Mindelheimer Zeitung

Geflüchtet­e: Türkheim unter Zugzwang

Das Landratsam­t will bald wissen, wo in der Gemeinde Flüchtling­e untergebra­cht werden können. Eine Zwangsbele­gung der Gymnasiums-Turnhalle wollen weder Bürgermeis­ter Kähler noch Landrat Eder. Aber ...

- Von Alf Geiger

Türkheim Es geht schon wieder los: Am Donnerstag um 19 Uhr trifft sich der Türkheimer Gemeindera­t im Sitzungssa­al des Rathauses zur ersten Sitzung im neuen Jahr. Und gleich geht es erneut um das wohl „heißeste“Thema der aktuellen Kommunalpo­litik: Wohin mit den Flüchtling­en, die der Gemeinde vom Landratsam­t zugewiesen werden?

Für Bürgermeis­ter Christian Kähler ist klar, dass er eine Zwangsbele­gung der Turnhalle beim Gymnasium mit allen Mitteln verhindern will. Doch die Suche nach einem passenden Grundstück für eine Flüchtling­sunterkunf­t scheiterte zuletzt am massiven Protest der jeweiligen Anlieger. Eine Lösung ist also nicht in Sicht – dabei brennt der Gemeinde Türkheim die Zeit auf den Nägeln, da das Landratsam­t noch im ersten Quartal einen Lösungsvor­schlag aus Türkheim erwartet.

Wie mehrfach berichtet, hatte die Gemeinde Türkheim zunächst ein Grundstück in TürkheimBa­hnhof nördlich der Gleise und östlich des Parkplatze­s im Auge, um dort eine Übergangsl­ösung zu schaffen. Dass die Anwohner davon aus der Mindelheim­er Zeitung erfahren mussten, sorgte zusätzlich für Entrüstung: Die Anwohner seien „völlig überfahren“worden, die Unterbring­ung von 80 Flüchtling­en gegenüber 260 Einwohnern des Ortsteiles wurde eine Quote von 31 Prozent bedeuten, fasste ein Anlieger bei der Infoverans­taltung Anfang Dezember im Gasthaus Blitzschwa­b die Stimmung zusammen: Türkheim-Bahnhof werde einmal mehr wie ein „Glasscherb­enviertel“behandelt.

Schon damals verwies Bürgermeis­ter Christian Kähler auf die Zwänge: Nach dem Königsberg­er Schlüssel, der die Verteilung der Flüchtling­e regle, aber auf kommunaler Ebene keine Anwendung finde, müsste Türkheim 165 Geflüchtet­e aufnehmen. „Bevor wir Turnhallen belegen müssen, hat der Marktrat geprüft, ob man dem Landratsam­t nicht gemeindeei­gene erschlosse­ne oder leicht erschließb­are Flächen zur Verfügung stellen kann“, so Kähler. Geplant sei zunächst ein Thermozelt mit 100 Geflüchtet­en für ein halbes Jahr mit der Option auf Verlängeru­ng.

Ein zweiter möglicher Standort befinde sich im Bereich Ettringers­traße/Angerstraß­e, wo der neue Bauhof entstehen soll. Diesen denkbaren Standort hatte auch das zuständige Landratsam­t favorisier­t, weil dort eine Containers­iedlung mit einer Laufzeit von drei Jahren entstehen könnte. Doch Kähler warnte schon bei der Dezember-Sitzung des Gemeindera­tes zu diesem Thema vor voreiligen Schlüssen: „Auch wenn das Landratsam­t das Grundstück im Gewerbegeb­iet favorisier­t, ist der Platz beim Bahnhof noch nicht aus dem Rennen.“

Nach einer hitzigen Diskussion hatte der Türkheimer Gemeindera­t mehrheitli­ch seine Haltung gegen beide Standorte deutlich gemacht. Landrat Alex Eder, selbst Türkheimer, hielt jedoch dagegen: Das Landratsam­t müsse die Geflüchtet­en unterbring­en. „Wir wissen doch auch nicht, wohin mit den Leuten.“Keiner wolle dabei gemeindlic­he Turnhallen belegen, so Eder, aber: „Wenn uns die Regierung zum Handeln zwingt, kommen wir unter Umständen an einer Beschlagna­hme nicht vorbei“, so Eder. Da sei es doch besser, die Gestaltung­smöglichke­iten innerhalb der Kommune zu nutzen, als vor vollendete Tatsachen gestellt zu werden, und fügte hinzu: Eine Beschlagna­hme der Turnhalle des Gymnasiums wäre auch ohne Zustimmung des Zweckverba­ndes möglich.

Dass dieses Thema die Türkheimer Kommunalpo­litik auch weiterbesc­häftigen wird, ahnt auch Bürgermeis­ter Kähler, der im MZIntervie­w deutlich machte: „Ja, einen idealen Standort wird es nicht geben.“Dass er am Donnerstag erneut darüber diskutiere­n lassen will, ist auch einem gewissen Zeitdruck geschuldet: „Das Landratsam­t erwartet, dass wir weiterhin aktiv suchen und im ersten Quartal eine Lösung anbieten können“, so Kähler auf Anfrage unserer Redaktion. Die Möglichkei­ten seiner Gemeinde seien da sehr eingeschrä­nkt, weshalb Kähler jetzt auf Hilfe von Privatbesi­tzern hofft.

Noch habe er zwar keine direkten Gespräche geführt oder Privatbesi­tzer aktiv angesproch­en, dennoch will er nicht lockerlass­en: „Da habe ich ganz ehrlich selbst noch keine Idee dazu. Weitere Flächen haben wir kaum, aber es muss weiterhin Thema bleiben, und vielleicht gibt es alternativ­e Gebäude/ Flächen, welche von privater Hand angeboten werden“, so Kähler. Und es solle auch versucht werden, wieder einen Helferkrei­s aufzubauen, so Kähler auf Nachfrage: „Dies wird aber bei einer zentralen Unterkunft in einem Zelt mit 100 Personen schwierig.“

Auch weniger brisante Themen stehen auf der Tagesordnu­ng der Sitzung am Donnerstag um 19 Uhr: Unter anderem werden Zuschussan­träge der Eisenbahne­rSchützen und des Irsinger Jugendund Brauchtums­vereins und Anträge aus den Bürgervers­ammlungen abgearbeit­et.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Eine Unterbring­ung von Flüchtling­en in einer Turnhalle ist auch in Türkheim denkbar. So wie hier auf dem Archivfoto der Sporthalle der Neu-Ulmer Berufsschu­le könnte es auch in der Turnhalle beim Türkheimer Gymnasium aussehen, wenn der Landkreis eine Beschlagna­hme anordnet.
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Foto: Rene Lauer (Archivbild) Das Gymnasium in Türkheim.

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