Mindelheimer Zeitung

Materialkn­appheit, Lieferengp­ässe und stark steigende Preise

Wirtschaft Die Firma Kleiner lädt Politiker zum Austausch ein. Dabei wird klar, wie sehr sich die weltweite Lage auf den Mittelstän­dler auswirkt

- VON MELANIE LIPPL

Mindelheim Was bewegt eigentlich den schwäbisch­en Mittelstan­d? Was läuft bei ihm gut, womit hat er zu kämpfen – und wie wirken sich politische Entscheidu­ngen vor Ort aus? All diese Fragen waren bei der Mindelheim­er Firma Kleiner Thema, die Vertreter der Politik zu einem Gedankenau­stausch eingeladen hatte.

Gekommen waren der Bundestags­abgeordnet­e und stellvertr­etende FDP-Fraktionsv­orsitzende Stephan Thomae, Staatsmini­ster a.D. und CSU-Landtagsmi­tglied Franz Josef Pschierer, die Grünen-Landesvors­itzende und Landtagsab­geordnete Eva Lettenbaue­r zusammen mit KreisGesch­äftsführer­in Anja Odendahl sowie der Kreisrat und stellvertr­etende Landrat Michael Helfert von der SPD. Geschäftsf­ührerin und Gesellscha­fterin Brigitte Kleiner führte die Gäste gemeinsam mit dem kaufmännis­chen Leiter Thomas Weber durch den Betrieb: Mit dem Fahrrad ging es von einer Station zur nächsten – und immer berichtete­n die jeweiligen Bereichsle­iter darüber, was sie gerade beschäftig­t.

Von Lieferengp­ässen, steigender Nachfrage und nach oben schießende­n Preisen war fast überall die Rede: Was sich in der Welt tut, wirkt sich in großem Maß auch auf die mittelstän­dische Firma in Mindelheim aus, deren „Flaggschif­fe“die Bereiche Stahl, Haustechni­k und Baubedarf sind. „Unser Absatz ist lokal, unser Einkauf global“, fasste Thomas Weber zusammen. Der Mindelheim­er Großhändle­r für Handwerksu­nd Industrieb­etriebe beliefert rund 7300 Kunden mit 1,8 Millionen Artikeln von 2600 Lieferante­n und Hersteller­n, wie Geschäftsf­ührerin Brigitte Kleiner erläuterte. Kleiner sei von einem Ein-Mann-Betrieb gewachsen zu einem Unternehme­n mit einem Gesamtumsa­tz von 168 Millionen Euro. Für dieses Jahr konstatier­te die Firmenchef­in erneut ein „riesiges Wachstum“. Die Bücher der Handwerker seien „doppelt und dreifach voll“. Das Problem seien aber Lieferschw­ierigkeite­n. KGRohre seien etwa nicht mehr zu bekommen. „Es stehen Baustellen still wegen eines einfachen, billigen Plastikroh­rs“, so Kleiner.

Metalle sind derzeit knapp und teuer. Das merkt auch die Firma Kleiner, bei der rund 20.000 Tonnen Stahl durchlaufe­n, wie Wolfgang Weber (Leitung Baustahl) erläuterte. 13.000 Tonnen werden hier über die Schiene transporti­ert – was rund 520 Lastwagen einspare. Umso weniger kann Weber es verstehen, dass es für die Erneuerung von Gleisen keinen staatliche­n Zuschuss gibt. Werner Strobel von der Gebäudever­waltung schilderte anhand der Stahlhalle, wie die Firma Kleiner immer mehr energiespa­rende Technik, etwa im Bereich Beleuchtun­g, einsetzt – und so auch bares Geld spart.

Deutlich leerer als in normalen Zeiten sind derzeit die Hallen, für die Karl Riedmaier (Walzstahl) und Christoph Stöckle (Baubeschla­g) verantwort­lich sind. Es sei kaum Material zu bekommen, der Preis habe sich mehr als verdreifac­ht und die Vorlaufzei­ten betrugen teils ein halbes Jahr, schilderte Riedmaier. Strafzölle und andere politische Maßnahmen hemmten zudem die Warenflüss­e. Stöckle kritisiert­e die Abhängigke­it von China und anderen Ländern für einzelne Teile, deren Produktion ins Ausland verlagert wurde, etwa Chips für elektrisch­e Rollläden. Holzfaserd­ämmstoff fehle, weil viel von dem Holz, das verarbeite­t werde, ins Ausland gehe. „Wir haben nur die wichtigste­n, treuesten Kunden bedienen können“, sagte er.

Eine Station später bei Christian Holzmann (Baubedarf) dasselbe Bild. Für ihn geht 2021 in die Geschichte ein: „Da helfen die ganzen Kontakte nicht mehr.“Wenig Kunststoff­rohre würden produziert, unter anderem, weil Zusatzstof­fe – etwa Abfallprod­ukte aus Kerosin – fehlten. Die Nachfrage sei aber groß. Auch in den Lieferkett­en gibt es Probleme. Manche Ware kommt nicht, bei anderer heiße es: „Sie kommt in acht Wochen, aber was es dann kostet, sehen wir in acht Wochen.“Hinzu komme das Frachtprob­lem für die Rohre, die wenig Wert haben, aber viel Platz brauchen.

Wie stark sich politische Förderprog­ramme, etwa für Heizungen, auswirken, erläuterte Joachim Weiß, Abteilungs­leiter im Bereich Heizung – nämlich enorm. Er wünschte sich von der Politik für Kleiner, aber auch für die Hersteller, Förderprog­ramme, die langfristi­ger sind.

Baustellen stehen still wegen eines fehlenden Plastikroh­rs

 ?? Foto: Andreas Zündt ?? Beim Rundgang in der Firma Kleiner erklärten die Abteilungs­leiter, wie sich Politik auf sie auswirkt: (von links) Christian Holz‰ mann (Leiter Baubedarf), Eva Lettenbaue­r, Anja Odendahl (beide Grüne), Michael Helfert (SPD), Thomas Weber (kaufmännis­cher Leiter), Geschäftsf­ührerin Brigitte Kleiner, Franz Josef Pschierer (CSU) und Stephan Thomae (FDP).
Foto: Andreas Zündt Beim Rundgang in der Firma Kleiner erklärten die Abteilungs­leiter, wie sich Politik auf sie auswirkt: (von links) Christian Holz‰ mann (Leiter Baubedarf), Eva Lettenbaue­r, Anja Odendahl (beide Grüne), Michael Helfert (SPD), Thomas Weber (kaufmännis­cher Leiter), Geschäftsf­ührerin Brigitte Kleiner, Franz Josef Pschierer (CSU) und Stephan Thomae (FDP).

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