Box-Epos mit schillernden Hauptfiguren
Staatstragender kann eine BoxVeranstaltung gar nicht daherkommen als jenes Duell der Fäuste, das am 11. September in den USA stattfinden wird. Die schillernden Hauptfiguren in diesem KampfEpos: ein beträchtlich in die Jahre gekommener Schwergewichtsboxer und ein ehemaliger, in Ungnade gefallener US-Präsident. Ort des Geschehens ist passenderweise auch noch Hollywood in Florida – am 20. Jahrestag der Terroranschläge von New York und Washington. Symbolträchtiger hätte das nicht mal der beste NetflixRegisseur verfilmen können.
Weil sich der für dieses Event ursprünglich ausgewählte Boxer Oscar de la Hoya das Coronavirus eingefangen hat, steigt als Ersatz der nun mittlerweile 58-jährige Evander Holyfield gegen Vitor Belfort in den Ring. Das Sahnehäubchen: Kommentiert wird der Kampf von Donald Trump, dem 45. Präsident der Vereinigten Staaten. Unterstützt von seinem Sohn Donald Trump junior. Aus Sicht der Trumps ein absoluter Straßenfeger. Zwar ist von beiden Familienmitgliedern nicht bekannt, dass sie ausgewiesene Experten auf diesem Gebiet wären. Den Senior hat das aber ja noch nie gestört.
Ihm reicht, dass er vor seiner Zeit als erster Mann im Staate in seinen Casinos Boxkämpfe ausrichten ließ. „Ich liebe große Kämpfer und große Kämpfe. Ich freue mich darauf, am Samstagabend beides zu sehen und meine Gedanken am Ring zu teilen. Sie sollten dieses besondere Ereignis nicht verpassen“, betreibt Trump wie gewohnt Werbung in eigener Sache. Auch ohne Amt immer noch mit dem bedeutungsschwangeren Pathos eines US-Präsidenten. Schließlich müssen die, die seinen Worten lauschen wollen, tief in die Tasche greifen. 49,99 Dollar verlangt der übertragende Bezahl-TV-Sender für die Trump-Vertonung.
Wie „groß“der Kampf der betagten Giganten aber letztendlich wird, hängt wohl weniger vom Kommentator als von den Sportlern selbst ab. Und da darf man sich beim gefühlt 20. Comeback des Evander Holyfield durchaus Sorgen machen, ob er die angesetzten acht Runden zu jeweils zwei Minuten auch durchhält. Die Boxaufsicht in Kalifornien war schon mal so beunruhigt, dass sie das Duell in ihrem Bundesstaat gar nicht zugelassen hat. Aber so richtig wehtun wird der 44-jährige Brasilianer Belfort dem legendären Holyfield in diesem Showkampf schon nicht. Und selbst wenn die einstige Schwergewichtsikone sang- und klanglos k. o. gehen würde, Donald Trump fände sicher die richtigen Worte, daraus den „größten“Boxkampf aller Zeiten zu machen.