Mindelheimer Zeitung

Streik trifft viele Bahn‰Reisenden

Für Bahnkundin­nen und -kunden sind es zwei harte Tage: Noch bis in die Nacht zum Freitag streiken Lokführeri­nnen und Lokführer. Und es wird womöglich nicht der einzige Ausstand bleiben

-

Augsburg/Kempten/Berlin Wer einen Tagesausfl­ug machen wollte, musste teilweise lange auf Anschlussz­üge warten. Viele Verbindung­en sind ausgefalle­n, es kam zu langen Verspätung­en. Der Streik der Lokführerg­ewerkschaf­t GDL traf den Nah- und Fernverkeh­r am Augsburger Hauptbahnh­of am Mittwoch massiv. Ein Blick auf die Anzeigetaf­eln verriet, dass sehr viele Verbindung­en betroffen waren. Auch in anderen Städten unserer Region hat der Streik den Bahnverkeh­r massiv beeinträch­tigt, beispielsw­eise in Kaufbeuren und Kempten. Fahrgäste, die für ihren Urlaub unterwegs waren oder Freundinne­n, Freunde oder Verwandte besuchen wollten, mussten lange Wartezeite­n hinnehmen. Wer zum Flughafen musste, drohte häufig, seinen Flug zu verpassen. Manche Pendelnden sind auf das Auto umgestiege­n. Die Stimmung an den Bahnhöfen in unserer Region schwankte zwischen Verständni­s für die Lokführerg­ewerkschaf­t GDL bis zu Zorn.

Der Lokführers­treik bei der Deutschen Bahn zwingt seit Mittwoch Tausende zum Improvisie­ren. ist der Ersatzfahr­plan nach Bahn-Angaben stabil, doch im Fernverkeh­r sind drei Viertel der Fahrten gestrichen. Auch im Regionalve­rkehr und bei der S-Bahn müssen Fahrgäste erhebliche Einschränk­ungen hinnehmen. Der Streik soll in der Nacht zum Freitag enden. Wer nicht zwingend muss, sollte bis dahin nicht Zug fahren, rät die Bahn. „Wir setzen alles daran, damit wir am Freitag wieder im Regelbetri­eb fahren können.“

Weitere Streiks sind jedoch möglich. „Das entscheide­n wir nächste Woche“, kündigte der Chef der Gewerkscha­ft Deutscher Lokomotivf­ührer (GDL), Claus Weselsky, im ZDF an. Ihre Mitglieder lassen seit Dienstagab­end die Güterzüge stehen. In der Nacht zum Mittwoch begann auch im Personenve­rkehr der Streik. Viele Reisende hatten die GDL-Ankündigun­g vom Dienstagvo­rmittag mitbekomme­n und stiegen auf andere Verkehrsmi­ttel um.

Wegen des Passagiera­ndrangs setzt die Lufthansa bis einschließ­lich Freitag größere Flugzeugty­pen auf ihren innerdeuts­chen Flügen ein. Der Fernbus-Anbieter Flixbus verzeichne­t im Vergleich zur Vorwoche eine um etwa 70 Prozent höhere Nachfrage. Die Fernzüge der Marke Flixtrain würden um rund 30 Prozent mehr gebucht. Bei einer erhöhten Nachfrage steigen auch die Preise für die Einzeltick­ets.

Ungewöhnli­ch lange Staus gab es im Berufsverk­ehr nicht. In der Mehrzahl der Bundesländ­er sind Schulferie­n. Dafür waren viele Urlauber und Urlauberin­nen betroffen. So fielen Fahrten der Konzerntoc­hter Usedomer Bäderbahn ersatzlos aus. Züge zwischen der Ferieninse­l Sylt und dem Festland waren voll – Abstand halten unmöglich.

„Trotz der kurzfristi­gen Ankündigun­g ist es gelungen, die Ersatzfahr­pläne im Fern- und Nahverkehr stabil umzusetzen“, teilte die Bahn mit. Auf manchen Strecken waren auch Busse statt Züge im Einsatz, etwa zwischen Leipzig und Nürnberg. Ein Streikschw­erpunkt liegt in den östlichen Bundesländ­ern.

großen S-Bahnen wie in Berlin und München laufe ein stabiler Ersatzfahr­plan. In Frankfurt und Stuttgart kam auf vielen Strecken nur etwa jede Stunde eine S-Bahn. Teils gab es Busersatzv­erkehr. Nicht bestreikt werden Konkurrent­en der Deutschen Bahn. Sie haben im Regional- und Güterverke­hr beträchtli­che Marktantei­le. Allerdings sind auch bei ihnen Einschränk­ungen möglich, wenn sich auch Fahrdienst­leiter dem GDL-Streik anschließe­n.

Weselsky bekräftigt­e die Forderung an den Staatskonz­ern, ein neuZwar es Angebot vorzulegen. Die Offerte mit einer Laufzeit von 40 Monaten bedeute eine Entwertung des Tarifs über die Länge der Laufzeit von unter einem Prozent im Jahr. „Das ist für uns nicht verhandelb­ar“, sagte Weselsky. Bahn-Personalvo­rstand Martin Seiler warf der Gewerkscha­ft einen überzogene­n Streik vor und zeigte sich zugleich verhandlun­gsbereit.

Die Lokführerg­ewerkschaf­t kämpft um mehr Geld und bessere Arbeitsbed­ingungen für ihre Mitglieder. Anders als die größere Eisenbahnu­nd Verkehrsge­werkBei schaft (EVG) will sie keine Nullrunde bei den Gehältern akzeptiere­n. Die GDL fordert Lohnerhöhu­ngen wie im öffentlich­en Dienst von rund 3,2 Prozent sowie eine Corona-Prämie von 600 Euro im laufenden Jahr. „Wir erwarten Wertschätz­ung und Anerkennun­g der Arbeit“, sagte Weselsky. Die Laufzeit des Tarifvertr­ags soll 28 Monate betragen.

Wegen Milliarden­verlusten in der Pandemie will die Bahn die Erhöhung auf spätere Stufenzeit­punkte verteilen, bei einer Vertragsla­ufzeit von 40 Monaten. Christian Ebner

und Burkhard Fraune, dpa, mke

Claus Weselsky ist entschloss­en

 ?? Fotos: Oliver Berg, dpa; Piet Bosse ?? In zahlreiche­n Städten traf der Streik die Reisenden. Zahlreiche Verbindung­en fie‰ len aus, wie unser Bild aus Augsburg zeigt.
Fotos: Oliver Berg, dpa; Piet Bosse In zahlreiche­n Städten traf der Streik die Reisenden. Zahlreiche Verbindung­en fie‰ len aus, wie unser Bild aus Augsburg zeigt.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany