Katz und Maus mit Mackie
Barrie Koskys „Dreigroschenoper“am Berliner Ensemble
Berlin Die „Dreigroschenoper“mit Texten von Bertolt Brecht kam erstmals 1928 auf die Bühne. Viele hätten damals gedacht, das werde ein großer Flop, meint Opernregisseur Barrie Kosky heute. Plötzlich habe es dann aber gezündet, sagt Kosky in einem Videoclip des Berliner Ensembles. Und der Auslöser für diesen Erfolg sei Kurt Weills Musik gewesen. Fast ein Jahrhundert nach der Uraufführung hat sich Kosky die „Dreigroschenoper“nun selbst vorgenommen. Und er zeigt eine Mischung aus Seifenoper und Kapitalismuskritik.
Der Abend beginnt mit jener Liedzeile zum Haifischgebiss, die zum ikonischen Lied der „Dreigroschenoper“geworden ist („Und der Haifisch…“). Am Berliner Ensemble steht Schauspieler Nico Holonics als Ganove Mackie Messer auf der Bühne– ein Typ, dem man einen Hang zum Narzissmus bescheinigen könnte und der mit seiner tänzelnden Art wirkt, als habe er in einem Berliner Club die Nacht durchgekokst. Nun will er die schöne Polly Peachum heiraten (Cynthia Micas). Deren Eltern (Constanze Becker und Tilo Nest) sind damit allerdings nicht einverstanden. Sie betreiben ein Bettlerimperium und versuchen, Mackie ins Gefängnis zu bringen und hängen zu lassen. Auf der Bühne beginnt ein Katz-und-MausSpiel durch ein stählernes Labyrinth. Mackie hat eine Vorliebe für Prostituierte und Affären. Als ihn Polly wiedersieht und auf die versprochene Zukunft hofft, will er ihr weismachen, sie hätten nie geheiratet. Man könnte meinen, die beiden spielten einen Ratgeber über toxische Beziehungen und psychischen Missbrauch nach.
Dass die Geschichte heute noch funktioniert, hat die Premiere gezeigt. Der Abend ist mit glitzerndem Lametta, überzeugendem Ensemble und begabtem Orchester sehr unterhaltsam. Und wirft trotz der eher simplen Telenovela-Liebesgeschichte auch die großen Fragen auf. Was steckt hinter der Fassade? Kann der Mensch unter schlechten Bedingungen gut sein?