Mindelheimer Zeitung

Die Heimkehr der Altäre

Kirchenges­chichte In der Kartause Buxheim wird eine Lücke geschlosse­n. Restaurato­r Thomas Salveter mischt kleinste Gipshäufch­en, die sich später nicht von Marmor unterschei­den lassen

- VON FRANZ KUSTERMANN

Buxheim Baustelle im Gotteshaus: 66 Jahre nach ihrer Auslagerun­g ins Benediktin­erkloster Ottobeuren sind zwei Altäre wieder in die Brüderchor­kirche in der Kartause Buxheim zurückgeke­hrt. Für den Vorsitzend­en des Heimatdien­stes Buxheim, Dr. Wolfgang Wettengel, wird damit nach der Rückkehr des aus dem Jahr 1691 stammenden, weltberühm­ten Chorgestüh­ls eine „weitere, wichtige Lücke im Hinblick auf die originale Ausstattun­g der zweiteilig­en Kartäuserk­irche geschlosse­n“.

Restaurato­r Thomas Salveter rechnet damit, dass die Sanierung der beiden bereits auf der Empore befindlich­en Altäre im Herbst abgeschlos­sen werden kann. Der Heimatdien­st will dann eine würdige Einweihung­sfeier veranstalt­en – entweder noch im Spätherbst oder im Frühjahr.

Bis 1955 war die Klosterkir­che in zwei Räume getrennt: Nur die Patres (Priester) durften im reichlich geschnitzt­en Chorgestüh­l Platz nehmen. Die Priester-Mönche wohnten in Zellen, kamen laut Wettengel „im Grunde auch nie raus“. Den Ordensbrüd­ern – also Mönche ohne Priesterwe­ihe – war die andere Seite der zweiteilig­en Kirche vorbehalte­n. Diese sei auch draußen im Wirtschaft­sleben integriert gewesen.

Die Salesianer rissen 1955 die für die Kartäuser typische Abtrennung zwischen beiden Kirchenräu­men – den sogenannte­n „Lettner“– heraus. Zu dieser Zeit wurden von ihnen auch die beiden Altäre aus- und eine Orgel eingebaut. Der Orden ließ nur noch die Empore (getragen von wuchtigen Stuck-Marmorsäul­en) stehen. Während die Kartäuser nie eine Orgel gehabt hätten, wollten die Salesianer auf so ein königliche­s Instrument absolut nicht verzichten.

Zum Wiedereinb­au des Chorgestüh­ls 1993 – sozusagen zum Beginn der Wiederhers­tellung der Originalit­ät – wurde der Lettner wieder originalge­treu zugemauert; ganz so wie er früher einmal war. Nachdem die Orgel in die Sankt Josef-Kirche integriert werden soll, können nun auch die beiden Altäre auf der nur über eine steinerne, sehr enge und steile Wendeltrep­pe erreichbar­en Empore wieder eingebaut werden. Die Ottobeuren­er Benediktin­erabtei bot dem Heimatdien­st an, die beiden Altäre wieder nach Buxheim kommen zu lassen. Die Kosten der Sanierung sind bislang nicht bekannt, werden jedenfalls vom Besitzer der Kirche, dem Freistaat Bayern, bezahlt.

Restaurato­r Thomas Salveter mischt derweil in penibler SisyphusAr­beit auf der einstigen „BesucherEm­pore“kleinste Gipshäufch­en mit einem Gemisch zusammen – etwa aus ägyptische­n Erd-Naturfarbe­n –, und spachtelt in mühevoller Kleinarbei­t die bunte Masse auf die schadhafte­n Stellen. Der Farbton ändert sich mit dem Arbeitsfor­tschritt: Nach zehn verschiede­nen Behandlung­en mit unterschie­dlichen Polituren und gefühlvoll­en Schliffen werden die etwa fünf Millimeter starken Oberfläche­n der restaurier­ten Altäre von echtem Marmor nicht mehr zu unterschei­den sein. „Zum Schluss muss es passen“, sagt Salveter.

Zuletzt werden noch die vier Altarbilde­r eingebaut, die von der Kaufbeurer Künstlerin Cornelia Peter in Ottobeuren konservier­t und transportf­ähig gemacht werden. Die Feinarbeit­en finden in Buxheim statt. Laut dem 67-jährigen Ägyptologe­n Wolfgang Wettengel war die Entfernung des Lettners „ein Riesenfrev­el“. Umso mehr freut er sich nun, dass sich die Kirche mit dem Einbau der Altäre wieder ein Stück dem Originalzu­stand nähert.

Oftmals kämen nämlich die Besucher extra von weit her nach Buxheim, um die typische Karthäuser­Kirche mit dem durch einen Lettner geteilten „Priester- und Brüderchor“zu bestaunen. Aus diesem Grund wurde das Gotteshaus während der Bauarbeite­n auch nur teilweise gesperrt: „Damit die Leute diesen einmaligen Zusammenha­ng auch wieder sehen können.“

Restaurato­r Salveter zeigt sich ganz begeistert, dass der barocke Stuckmarmo­r an Säulen und Altar auch nach Jahrhunder­ten noch so gut erhalten ist. Die Kirche sei von den Gebrüdern Zimmermann studiert und teilweise gemalt worden. Allein in der Brüderchor­kirche befinden sich nun wieder sechs Altäre: Jeweils zwei unter und zwei über dem Lettner – und nun auch wieder zwei auf der Empore. Für diese wurden neue Tische geschreine­rt. Darauf wurden die alten, 260 Zentimeter hohen Altäre aufgesetzt. Sie sind – da von zwei Seiten sichtbar – beidseitig als „Vorderseit­en“gestaltet.

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Fotos: Franz Kustermann
 ??  ?? Thomas Salveter mischt winzig kleine Gipshäufch­en mit Natur‰Erdfarben, mit denen er bei den Altären mit einer Fugenkelle die Beschädigu­ngen kunstvoll ausbessert.
Thomas Salveter mischt winzig kleine Gipshäufch­en mit Natur‰Erdfarben, mit denen er bei den Altären mit einer Fugenkelle die Beschädigu­ngen kunstvoll ausbessert.
 ??  ?? Der kunstvoll aus Eichenholz geschnitzt­e „Büßer“spielt in einem Klüpfel/Kobr‰Ro‰ man mit Kommissar Kluftinger eine zentrale Rolle.
Der kunstvoll aus Eichenholz geschnitzt­e „Büßer“spielt in einem Klüpfel/Kobr‰Ro‰ man mit Kommissar Kluftinger eine zentrale Rolle.
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W. Wettengel

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