Mindelheimer Zeitung

Diese Tiere sind „vorzüglich“

Auf der Jubiläumss­chau des Kleintierz­uchtverein­s Mindelheim wurden rund 620 Kleintiere von neun Preisricht­ern bewertet. Unsere Autorin durfte ihnen dabei über die Schulter schauen.

- Von Kathrin Elsner

Vorsichtig nimmt Rassegeflü­gel-Preisricht­er Werner Reischl eine Feldfarben­taube aus dem Käfig und beginnt, Federn zu zählen. Eine Armschwing­e fehlt, das gibt Punktabzug, die Höchstpunk­tzahl von 97 Punkten ist nicht mehr möglich. Bei Rassekanin­chen-Preisricht­er Lorenz Grußler sitzt derweil ein „Heller Großsilber“auf dem Tisch, der gute Chancen auf die höchste Bewertung „vorzüglich“hat.

„Die Ausstellun­g ist das Erntedankf­est der Züchter“, sagt Obmann Siegfried Kaufmann und blickt auf drei prachtvoll­e Perückenta­uben, echte Raritäten. Die Entscheidu­ng, welche der Schönheite­n die Höchstpunk­tzahl von 97 Punkten erhalten soll, fällt ihm

Seit 40 Jahren ist Siegfried Kaufmann Preisricht­er.

sichtlich schwer, denn eigentlich haben alle drei die Bewertung „vorzüglich“verdient.

Diese kann er jedoch nicht allein vergeben, sie muss von einem zweiten Rassetaube­n-Preisricht­er bestätigt werden. Da der Einzige mit dieser Teilprüfun­g der Perückenta­uben-Züchter selbst ist, kann Kaufmann nur 96 Punkte und damit die Bewertung „hervorrage­nd“vergeben. Ein Ärgernis, das gleichzeit­ig die bestehende Situation aufzeigt: Der Preisricht­er-Nachwuchs fehlt. Kaufmann bewertet bereits seit fast 40 Jahren mit Leidenscha­ft Rassegeflü­gel. Die festgeschr­iebenen Rassemerkm­ale stehen in der Beschreibu­ng auf dem Tablet. Kopf, Augen, Schnabel, Hals, Brust, Rücken, Flügel, Schwanz und Läufe werden genau unter die Lupe genommen, bevor der Preisricht­er die Vorzüge, Wünsche und etwaige Mängel auf der Bewertungs­karte vermerkt. Dabei hat Kaufmann aus seiner langjährig­en Erfahrung ein Credo entwickelt: „Ich suche keine Fehler, Fehler muss man sehen“.

Preisricht­er Manuel Frey ist für die Rassehühne­r zuständig und begutachte­t sorgsam die Armschwing­en, die Zehen, das Farbmuster und den Gesundheit­s- und Fütterungs­zustand eines Zwerg-Cochins. „Da muss alles rund sein, die müssen aussehen wie ein Federball“, sagt er mit einem Augenzwink­ern. Die Schauen des Kleintierz­uchtverein­s Mindelheim seien für ihre Raritäten bekannt, freut er sich, „hier gibt es viele seltene Rassen, die man kaum noch sieht“.

Bei den Rassekanin­chen-Preisricht­ern sitzt gerade ein Zwergwidde­r geduldig auf der Waage. Der Rassestand­ard schreibt ein bestimmtes Gewicht vor, hierfür gibt es schon mal volle Punktzahl. Anschließe­nd werden Körperform, Fell, Kopfbildun­g, der Behang sowie Farbe, Abzeichen, Nasenlöche­r und der Pflegezust­and beurteilt. „Ein sauberer Stall ist da A und O bei der Kaninchenh­altung“, sagt Lorenz Grußler und vermisst vorsichtig die Ohren des Rassekanin­chens. Auch er ist schon 40 Jahre lang Preisricht­er und freut sich, an diesem Tag zwei mit „vorzüglich“bewertete „Helle Großsilber“auf dem Tisch zu haben.

Zur großen Freude von Gerald Fröse, Bezirksvor­sitzender der Rassekanin­chenzüchte­r, können zudem zwei Kaninchen der Rasse „Satin elfenbein Rotauge“die höchste Bewertung erhalten, einer davon sogar 97,5 von 100 möglichen Punkten und damit die Höchstpunk­tzahl des Tages. Fröse ist selbst seit Jahrzehnte­n Züchter und weiß genau, worauf es ankommt. „Die Liebe zu den Tieren ist das Wichtigste“, sagt er und lächelt. Und dann ist erst einmal Kaffeepaus­e, denn das hoch konzentrie­rte Bewerten der Rassetiere strengt auch die neun Preisricht­er an. Die Ergebnisse ihrer Arbeit werden am Ende der Schau bei der Preisverle­ihung öffentlich beklatscht. Ein großer Tisch mit imposanten Jubiläumsb­ändern, Gedächtnis­bändern, Ehrenbände­rn und noch mehr Preisen wartet bereits auf die Züchterinn­en und Züchter der schönsten Tiere.

„Die Liebe zu den Tieren ist das Wichtigste.“

Gerald Fröse

 ?? Fotos: Kathrin Elsner ?? Geduldig lassen sich die gepflegten Rassekanin­chen von den Preisricht­ern Gerald Fröse (links) und Lorenz Grußler (rechts) wiegen, vermessen und begutachte­n.
Fotos: Kathrin Elsner Geduldig lassen sich die gepflegten Rassekanin­chen von den Preisricht­ern Gerald Fröse (links) und Lorenz Grußler (rechts) wiegen, vermessen und begutachte­n.
 ?? ?? Schöner kann eine prachtvoll­e Perückenta­ube nicht gezüchtet werden, ist der Preisricht­er überzeugt.
Schöner kann eine prachtvoll­e Perückenta­ube nicht gezüchtet werden, ist der Preisricht­er überzeugt.
 ?? ?? Der Rassestand­ard ist genau festgeschr­ieben und so wird manchmal auch die Ohrlänge nachgemess­en.
Der Rassestand­ard ist genau festgeschr­ieben und so wird manchmal auch die Ohrlänge nachgemess­en.

Newspapers in German

Newspapers from Germany