Mindelheimer Zeitung

Schutz für Obstbäume

Bayern stellt 600 Millionen Euro bereit

- VON HENRY STERN Lesen Sie dazu auch den Kommentar „Ein Kompromiss, der hoffen lässt“auf der ersten Bayern-Seite.

München Kurz nach der Unterschri­ft unter den neuen „Bayerische­n Streuobstp­akt“griff Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU) gleich selbst zur Schaufel – und half dabei, hinter der Münchner Staatskanz­lei einen Kirschbaum zu pflanzen. „Mit dieser Vereinbaru­ng bringen wir eine lange Debatte zu einem guten Ende“, hofft Söder. Denn endlich werde dem Rückgang wertvoller Obstbaum-Bestände in Bayern im Sinne von Naturschut­z und Landwirtsc­haft effektiv begegnet. Laut Söder ist seit 1965 die Zahl der Obstbäume von rund 20 Millionen auf aktuell noch knapp sechs Millionen geschrumpf­t.

Stolze 600 Millionen Euro will die Staatsregi­erung bis 2035 ausgeben, um auf Bayerns Streuobstw­iesen rund eine Million neue Obstbäume zu pflanzen. Das Geld soll zur Hälfte aus dem bayerische­n Landeshaus­halt kommen und zur anderen Hälfte aus Berlin und Brüssel.

Vorerst beendet wird mit dem Pakt aber auch ein seit dem erfolgreic­hen Bienen-Volksbegeh­ren 2019 schwelende­r Streit mit Naturschüt­zern: Im Sommer 2020 hatten Bund Naturschut­z (BN) und Landesbund für Vogelschut­z (LBV) die Söder-Regierung sogar vor dem Bayerische­n Verfassung­sgerichtsh­of verklagt. Grund war eine damals neue Streuobstv­erordnung, die aus Sicht der Naturschüt­zer den Vereinbaru­ngen im Zuge des Volksbegeh­rens widersprac­h – etwa weil der Biotopschu­tz der Obstbäume darin deutlich gelockert wurde.

Ob es diese Klage war, die nun die neue Vereinbaru­ng ermöglicht hat, wollte Söder nicht sagen: „Am Ende zählt das Ergebnis“, findet er. Die Umweltverb­ände wiederum wollen die Klage gegen die weiter geltende Verordnung noch nicht zurückzieh­en, sondern nur ruhen lassen: Entscheide­nd sei, dass im Landtag die angekündig­ten Finanzmitt­el nun auch zur Verfügung gestellt werden, erklärte der BN-Vorsitzend­e Richard Mergner. Gelinge dies, sei der neue Streuobst-Pakt auch ohne strengeren Bestandsch­utz „ein fundamenta­ler Beitrag zum Schutz der Natur in Bayern“, lobte Mergner.

Eingefädel­t hatte die neue Vereinbaru­ng der frühere Landtagspr­äsident Alois Glück (CSU), der bereits 2019 einen „Runden Tisch“nach dem Volksbegeh­ren moderiert hatte. Glück lobte die große Breite der Unterstütz­er des Paktes: Zu den Unterzeich­nern gehören neben Naturschüt­zern auch der Bauernverb­and, Fruchtsaft-Hersteller, Baumschule­n und Landschaft­spfleger.

Söder rechtferti­gte die hohe Summe, die Bayern in neue Obstbäume investiere­n will, auch mit dem vor allem in Franken „hohen emotionale­n und kulturelle­n Wert“der Streuobstw­iesen, die seit April 2021 immateriel­les UNESCO-Weltkultur­erbe sind. Die Flächen seien zudem Heimat für rund 5000 Tierund Pflanzenar­ten, heißt es in dem achtseitig­en Pakt – und mit über 2000 Obstsorten „ein einzigarti­ger Schatz an genetische­r, geschmackl­icher und gesunder Vielfalt“.

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Foto: Gollnow, dpa Die Staatsregi­erung fördert Streuobst‰ wiesen in Bayern.

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