Münchner AutoShow wird auch zur Fahrradmesse
Mobilität Nach dem Desaster in Frankfurt wurde die IAA neu erfunden und soll trotz Corona stattfinden. Doch wichtige Automarken fehlen
München Fast 70 Jahre fand die Internationale Automobilausstellung – kurz IAA – in Frankfurt statt. Die letzte Messe im Jahr 2019 geriet zum Desaster: Große Hersteller wie Toyota oder Fiat blieben fern. Die Besucherzahl brach von etwa 810000 im Jahr 2017 auf nur noch rund 560000 ein. Klimaschützer protestierten gegen die aus ihrer Sicht zu PS-lastige Auto-Protzshow. Am Ende war das Fiasko perfekt, als Bernhard Mattes, Präsident des Auto-Lobby-Verbandes VDA und damit des Veranstalters der IAA, noch während der Messe seinen Rücktritt ankündigte. Allen Beteiligten war klar: Autoshows klassischer Prägung, bei denen Pkws als Krone der automobilen Schöpfung dargestellt werden, sind zumindest in Deutschland Geschichte.
Schon 2019 wurde bei der Pleiten-IAA diskutiert, wie eine zeitgemäße Messe aussehen sollte. Die Verantwortlichen wollten, dass elektrische Mobilität im Vordergrund steht und neben Autos auch andere Fortbewegungsmittel wie Fahrräder, E-Scooter, ja der öffentliche Nahverkehr eingebunden werden. Die Zeit der Auto-Prahlerei ging in Frankfurt mit einem großen Knall zu Ende. Ein radikal neues Messekonzept war gefragt. Das
Team der Messe München um den Chef Klaus Dittrich erkannte schnell, wohin die IAA-Reise geht, und luchste Frankfurt die Schau ab.
Dabei setzten sich die Münchner gegen die Konkurrenten Berlin und Hamburg durch, weil sie die Landeshauptstadt mit vielen Veranstaltungsorten im Freien einbinden und Mobilität umfassender betrachten. So wird die „IAA Mobility“mit gut 1000 Ausstellern sowie Rednern, mehr als 100 Weltpremieren und über 250 Testfahrzeugen für Besucher vom 7. bis 12. September in München stattfinden. Die Messe ist damit die erste internationale Großveranstaltung dieser Art in
Deutschland nach den LockdownBeschränkungen. Dabei sind die Organisatoren zuversichtlich, dass sie die IAA, auch weil viele Ereignisse an der frischen Luft oder digital stattfinden, durchziehen können.
Die Messe wurde unter strengen Corona-Hygienebedingungen geplant. Als Grundregel für das Messegelände gilt das 3-G-Prinzip: geimpft, genesen oder getestet. Wer an Diskussionsveranstaltungen teilnehmen oder Stände auf dem Messegelände besuchen will, braucht beim Einlass einen tagesaktuellen negativen Corona-Test, ein Genesungsdokument oder eine vollständige Impfbescheinigung.
Daneben müssen Masken getragen und die Abstandsregeln beachtet werden. All das gilt auch für Besucherinnen und Besucher, die Fahrzeuge testen. Die IAA soll trotz Corona eine Mitmachmesse werden, bei der Menschen E-Fahrzeuge ausprobieren können. Den Veranstaltern ist es wichtig, dass die Produkte erlebbar werden und in entsprechenden Foren Anlass zu kontroversen Diskussionen geben.
Daher führt eine „Blue Lane“genannte Teststrecke für Elektro- und Hybridfahrzeuge vom Königsplatz über die Autobahn bis zur Messe in Riem. Eine „Blue Lane“für Fahrräder reicht von der Innenstadt bis zum Messegelände. In allen IAATickets ist die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs enthalten. Wer Testfahrzeuge buchen will, lädt sich am besten die „IAA-Mobility-App“herunter. Dort finden sich alle weiteren Informationen. Eintrittskarten lassen sich unter „www.iaa.de“online buchen. Ein Tagesticket etwa kostet im Internet 20 Euro.
Dabei verlässt die Messe die Hallen und zeigt Neuheiten von Autound Fahrradherstellern mitten in der Stadt, etwa auf dem Königsplatz, der Brienner Straße, dem Wittelsbacherplatz, dem Odeonsplatz oder dem Marienplatz. In der Innenstadt präsentieren sich Audi, BMW, Bosch, Dacia, Cupra, Ford, Kia, Mercedes-Benz, Polestar, Porsche, Siemens oder Volkswagen.
Was die Veranstalter nicht an die große Glocke hängen, zeigt sich aber nach Studium des Ausstellerverzeichnisses: Viele große Autohersteller machen zumindest in diesem Jahr noch einen Bogen um die IAA in München, was die Organisatoren auch auf die andauernde CoronaPandemie zurückführen. Hier ist es den Macherinnen und Machern nicht gelungen, den Fluch der Vorgängermesse in Frankfurt zu brechen. Trotzdem feiern sie, dass immerhin Renault wieder dabei ist.
Doch die Liste der IAA-Fernbleiber fällt nach aktuellem Stand lang aus: So kommt der französische Stellantis-Riese mit den Marken Opel, Peugeot, Citroën, Fiat, Alfa Romeo, Lancia, Jeep und Chrysler nicht. Auch der US-Riese General Motors passt. Was besonders schmerzlich sein dürfte: Die Japaner, allen voran Toyota, aber etwa auch Mazda oder Nissan, bleiben zu Hause. Dafür mischen neben den führenden deutschen Automarken die Südkoreaner (Hyundai, Kia), Ford und chinesische Anbieter wie Great Wall mit.
Und findet die IAA unter allen Umständen statt, selbst wenn die Corona-Zahlen massiv steigen? Bei einer Pressekonferenz hieß es seitens der Messe-Leitung nur: „Die letzten eineinhalb Jahre haben uns gelehrt, vorsichtig mit absolutistischen Aussagen zu sein.“Auf alle Fälle solle die Mobilitätsshow keine Jahrmarkt-Atmosphäre haben und sei auch kein Ersatz für das Oktoberfest, das bekanntlich ausfällt.
Doch wie schon 2019 in Frankfurt ist auch in München mit Protesten zu rechnen. Ein Klima-Bündnis mit dem Namen „NoIAA“kündigt auf der Internetseite der Bewegung bereits an, nach der erfolgreichen Vertreibung der IAA aus Frankfurt daran in München anknüpfen zu wollen. Die Autoindustrie betreibe nur „Greenwashing“, verpasse sich also lediglich einen grünen Anstrich.