Das Grauen fährt mit
Kriminalität Bilder einer Überwachungskamera sollen zeigen, wie zwei Männer die Leiche einer Frau im Zug von Berlin nach Bayern brachten. Der Fall löst eine Integrationsdebatte aus
Berlin/Ehekirchen Auf den ersten Blick sind es scheinbar harmlose Bilder von zwei jungen Männern, die einen Rollkoffer durch einen Berliner Bahnhof schieben und das offensichtlich schwere Gepäckstück zu zweit in einen Zug wuchten. Vor und hinter ihnen tummeln sich zahlreiche Reisende. In Wahrheit könnten die Bilder kaum gruseliger sein. Denn sie sollen die beiden Afghanen zeigen, die ihre Schwester in Berlin ermordet und sie dann in eben jenem Rollkoffer mit dem Zug nach Bayern gebracht haben sollen. Dort wurde die Leiche der 34 Jahre alten Frau vergangene Woche in einem Erdloch in Ehekirchen (Landkreis Neuburg-Schrobenhausen) gefunden. Die Bild-Zeitung veröffentlichte am Dienstag die Bilder einer Überwachungskamera auf dem Bahnhof Berlin-Südkreuz.
Die Brüder sollen die Tat „aus gekränktem Ehrgefühl“begangen haben, weil das Leben der Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprochen habe. Die Obduktion ergab, dass die 34-Jährige durch Angriffe gegen Kopf und Hals getötet wurde, teilte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft mit. Es handele sich um eine „besonders brutale Art“des Mordes, so der Sprecher. Seit dem 4. August sitzen die beiden Brüder in Untersuchungshaft. Die Männer und die Tote stammen aus Afghanistan und leben seit einigen Jahren in Deutschland. Die Frau hatte zwei Kinder im Alter von neun und 13 Jahren und war von einem afghanischen Mann geschieden. Nach Angaben von Ermittlern wurde sie massiv besonders von einem der Brüder, der auch in Berlin lebte, unter Druck gesetzt. Der zweite Bruder war in Donauwörth gemeldet.
Berlins Sozialsenatorin Elke Breitenbach (Linke) wandte sich angesichts des jüngsten Falls gegen den vielfach verwendeten Begriff des „Ehrenmords“und wollte lieber von „Femizid“sprechen. „Hinter all diesen Morden steht keine Religion, steht keine Kultur, hinter all diesen Morden stehen patriarchale Strukturen“, sagte sie am Dienstag. Diese Strukturen gebe es in unterschiedlicher Form und Ausprägung. „Aber so zu tun, als sei Gewalt an Frauen und der Mord an Frauen importiert, das ist auch nicht richtig.“Es gebe auch deutsche Männer, die ihre Frauen und Partnerinnen ermordeten.
Die Frauenrechtlerin und Rechtsanwältin Seyran Ates widersprach im RBB-Inforadio deutlich. Man müsse klarstellen, dass es bei diesen Taten um die westliche Lebensweise
von Frauen und Morde im Namen einer angeblichen Familienehre gehe. Das werde in Deutschland nicht genug thematisiert und man sehe da nicht genau hin. Es gebe diesen speziellen Ehrbegriff der Familie in bestimmten Gesellschaften und die männlichen Täter handelten danach. „Ehrenmorde sind aber nur die Spitze des Eisbergs“, sagte Ates. Es gebe weiterhin große Probleme in Parallelgesellschaften mit der Unterdrückung von Frauen und Gewalt. Wenn die Integrationspolitik das nicht sehe, „ist das ein Armutszeugnis für die Politik“.
Auch der Psychologe und Autor Ahmad Mansour wies im Tagesspiegel auf große Unterschiede beim Thema Frauenrechte und Sexualität zwischen Teilen der arabischen Gesellschaften und Deutschland hin. Er kritisierte, Integrationspolitik und Flüchtlingsinitiativen würden diese Probleme oft verdrängen. Die Leidtragenden seien am Ende die Frauen.