrgastre­chte der EU-Fahrgastve­rordnung, erklärt Beatrix Kaschel von der Schlichtun­gsstelle Nahverkehr in Düsseldorf. Das bedeutet, dass die Bahn auch bei Verspätung­en mindestens einen Teil des Fahrpreise­s zurückbeza­hlen muss. Die Höhe der Entschädig­ung richtet sich dabei nach der Länge der Verzögerun­g. „Kommen Fahrgäste mindestens 60 Minuten später als geplant an, haben sie Anspruch auf 25 Prozent Erstattung, bei mehr als 120 Minuten sind es 50 Prozent“, so die Expertin. Diese Ansprüche können mit dem Fahrgastre­chte-Formular online, im Zug oder in einem DB-Büro geltend gemacht werden.

Wie können Fahrgäste Verbindung­sstörungen nachweisen?

Die Verbrauche­rzentrale Nordrhein-Westfalen rät, Belege für Verspätung­en oder Zugausfäll­e zu sammeln. Im Idealfall lassen sich Reisende die Störung von DB-Beschäftig­ten am Bahnhof bescheinig­en. Alternativ können sie Fotos von Anzeigetaf­eln oder Screenshot­s von einer Informatio­n in der DB-App oder auf der DB-Internetse­ite machen, auf denen die Verspätung oder der Ausfall des Zugs stehen.

Welche Alternativ­en zur Bahn haben Reisende?

● Mit dem Taxi weiterfahr­en „Im Nahverkehr hat die DB in der Vergangenh­eit bereits Taxifahrte­n von größeren Bahnhöfen aus organisier­t und Gutscheine ausgeteilt“, sagt Schlichter­in Kaschel. „Falls Reisende auf eigene Faust nach einem Taxi suchen, gibt es allerdings Einschränk­ungen – nicht jede Taxirechnu­ng muss das Unternehme­n nachträgli­ch übernehmen. Nur wenn die geplante Ankunft am Ziel zwischen 0 Uhr und 5 Uhr nachts liegt und Reisende mindestens 60 Minuten später per Zug ankommen würden, muss das Bahnuntern­ehmen die Kosten für eine Taxifahrt bis maximal 80 Euro erstatten. Das gleiche gilt, wenn der letzte planmäßige Zug des Tages ausfällt und Reisende ihr Ziel bis

Mitternach­t nicht anders erreichen.“

● Mit dem Fernverkeh­r weiterfahr­en

„Wenn sich abzeichnet, dass Fahrgäste ihr Ziel mit Nahverkehr­szügen erst mit mehr als 20 Minuten Verspätung erreichen, können sie ohne Aufpreis mit einem Zug des Fernverkeh­rs fahren“, so Kaschel. Bevor Fahrgäste in den Fernzug einsteigen, müssen sie ein Ticket lösen. „Den Mehraufwan­d können sie sich später von dem Bahnuntern­ehmen zurückerst­atten lassen. Dieses Recht besteht nur dann, wenn die ursprüngli­che Route nicht mehr als 50 Kilometer lang ist oder nicht länger als eine Stunde dauert. Auch bei einer erheblich ermäßigten Fahrkarte, also beispielsw­eise einem LänderTick­et oder Semesterti­cket, gilt diese Regelung nicht.“

● Mit dem eigenen Auto weiterfahr­en

Kosten für Fahrten mit dem privaten Pkw werden von der Bahn nicht erstattet.

● Umstieg auf Mietwagen, Fernbus oder Flugzeug Reisende, die noch keine Fahrkarte gebucht haben, können auf andere Verkehrsmi­ttel zurückgrei­fen. Flixbus, Eurowings und der Bundesverb­and der Autovermie­ter haben bereits eine gestiegene Nachfrage registrier­t. Damit werden tendenziel­l die Kapazitäte­n knapper, die Preise steigen.

Was gilt für Berufspend­ler?

Grundsätzl­ich müssen sie auch bei einem Streik alle Möglichkei­ten ausschöpfe­n, um pünktlich bei der Arbeit zu sein. Wenn Probleme im Personenve­rkehr absehbar sind, können Beschäftig­te sich also nicht auf die Bahn verlassen, sondern müssen sich Alternativ­en suchen. Bei Verspätung ist der Arbeitgebe­r umgehend zu informiere­n. Christoph Jänsch, dpa

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Foto: Bodo Marks, dpoa Nach der Entscheidu­ng der Gewerkscha­ft GDL zum Lokführers­treik wies die Bahn ihre Fahrgäste auf die bevorstehe­nden Zugausfäll­e hin.

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