Keine Angst vor der steigenden Inflation
Zwar könnte die Teuerung in Deutschland in diesem Jahr Richtung fünf Prozent marschieren, die Fachwelt rechnet jedoch mit einer Beruhigung in 2022. Interessant ist, welchen Kurs die Notenbanken einschlagen
Inflation ist den meisten Deutschen suspekt. Das gehört zur nationalen DNA und hat sich über Generationen eingebrannt, auch wenn die Hyper-Teuerungswelle des Jahres 1923 weit zurückliegt. Selbst dem einst beliebten SPD-Mann Helmut Schmidt gelang es als Welt-Ökonomen nicht, die Bürgerinnen und Bürger im Wahlkampf des Jahres 1972 davon zu überzeugen, fünf Prozent Preisanstieg seien leichter zu verkraften als fünf Prozent Arbeitslosigkeit. So neigt das politische Spitzenpersonal im aktuellen Bundestagswahlkampf nicht dazu, die Auswirkungen der Inflation zu verharmlosen. Schließlich stieg die Teuerungsrate in Deutschland zuletzt weiter leicht auf 3,9 Prozent.
Wenn die volkswirtschaftlichen Abteilungen von Institutionen wie der Bundesbank Recht behalten, sind bis zu fünf Prozent Inflation gegen Jahresende denkbar. Manchen mag das beunruhigen, könnte die Preis-Entwicklung doch mögliche Gehaltserhöhungen auffressen und zu Reallohnverlusten führen.
nur Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer ist aber davon überzeugt, dass die Teuerung sich im kommenden Jahr wieder Richtung 2,0 Prozent, also auf ein verträgliches Maß einpendelt und damit dem Zielwert der Europäischen Zentralbank von glatt 2,0 Prozent nahekommt. Die Fachwelt ist sich derart sicher, weil steigende Energie-, Material- und Rohstoffpreise, die heute für die Teuerung maßgeblich verantwortlich sind, 2022 wieder sinken sollen. Auch die Tarifabschlüsse dürften weiter maßvoll ausfallen. Selbst die streiklustigen Lokführer wollen ja nicht vier, fünf oder gar sechs Prozent mehr Lohn erzwingen. Sie verlangen akzeptable 1,4 Prozent für dieses und 1,8 Prozent für kommendes Jahr. Solche Abschlüsse heizen die Inflation nicht sonderlich an.
Die Wahrscheinlichkeit ist groß. dass eine den Preisauftrieb befeuernde Lohn-Preisspirale nicht in Gang kommt, also Unternehmen davon absehen, ihre Waren wegen deftiger Tarifabschlüsse weiter zu verteuern, was dann wiederum zu noch höheren Gehaltsforderungen führt. Wenn also die Fachleute
Recht behalten, schleicht sich das Teuerungsgespenst 2022 langsam wieder. Die Menschen müssen keine Angst vor einer galoppierenden Inflation haben. Die Teuerung scheint als Folge der Corona-Krise ein vorübergehender Gast zu sein.
Damit ist auch klar: Die Europäische Zentralbank wird im kommenden Jahr wohl kaum den Leitzins von jetzt null Prozent anheben. Das erwartet die EZB-Beobachter-Schar erst ab dem Jahr 2023. Dennoch könnte ausgehend von den USA die europäische Notenbank noch in diesem Jahr zumindest schüchtern die Zinswende einläuten. Man darf gespannt sein, welche Signale EZB-Präsidentin Christine Lagarde hier am Donnerstag nach der Ratssitzung öffentlich sendet. Zuletzt hatte die Zentralbank monatlich im Zuge des PEPP-Programmes Staats- und Firmenanleihen sowie andere Wertpapiere im Wert von unvorstellbaren rund 80 Milliarden Euro aufgekauft. Eine Verringerung auf etwa 70 Milliarden Euro scheint manchem hier wahrscheinlich.
Damit würde dennoch die Politik der Geldschwemme und der NullNicht
Zinsen auf absehbare Zeit fortgesetzt. Das frustriert viele, die konservativ Geld sparen, und verzückt andere, die Aktien kaufen oder mit dem Abschluss eines Hypothekenkredites liebäugeln. Billiges Geld und damit extrem günstige Bedingungen für Firmen, sich zu refinanzieren, sind ein Schmierstoff für die Börsen, wie die vergangenen Jahre eindrucksvoll gezeigt haben.
Dabei lohnt derzeit besonders ein Blick auf die Bauzinsen. Nach einem Anstieg von einem extrem niedrigen Niveau aus zwischen März und Anfang Juli bewegen sich die Werte wieder ein wenig nach unten. Auch wenn Baugeld im Zuge der radikalen EZB-Politik schon einmal noch etwas günstiger war, sind die Konditionen doch nach wie vor sehr attraktiv. Dem stehen natürlich zum Teil ins Astronomische gestiegene Preise für Wohnungen und Häuser gegenüber.
Doch der lang gediente Baufinanzierungsexperte Max Herbst geht davon aus, dass gerade die nächsten Wochen vor der Bundestagswahl ein gutes Zeitfenster darstellen, um eine Immobilienfinanzierung unter Dach und Fach zu bringen. Der 70-Jährige glaubt, die Hypothekenzinsen würden in diesem Jahr wohl kaum noch spürbar fallen. Dabei ist seine These interessant, dass Baugeld nach der Bundestagswahl am 26. September tendenziell teurer werden könnte. Denn auf alle Fälle dürfte sich eine Regierungsbildung kompliziert gestalten und wahrscheinlich lange hinziehen. Das jetzt noch als stabil an den Kapitalmärkten wahrgenommene Deutschland würde plötzlich als etwas unsicherer eingestuft, was wiederum indirekt – so die Schlussfolgerung von Herbst – zu einem leichten Anstieg der Hypothekenzinsen führen könnte.
Käme es zu einem rot-grün-roten Bündnis, könnte Deutschland als noch unsicherer wahrgenommen werden, was die Hypothekenzinsen ein Stück mehr belasten könnte. Natürlich wäre Baugeld nach der Theorie immer noch billig, aber eben nicht mehr ganz so preiswert, wenn die Linken mitregieren.
Ein guter Zeitpunkt für einen ImmobilienKredit