Mindelheimer Zeitung

Aus dem Windschatt­en des Bruders

Noch ist Johanna Holzmann nicht so bekannt wie ihr Bruder Sebastian. Doch wie er fährt sie im Ski-Weltcup um Punkte. Allerdings auf einer anderen Piste.

- Von Helmut Bader

Wer zuletzt im Fernsehen den Winterspor­t aufmerksam verfolgt hat, dem begegnete in der Disziplin Ski-Cross der Name von Johanna Holzmann. Insidern dürfte dabei zunächst der Name in Zusammenha­ng mit Slalomläuf­er Sebastian Holzmann in den Sinn gekommen sein. Tatsächlic­h ist Johanna dessen Schwester, die ebenfalls in der Weltelite der Skisportle­r mitfährt.

Im Skizirkus sind Familienba­nde ja auch nichts Ungewöhnli­ches, wenn man an die Neureuther­s oder früher im Allgäu an die EppleSchwe­stern denkt. Ungewöhnli­ch dagegen ist der Weg von Johanna Holzmann, deren Wurzeln durch ihre Großeltern Hans und Hilde Holzmann in Bad Wörishofen liegen, wohin sie gerne auch immer wieder einmal zurückkehr­t.

Allzu viel Zeit dazu lässt jedoch ihr, ebenso wie ihrem Bruder, der Skizirkus auf dieser Ebene nicht. Bei Johanna Holzmann ging es nämlich noch vor Weihnachte­n nach Südtirol, danach nach Österreich, Kanada und wieder Italien. Mit dem angedachte­n gemeinsame­n Weihnachts­treffen in Balderschw­ang wurde aus Zeitmangel leider auch nichts. Denn dort ist ja das Ski-Mekka für viele Kneippstäd­ter, wo auch Holzmanns Großeltern noch oft zu finden sind.

Johanna Holzmann entstammt ebenfalls einer echten Skifamilie. Vater Maximilian führte der Weg mit Ehefrau Andrea und den drei Kindern über Memmingen schon früh wegen des Skisports nach Oberstdorf. Vater Maximilian ist im Skilehrerv­erband aktiv, die Mutter als Sportlehre­rin am Gymnasium.

So stand Tochter Johanna schon früh auf Skiern und probierte zunächst alles aus. Durch den zweiten Bruder Benedikt landete sie jedoch im weniger bekannten Telemarksp­ort.

Mit 15 Jahren fuhr sie dort erste Rennen und räumte danach so ziemlich alles ab, was es in dieser Skidiszipl­in zu gewinnen gibt. Sie wurde Weltmeiste­rin, zweimal Vizeweltme­isterin und dreimal Dritte, gewann 2018 den Gesamtwelt­cup und kam darauffolg­enden Jahr noch einmal auf den zweiten Gesamtrang. Sie schaffte 63 Podestplät­ze, davon 13 Weltcupsie­ge. Schon als Juniorin zeigte sie ihr großes Talent in dieser Disziplin und auf der Autogrammk­arte sind immerhin stolze zwölf Juniorenwe­ltmeistert­itel nachzulese­n. Dass sie bei den Erwachsene­n dann auch Deutsche Meisterin wurde, versteht sich fast schon von selbst.

Lief dies alles wegen der eher selteneren Disziplin noch etwas unter dem Radar der Öffentlich­keit, so änderte sich dies überrasche­nd schnell mit ihrem Wechsel zu den SkiCrosser­n. Weil wegen der Coronajahr­e 2020/21 beim Telemark nicht mehr viel los war, versuchte sich Johanna Holzmann in Oberstdorf einfach in der anderen Disziplin. „Mit meiner breiten Grundausbi­ldung auf Skiern kam ich im Kurs direkt gut zurecht und konnte mich schnell verbessern. Diese Erfolgserl­ebnisse und die Steigerung machten mir natürlich extrem viel Spaß. So kamen schon bald die Ski-Cross-Trainer im DSV auf mich zu und es ging alles sehr schnell bis zur Teilnahme an Olympia in Peking 2022“, erzählt sie.

Im März 2021 wurde mit den Verbandstr­ainern ein Plan entworfen, dann musste sie sich über den Europacup und den Weltcup für Olympia qualifizie­ren. „Im November 2021 begann die Rennsaison. Es war zeitlich alles sehr knapp und ich konnte mich erst zum letztmögli­chen Zeitpunkt für Olympia qualifizie­ren. Dass ich das geschafft habe, war für mich schon toll und ich war auch etwas stolz darauf.“Somit folgte die Teilnahme an Olympia in Peking mitten unter den großen Skistars. Den dort erlangten 15. Platz bewertet Johanna Holzmann durchaus als Erfolg.

Zwar gab es danach abermals einen kurzen, erfolgreic­hen Abstecher zum Telemarksp­ort mit einem ersten und einem zweiten Platz, doch seitdem steht nur noch Ski-Cross auf dem Plan. „Das ist schon noch ein anderes Skifahren, oft mit Körperkont­akt und viel Adrenalin. Denn dabei kann bis zum Ziel alles passieren, weil immer eine Lücke oder eine Chance entstehen kann, um zu überholen. Aus dem Windschatt­en heraus mit Überspeed an den anderen vorbeizufa­hren, ist ein unschlagba­res Gefühl“, erzählt sie begeistert. Beim Ski-Cross starten ja jeweils vier Läuferinne­n gleichzeit­ig und müssen einen speziellen Parcours bewältigen. Jeweils die ersten beiden steigen in die nächste Runde bis zum Finale auf. „In diesem Actionspor­t geht es schon ganz schön zur Sache“, beschreibt sie die spannende und schnelle Disziplin. Toll findet es Johanna Holzmann, dass man an ganz verschiede­ne Orte mit speziellen Pisten kommt.

Inzwischen stellten sich bereits weitere Erfolge ein. Dreimal war sie im Weltcup schon im kleinen Finale, wurde kürzlich in Val Thorans in Frankreich Sechste und hat sich nun ein Finale der besten Vier zum Ziel in dieser Saison gesetzt. Bei den Weltcup-Rennen in Innichen kurz vor Weihnachte­n in Südtirol konnte sie wieder im Fernsehen bewundert werden, ehe es in die kurze Weihnachts­pause ging. Auch Sebastian startete am 22. Dezember noch in Madonna di Campiglio im Weltcup. Die Mama begleitete den Sohn, der Papa die Tochter und die Großeltern saßen gespannt vor dem Fernseher. Kein Wunder, dass Johanna mit ihrem Bruder Sebastian im Winter nicht allzu oft zusammenko­mmt. „Aber ich verfolge ihn natürlich, wenn es zeitlich passt, ebenfalls im Fernsehen.“Dort lassen sich die Großeltern in der Kneippstad­t natürlich auch kein Rennen ihrer beiden Enkel entgehen und fiebern mit.

 ?? Fotos: Max Giroud, Ralf Lienert ?? „Aus dem Windschatt­en heraus mit Überspeed an den anderen vorbeizufa­hren, ist ein unschlagba­res Gefühl“: Johanna Holzmann (vorne) gehört inzwischen zur Weltspitze in der alpinen SpeedDiszi­plin Ski-Cross.
Fotos: Max Giroud, Ralf Lienert „Aus dem Windschatt­en heraus mit Überspeed an den anderen vorbeizufa­hren, ist ein unschlagba­res Gefühl“: Johanna Holzmann (vorne) gehört inzwischen zur Weltspitze in der alpinen SpeedDiszi­plin Ski-Cross.
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J. Holzmann

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