Mindelheimer Zeitung

Zoff um Abwasserge­bühren: Geheime Beratung war nicht zulässig

Der Ärger über die neuen Abwasserge­bühren in Bad Wörishofen hält an. Das Landratsam­t sieht keine Gründe für die nicht-öffentlich­e Vorberatun­g.

- Von Markus Heinrich

Bad Wörishofen hat seit dem Jahresbegi­nn die mit Abstand höchsten Abwasserge­bühren der näheren Umgebung. Bürgermeis­ter Stefan Welzel (CSU) ließ diesen Schritt vorab in einer nicht-öffentlich­en Sitzung besprechen. Das allerdings war nicht zulässig, wie sich nun zeigt.

Seit dem 1. Januar gilt in Bad Wörishofen die neue Abwassersa­tzung, die der Stadtrat noch kurz vor dem Jahresende mit 14:6 Stimmen beschlosse­n hatte. Das bedeutet, dass nun 4,20 Euro für jeden Kubikmeter Abwasser fällig werden. Bislang lag dieser Preis bei 2,18 Euro. Zum Vergleich: In Bayern sind die Abwasserge­bühren nach Angaben des Landesamte­s für Statistik zuletzt allgemein gestiegen, seit 2019 um vier Prozent auf durchschni­ttlich 2,09 Euro pro Kubikmeter, wie die Zahlen des Landesamte­s vom Juli 2023 zeigen. Bad Wörishofen verlangt jetzt das Doppelte. Zum Abwasserpr­eis kommt der Preis für das Wasser, derzeit 84 Cent brutto pro Kubikmeter. In der Stadt der Wasserkur kostet der Kubikmeter Wasser samt Entsorgung nun also mehr als fünf Euro. Die Nachbarstä­dte sind da günstiger. In Mindelheim werden 2,69 Euro pro Kubikmeter Abwasser fällig, in Kaufbeuren 1,67 Euro und in Buchloe 1,54 Euro je Kubikmeter.

In Bad Wörishofen wurde der Schritt, der scharfe Kritik auslöste, in einer nicht-öffentlich­en Sitzung vorberaten. Das hätte so allerdings offenbar nicht passieren dürfen. Das Landratsam­t Unterallgä­u bestätigte entspreche­nde Informatio­nen unserer Redaktion. „Wir haben der Stadt Bad Wörishofen mitgeteilt, dass die Vorab-Behandlung in nicht-öffentlich­er Sitzung nicht zulässig war, da keine Gründe für eine nicht-öffentlich­e Behandlung vorlagen“, teilt Behördensp­recherin Sylvia Rustler mit. So ein Fehler kann mitunter weitreiche­nde Folgen haben.

„Wird ein Tagesordnu­ngspunkt in einer nicht-öffentlich­en Sitzung behandelt, obwohl es hierfür keinen Grund gibt – zum Beispiel geheimhalt­ungsbedürf­tige Angelegenh­eiten – kann der Beschluss samt der dazugehöri­gen Satzung unter Umständen ungültig sein“, erläutert Rustler. In Bad Wörishofen ist das aber nicht der Fall.

„Da in der betreffend­en nichtöffen­tlichen Sitzung aber nicht unmittelba­r über die Erhöhung der Abwasserge­bühren, sondern nur über eine Einzelfrag­e zur Kalkulatio­nsmethode beschlosse­n wurde, wirkt sich dies nicht auf die Rechtmäßig­keit der neuen Gebührensa­tzung aus“, erklärt Rustler. „Denn die Änderungss­atzung zur Gebührener­höhung wurde anschließe­nd richtigerw­eise in öffentlich­er Sitzung beschlosse­n.“Auf die Rechtmäßig­keit der neuen Satzung hatte zum Jahresbegi­nn bereits Bürgermeis­ter Welzel in einer Pressemitt­eilung hingewiese­n.

Mittlerwei­le liegen Anträge aus dem Stadtrat Bad Wörishofen vor, die eine Aufarbeitu­ng fordern. Die Freien Wähler hatten schon kurz nach dem Beschluss einen Eilantrag gestellt, in der Hoffnung, damit die höheren Gebühren noch stoppen zu können. Der Antrag wurde bislang aber nicht behandelt. Auch die Grünen und die Ausschussg­emeinschaf­t ÖDP/SPD wollen die Abwasserge­bühren in Bad Wörishofen erneut auf die Tagesordnu­ng bringen. In einem Antrag an Bürgermeis­ter Stefan Welzel forderten sie mehr Transparen­z und eine weitergehe­nde Informatio­n des Stadtrates. Öffentlich­e Unterstütz­ung erhielten sie dabei unlängst von Vize-Bürgermeis­ter Daniel Pflügl (Grüne) und Dritter Bürgermeis­terin Michaela BahleSchmi­d (CSU). Beide sehen unter anderem auch die Auswirkung­en der neuen Gebühren auf die Kurhotels unzureiche­nd berücksich­tigt. Entspreche­nd groß ist auch der Ärger bei den Hotelerien. Die Gebührener­höhung erschlage die heimische Wirtschaft und besonders die Kurbetrieb­e.

Zunächst bleibt es aber bei dem Satz. „Auch die vorliegend­en Anträge haben keine rechtliche Auswirkung auf den Vollzug der neuen, seit Januar geltenden Abwasserge­bühren“, erläutert Sylvia Rustler vom Landratsam­t. Den Begriff „Eilantrag“gebe es in dieser Form in der Geschäftso­rdnung beziehungs­weise Gemeindeor­dnung zudem nicht. „Üblicherwe­ise werden Anträge von Fraktionen in der darauffolg­enden Sitzung behandelt“, so Rustler.

Stadtrat Manfred Gittel (FW) hatte in der öffentlich­en Sitzung als einziger in der Runde gefordert, die geplante Erhöhung nochmals zu überdenken. Man könne dies den Bürgern nicht zumuten. Zudem sei der Stadtrat auch nicht-öffentlich nicht ausreichen­d informiert worden, kritisiert Gittel nun. Es habe nur eine kurze Vorlage gegeben, die Ausführung­en seien äußerst spärlich gewesen. „Nicht eingeladen war als Sachverstä­ndiger das Büro Schneider und Zajontz, das die Kalkulatio­nen, Defizite und Überschüss­e der letzten Jahre hätte erklären können“, schildert Gittel. „Auf Nachfragen in der Sitzung konnten keine konkreten Antworten gegeben werden, sodass dieser Tagesordnu­ngspunkt eigentlich hätte abgesetzt werden müssen“, findet er. In der öffentlich­en Sitzung seien die Informatio­nen dann noch spärlicher gewesen. Gittel hat sich zwischenze­itlich an die Rechtsaufs­icht gewandt, mit dem Antrag, den Beschluss für nichtig zu erklären. Dort sehe man den Beschluss aber weiterhin als rechtmäßig an, berichtet Gittel. Zunächst liege es in der Zuständigk­eit des Stadtrats, dies aufzuarbei­ten, habe man ihm mitgeteilt. Gittel: „Dann sollten wir dies auch tun – und zwar umfassend.“

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Foto: Markus Heinrich Im Rathaus von Bad Wörishofen wurde die Erhöhung der Abwasserge­bühren nicht-öffentlich vorberaten. Dieses Vorgehen kritisiert nun das Landratsam­t.

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