Impfarzt Kaplan tritt zurück
Pandemie Dr. Max Kaplan gibt sein Amt auf, weil er sich von Landrat Alex Eder ausgebremst fühlt. Eder sei ein Impfskeptiker. Der Landrat betont, er wolle in der Impfdebatte niemanden beeinflussen
Dr. Max Kaplan, Leiter der Corona-Impfkampagne im Unterallgäu, tritt von seinem Amt zurück. Grund sollen Unstimmigkeiten mit Landrat Alex Eder sein.
Bad Wörishofen Paukenschlag in der Pandemie-Bekämpfung im Unterallgäu: Der ärztliche Koordinator Dr. Max Kaplan hat nach Differenzen mit Landrat Alex Eder um die künftige Vorgehensweise seinen Rücktritt erklärt. Es geht dabei auch um die Impfung von Kindern und Jugendlichen. Eder sei ein „Impfskeptiker“, sagt Kaplan. Eder wiederum sagt, er möchte „in der Impfdebatte grundsätzlich niemanden beeinflussen“.
Am Montag hat sich die Ständige Impfkommission (Stiko) für Corona-Impfungen für alle Kinder und Jugendlichen ab zwölf Jahren ausgesprochen. Der richtige Schritt, findet Kaplan. Im Impfzentrum von Bad Wörishofen gibt es dieses Angebot schon. Seit Juli bietet das Zentrum immer mittwochs einen Impfnachmittag für Kinder und Jugendliche an – bislang allerdings mit überschaubarer Resonanz. Die Eltern sind noch zurückhaltend. „Wir impfen im Schnitt 30 Kinder und Jugendliche pro Woche“, berichtet Kaplan. Im Impfzentrum Memmingen seien die Zahlen höher. „Wir hätten uns deshalb eine stärkere Bewerbung gewünscht“, sagt Kaplan. Er hätte gern vor den Sommerferien an den schwarzen Brettern der Schulen auf den Sonderimpftag hingewiesen. „Aber das hat der Landrat nicht zugelassen“, sagt der frühere Vizepräsident der Bundesärztekammer. Kaplan hätte auch gerne insgesamt verstärkt für die Notwendigkeit einer Corona-Impfung geworben, nachdem die Impfzahlen stark zurückgegangen sind. In der vergangenen Woche habe man im Impfzentrum Bad Wörishofen nur 339 Erstimpfungen gezählt, berichtet Kaplan. „Ich habe gesagt, wir müssen das jetzt vermehrt öffentlich bewerben, aber da hat der Landrat nicht mitgemacht“, sagt Kaplan. „So hat das keinen Sinn: einer geht aufs Gas, der andere auf die Bremse“, kritisiert der Mediziner und Träger der Ernst-von-BergmannPlakette der Bundesärztekammer. Als Folge hat Kaplan, der seit dem Beginn der Pandemie hilft, seinen Rücktritt zum 31. August erklärt. „Man muss jetzt einfach näher an die Bürger ran, nur ein Angebot zu machen, reicht da nicht mehr“, sagt Kaplan.
Die Statistik würde zeigen, dass die Inzidenz um die Hälfte geringer ausfalle, würden sich nur zehn Prozent mehr Menschen impfen lassen, berichtet er. „Das hätten wir locker in sechs Wochen geschafft und wären so viel besser in den Herbst gekommen“, schildert Kaplan. Landrat Eder sei seiner Meinung nach ein „Impfskeptiker“, sagt Kaplan: „Kein Impfgegner, aber ein -skeptiker.“Über die ganze Zeit hinweg sei die Zusammenarbeit mit Eder aber „unter dem Strich in Ordnung gewesen“, bilanziert Kaplan. Ein großes Kompliment macht er der Belegschaft im Landratsamt. „Die Zusammenarbeit war immer hervorragend, ich habe volle Unterstützung erhalten.“
Landrat Alex Eder (FW) teilte auf Nachfrage am Montag mit, er bedauere Kaplans Rücktritt. Kaplan habe „auch beim Aufbau des Impfzentrums Großes geleistet und für sein Engagement bin ich ihm sehr dankbar.“Ohne die damals vorliegende Empfehlung der Stiko sei ein „Werbeaushang an den Schulen für mich nicht in Frage“gekommen, so Eder. Schulen seien „ein Raum des Lernens und der geschützten Entwicklung“der jungen Menschen. „Dort haben weder politische noch gesundheitspolitische Themen etwas verloren“, betont
Eder. „Ob ein Kind geimpft werden soll oder nicht, ist eine Entscheidung, die in der Familie mit den Erziehungsberechtigten getroffen werden muss.“Zum Vorwurf, er sei ein Impfskeptiker, nimmt Eder nicht dezidiert Stellung. Er teilt aber mit, es gehe hier „um eine medizinische und höchst individuelle Entscheidung“. Er sei der Auffassung, die Politik müsse beim Thema Impfen, ein „möglichst gutes Angebot für alle schaffen, die sich impfen lassen wollen“. Das habe man „in kürzester Zeit und mit enormen Anstrengungen geschafft“, betont Eder und man habe dies auch weitläufig bekannt gemacht. „Die Entscheidung jedes Einzelnen, ob und wann er sich impfen lassen will und mit welchem Impfstoff, sollte danach individuell und medizinisch, und nicht pauschal und politisch getroffen werden.“
Eder teilt mit, die Gesellschaft sei durch „die schweren Einschränkungen über die letzten 1,5 Jahre ohnehin schon ziemlich gereizt. Wir sollten die Spaltung jetzt nicht durch die Einteilung in Geimpfte und Ungeimpfte weiter vorantreiben, sondern versuchen, alle auf dem Weg in eine neue Normalität mitzunehmen.“
Wer Kaplan nachfolgt, ist öffentlich noch nicht bekannt. Eder teilt dazu mit, die Nachfolge sei geregelt, nennt aber keinen Namen.
Kaplan sagt, die nötigen Strukturen seien jedenfalls geschaffen. Die Impfzentren funktionierten, ebenso der Impfbus, derzeit stelle man mobile Teams für die Drittimpfung in Senioreneinrichtungen und Heimen auf. In etwa zwei Wochen könne es losgehen. Seit der vergangenen Woche sei auch wieder ein leichter Aufwärtstrend bei den Erstimpfungen feststellbar.
„Hier müssen wir einfach die Wichtigkeit der Impfung noch stärker betonen“, sagt Kaplan. Bis zum 16. August waren im Unterallgäu laut Kaplan 52 Prozent oder 99.000 Menschen zum ersten Mal gegen Corona geimpft. Die Zweitimpfung haben 46 Prozent oder 87.400 Menschen erhalten.
Bayernweit liegen die Zahlen höher, bei 60,7 Prozent Erstimpfungen und 55,9 Prozent Zweitimpfungen. Bundesweit liegt Bayern damit aber ebenfalls bereits in der unteren Hälfte.