Mindelheimer Zeitung

Sein neues Leben in der Wüste

Fußballpro­fi Alexander Hack verdient jetzt in Saudi-Arabien sein Geld. Wie sich der Babenhause­r beim Zweitligis­ten Al-Quadsiah eingelebt hat.

- Interview: Stephan Schöttl

Herr Hack, Sie sind im vergangene­n Sommer vom FSV Mainz 05 aus der Bundesliga nach SaudiArabi­en zum Zweitligis­ten AlQuadsiah gewechselt – und haben damit für viel Gesprächss­toff gesorgt. Wie sind sie mit dem Rummel

umgegangen?

Alexander Hack: Das stimmt, es war natürlich mehr Interesse da als in Mainz in den vergangene­n Jahren. Aber auch nur, weil es gerade ein riesiges Thema in der FußballGes­ellschaft ist. Jeder, der mich nach meiner Meinung über SaudiArabi­en fragt, bekommt eine ehrliche Antwort. Es wird viel über das Land gesprochen. Ich finde es gut, dass ich mir nun selbst ein Bild vor Ort machen kann.

Ihr Team ist Tabellenzw­eiter und auf dem Weg in die erste Liga. Wie sieht Ihre Woche inzwischen aus? Hat sich im Vergleich zur Routine

in der Bundesliga viel geändert? Alexander Hack: Wir hatten in der Bundesliga zumindest immer einen groben Monatsplan, die einzelnen Wochen waren genau strukturie­rt. Hier haben wir zwar auch einen Wochenplan, aber es kann sich vieles ändern. In den Anfangszei­ten wussten wir am Tag selbst nicht einmal, wann wir trainieren.

Vermissen Sie manchmal die typisch deutschen Tugenden?

Alexander Hack: In Sachen Organisati­on und Pünktlichk­eit ist man aus Deutschlan­d natürlich etwas anderes gewohnt. Es war schon eine große Umstellung. Die Leute hier ticken einfach anders und gehen mit der einen oder anderen Situation entspannte­r um.

Was hat Sie so besonders gereizt an diesem Angebot aus einem Land, das fußballeri­sch gerade erst dabei ist aufzurüste­n?

Alexander Hack: (überlegt kurz) Um ehrlich zu sein: Natürlich war die finanziell­e Sicherheit ein wichtiger Aspekt. Ich hatte viele Gespräche mit anderen Vereinen. Dadurch, dass ich aber in der Sommerpaus­e eine Operation an der Leiste hatte, war es nicht einfach, einen Klub zu finden, bei dem es für mich zu 100 Prozent gepasst hätte. Als das Angebot aus SaudiArabi­en kam, haben meine Freundin und ich uns lange Gedanken gemacht. Mir war es wichtig, dass die Umgebung und die Lebensqual­ität passen. Wir haben zwei internatio­nale Flughäfen vor Ort, super Restaurant­s, Strände und eine abgegrenzt­e Siedlung, in der es alles gibt, was wir brauchen. Ich bin froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin.

Was beeindruck­t Sie am meisten an Saudi-Arabien?

Alexander Hack: Die Gastfreund­lichkeit. Die Saudis sind uns gegenüber sehr offen. Wir haben schon viele traditione­lle Essen miteinande­r veranstalt­et. Zum nationalen Feiertag haben wir diese typischen weißen Gewänder bekommen.

Haben Sie sich schon an die arabische Küche gewöhnt?

Alexander Hack: Es ist natürlich anders als bei uns. Aber es gibt hier internatio­nale Restaurant­ketten, fast mehr als ich es aus Mainz gewohnt bin, geschweige denn aus Babenhause­n (lacht). Ich ernähre mich seit sechs Jahren vegetarisc­h und das ist kein Problem hier.

Kommen wir zum Sportliche­n. Auf welchem Niveau wird in der zweiten saudischen Liga gekickt?

Alexander Hack: Wenn die internatio­nalen Spieler alle fit sind, könnten wir mit dem Al-Quadsiah FC in der 2. Bundesliga in Deutschlan­d eine gute Rolle spielen. Viele von uns haben schon in den Top5-Ligen Europas auf höchstem Niveau gespielt, waren dort mitunter auch Führungssp­ieler. Jetzt sind wir hier gelandet und versuchen, unseren Erfahrungs­schatz weiterzuge­ben. Die jungen Saudis haben gutes Zweit- bis Drittliga-Niveau. Die Jungs werden von Woche zu Woche besser. Sie sind sehr ehrgeizig. Ich bin gespannt, wo die Entwicklun­g noch hingeht.

Welchen Stellenwer­t hat Fußball denn generell in Saudi-Arabien?

Alexander Hack: Der war schon immer recht hoch. Man sieht überall Kinder, die Fußball spielen. Hier sind gefühlt alle Fans von Al-Hilal mit Neymar oder Al-Nassr mit Ronaldo und Mané. Die Leute laufen mit den Trikots der beiden großen Vereine herum, die Stadien dort sind brechend voll. Zu unseren Spielen kommen im Schnitt 6000 bis 7000 Zuschauer. Das könnte nächstes Jahr anders werden, wenn wir tatsächlic­h aufsteigen und dann gegen die Top-Teams spielen. Das wird auch für mich persönlich interessan­t. Ich freue mich jedenfalls auf Duelle mit solchen Stars.

Was genau ist denn Ihre Rolle in der Mannschaft?

Alexander Hack: Wir internatio­nale Spieler sollen den Fußball weiterentw­ickeln, die Qualität in der Mannschaft erhöhen und auch Werte aus unseren Ländern weitergebe­n.

Liverpool-Legende Robbie Fowler war anfangs Ihr Trainer, Ende Oktober musste er gehen. Jetzt hat mit Michel ein Spanier das Sagen. Hat sich dadurch die Spielphilo­sophie geändert?

Alexander Hack: Die Verantwort­lichen wollten attraktive­ren, offensiver­en Fußball sehen. Wir spielen jetzt hinten mit Viererkett­e, um mehr Torchancen zu kreieren. Das funktionie­rt, man darf aber nicht direkt Erfolge erwarten. Normalerwe­ise hat man für einen solchen Prozess eine ganze Vorbereitu­ng lang Zeit. Trotzdem sind wir natürlich erfahren genug, ein neues System schnell zu impliziere­n. Es wird von Tag zu Tag besser.

Ihr Herz, da machen Sie keinen Hehl daraus, hängt noch sehr an Mainz. Wie intensiv ist der Kontakt in die Heimat?

Alexander Hack: Ich habe neun Jahre in dem Verein gespielt, habe nicht nur Kollegen kennengele­rnt, sondern auch sehr gute Freunde. Natürlich habe ich noch viel Kontakt. Auch nach Hause ins Unterallgä­u. Ich freue mich, wenn die ersten Freunde zu Besuch kommen. Meine Eltern waren schon hier, erstmals in einem arabischen Land, und positiv überrascht.

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Foto: Imago Images/Martin Hoffmann Alexander Hack ist in Babenhause­n im Unterallgä­u groß geworden. Als Fußballpro­fi spielte er später fast zehn Jahre lang beim FSV Mainz 05. Seit Sommer ist er in der zweiten Liga Saudi-Arabiens aktiv.
 ?? Foto: Siegfried Rebhan ?? Alexander Hack weiß, wo seine Wurzeln sind: Den TSV Babenhause­n, seinen Heimatvere­in, besucht er regelmäßig.
Foto: Siegfried Rebhan Alexander Hack weiß, wo seine Wurzeln sind: Den TSV Babenhause­n, seinen Heimatvere­in, besucht er regelmäßig.

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