„Jetzt raucht mir schon der Kopf“
Serie (Teil 12): Seine Tour durch die Sportarten führt den BLSV-Kreisvorsitzenden Benjamin Adelwarth zu den Schachfreunden nach Bad Grönenbach. Ob der Crashkurs am Ende auch Früchte trägt?
Der Kreisvorsitzende des Landessportverbands (BLSV) macht eine Tour zu 44 Sportarten. Unsere Redaktion begleitet Benjamin Adelwarth dabei. Nun war Station zwölf an der Reihe: der Schachverein der Schachfreunde Grönenbach.
Ist Schach tatsächlich Sport? Organisierte Schachturniere gibt es seit 1841, aber erst viel später, als man Untersuchungen über die Belastungen beim Turnierschach durchführte, wurde klar: Die Anspannungen beim geistigen Kampf führen auch zu physischer Belastung. Der deutsche Arzt und Schachgroßmeister Dr. Helmut Pfleger führte 1981 bei einem eigens zu diesem Zweck angesetzten Schachturnier sportmedizinische Untersuchungen durch. Diese belegten, dass es sich beim Schach definitiv um einen Leistungssport handelt. Weitere Untersuchungen haben Erstaunliches ergeben. So verbraucht man bei einem Schachwettkampf mehr als halb so viele Kalorien wie ein Fußballspieler bei einem Turnier. Inzwischen wird Schach seit 1999 im Turnierbetrieb offiziell als Sportart sowohl vom Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) als auch vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) anerkannt.
Benjamin Adelwarth ist auf seiner Tour durch die Sportvereine diesmal in Bad Grönenbach im Spiellokal in der SebastianKneipp-Mittelschule zu Gast. Dort haben die Schachfreunde einen großen, hellen Spielraum, in dem jeden Freitag ab 17 Uhr das Training für die Jugendlichen und ab 19.30 Uhr das Erwachsenentraining stattfindet. Mit 51 Mitgliedern ist Grönenbach übrigens der derzeit zweitgrößte Schachverein im Unterallgäu nach dem Schachklub Türkheim. Inzwischen sind auch Spielleiter Peter Schiegg und Jugendleiter Andreas Wilhelm gekommen. Adelwarth gibt, nach seinen Schachkenntnissen gefragt, an, seit seiner Schulzeit nicht mehr gespielt zu haben. Da ist dann natürlich nicht mehr so enorm viel Schachwissen vorhanden, sodass Schiegg und Wilhelm an einem Schachbrett schnell zum Crashkurs laden: Grünfeld-Indisch, Nimzowitsch-Indisch, CaroKann, Sizilianisch, Französisch, Spanisch: Das sind einige Eröffnungen im Schachspiel und es gibt Dutzende davon.
Adelwarth schüttelt den Kopf und wundert sich über diese komplexe Vielfalt. Aber jetzt geht es erst richtig los. Es folgt eine kurze Einführung in die Schachstrategie und Taktik. Adelwarth bekommt einige typische Tricks gezeigt wie Springergabel, Spieß, Abzugschach und die Hinlenkung durch Opfer einer Figur. Nun fühlt er sich richtig überfordert. „Jetzt raucht mir schon der Kopf“, sagt er. Mittlerweile hat sich der Raum gefüllt und das Jugendtraining beginnt. Die Mädchen und Jungs sind mit großer Begeisterung dabei. Auf den Schachtischen sind einige Bretter mit Problemstellungen aufgebaut. Schiegg und Wilhelm gehen mit den jungen Schachspielern die Stellungen durch und fragen sie nach den Lösungen. Die Hände schießen nur so nach oben. Jeder will eine Antwort geben. Benjamin ist von dem großen Engagement begeistert. „Die Kinder profitieren sehr vom Schachspiel, die Lehrer bestätigen uns, dass sich schachspielende Mädchen und Jungs länger und besser in der Schule konzentrieren können“, sagt Peter Schiegg.
Danach wird Adelwarth zu einem Simultanspiel animiert. Es sind 21 Bretter aufgebaut, an denen sich die Jugendlichen und Adelwarth postiert haben. Peter Schiegg, Andreas Wilhelm und Pascal Thielke, der mit Abstand stärkste Jugendspieler des Vereins, gehen von Tisch zu Tisch und machen abwechselnd Züge, während sich die einzelnen Spieler nur auf ihr eigenes Spiel konzentrieren können. Ich als ehemaliger Turnierschachspieler bleibe bei Adelwarth und unterstütze ihn mit seinem Einverständnis etwas. Ich gebe ihm hin und wieder ein paar kleine Tipps, damit er einigermaßen über die Runden kommt und das Spiel nicht zu schnell vorbei ist. Aber es nutzt alles nichts. Obwohl sich die drei Simultanspieler auf 21 verschiedene Partien konzentrieren und sich dabei immer wieder bei jedem Partner neu orientieren müssen, spielen sie so gut, dass wir im Endspiel keine Chance haben. Adelwarth gibt auf und schüttelt Schiegg die Hand. Von seinen 21 Partien gehen nur zwei verloren. „Das war schon ein interessanter Abend“, meint Adelwarth. „Ich habe viel dazugelernt.“