So funktioniert die Rettung bei einem Flugzeug-Brand
In Japan bergen Crew und Feuerwehr knapp 400 Menschen aus einem Flammen-Inferno. Wie geht so etwas? Wir haben bei der Airport-Feuerwehr Memmingen gefragt.
Ein Flugzeug-Unglück in Tokio beherrschte diese Woche die Schlagzeilen. Beim Anflug auf den Flughafen Haneda stößt ein Airbus mit fast 400 Menschen an Bord mit einem Jet der Küstenwache zusammen. Darin kommen fünf Menschen ums Leben. Doch obwohl sich der Innenraum des Airbus A350 mit beißendem Rauch füllt, entkommen die 367 Passagiere und 12 Besatzungsmitglieder. Sogar ohne lebensgefährliche Verletzungen, berichtet die Deutsche Presse-Agentur. Videos im Internet zeigen, wie Crew und Feuerwehr in kürzester Zeit das Flugzeug räumen – bevor es in einen Feuerball aufgeht.
Wie kann so etwas gelingen? Und wie trainiert man das? Wir sprachen mit dem Feuerwehrkommandanten Klaus Neukamm am Flughafen Memmingen.
Herr Neukamm, am Dienstag brannte in Japan plötzlich ein Flugzeug. Wie fühlt man sich da als Leiter einer Flughafenfeuerwehr?
Klaus Neukamm: Da läuft es einem schon kalt den Buckel runter. So ein Vorfall ruft einem ins Gedächtnis, dass es eben auch beim Fliegen zu schweren Unfällen kommen kann. Dennoch ist das Flugzeug das sicherste Verkehrsmittel der Welt. Auf einem Lehrgang wurde mir einmal gesagt: „Du hast in deinem Berufsleben nur einmal die Chance, dich zu beweisen. Dann muss es aber klappen.“Trotzdem hoffe ich, dass es auf dem Flughafen Memmingen nie zu so einem Unfall kommt.
Der Airbus A350 war in kürzester Zeit geräumt: Wie kann das gelingen?
Neukamm: Die Vorgaben an die Flugzeughersteller sind klar geregelt. Sie müssen beweisen, dass alle Insassen innerhalb von 90 Sekunden über 50% der Notausgänge evakuiert werden können. Zusätzlich muss auch die Feuerwehr in weniger als drei Minuten nach dem Alarm auf dem Rollfeld sein und den Löschvorgang bereits begonnen haben. Das hat in Japan offensichtlich funktioniert.
Auch die Passagiere haben offenbar richtig reagiert – wie sollten sich Flugreisende bei einem Brand verhalten?
Neukamm: Die Crew und die Passagiere waren offensichtlich sehr diszipliniert. Das Wichtigste ist: möglichst Ruhe bewahren und den Anweisungen der Besatzung Folge leisten. Nach der Landung werden die Notrutschen ausgefahren. Ganz wichtig: Jetzt darf niemand mehr sein Handgepäck oder seine Schuhe suchen – der Mensch ist darauf programmiert, seine Habseligkeiten mitzunehmen. Doch die bleiben im Flieger!
Was genau macht die Feuerwehr im Brandfall?
Neukamm: Wir sind da, um Leib und Leben zu retten – nicht das Flugzeug. Das bedeutet: Wir kühlen den Rumpf der Maschine mit Tausenden Litern Wasser, Schaum und Pulver, damit die Passagiere entkommen können. Gleichzeitig belüften wir die Maschine, schaffen also weitere Zugänge, denn der Rauch ist zunächst gefährlicher als die Flammen. Dabei sind auch die Flugzeugtypen entscheidend.
Ständig in Alarmbereitschaft – wie trainieren Ihre Kollegen und Sie?
Neukamm: Mindestens einmal im Monat gibt es bei uns eine unangekündigte Alarmübung. Da müssen unsere Feuerwehrfrauen und Männer – zu jeder der täglich zwei Schichten sind mindestens acht ‘Flugzeugbrandbekämpfer’ im Dienst – zu verschiedenen Übungssituationen ausrücken. Auch zu einem Brand, bei dem zum Beispiel auch die Windrichtung und damit der Anfahrtsweg beachtet werden müssen. Aber auch technische Probleme am Flieger sind mögliche Szenarien.
Spätestens alle zwei Jahre trainieren wir bei einer Großübung auch mit den umliegenden Feuerwehren. Hier simulieren Gasflammen ein Feuer im Flugzeug.
Wo muss ich als Feuerwehrmann in der Maschine suchen? Wie komme ich mit Atemschutz in den engen Räumen zurecht? Das üben wir mindestens ein Mal im Jahr.
Trainieren Sie auch gemeinsam mit den Crews?
Neukamm: Gerade zu den Besatzungen von Ryanair, die hier stationiert sind, haben wir gute Kontakte und stimmen uns zu möglichen Szenarien ab. Zum Beispiel finden regelmäßig Flugzeugbegehungen statt, welche dazu dienen, unser Feuerwehrpersonal noch besser mit den Gegebenheiten der am Flughafen Memmingen meistverkehrenden Flugzeuge vertraut zu machen.
Sie sind seit 2012 Leiter der Flughafenfeuerwehr in Memmingen. Was war ihr bislang größter Einsatz?
Neukamm: Der hatte zum Glück nichts mit Flugzeugen zu tun (lacht). 2012 hatte ein Sturm das Dach des Allgäu Airports zum Teil herunter geweht. Tote oder verletzte Passagiere hatte ich noch nie zu beklagen. Ich hoffe, das bleibt bis zu meiner Rente auch so.