Sein neues Leben in der Wüste
Fußballprofi Alexander Hack verdient jetzt in Saudi-Arabien sein Geld. Wie sich der Babenhauser beim Zweitligisten Al-Quadsiah eingelebt hat.
Herr Hack, Sie sind im vergangenen Sommer vom FSV Mainz 05 aus der Bundesliga nach SaudiArabien zum Zweitligisten AlQuadsiah gewechselt – und haben damit für viel Gesprächsstoff gesorgt. Wie sind sie mit dem Rummel
umgegangen?
Alexander Hack: Das stimmt, es war natürlich mehr Interesse da als in Mainz in den vergangenen Jahren. Aber auch nur, weil es gerade ein riesiges Thema in der FußballGesellschaft ist. Jeder, der mich nach meiner Meinung über SaudiArabien fragt, bekommt eine ehrliche Antwort. Es wird viel über das Land gesprochen. Ich finde es gut, dass ich mir nun selbst ein Bild vor Ort machen kann.
Ihr Team ist Tabellenzweiter und auf dem Weg in die erste Liga. Wie sieht Ihre Woche inzwischen aus? Hat sich im Vergleich zur Routine
in der Bundesliga viel geändert? Alexander Hack: Wir hatten in der Bundesliga zumindest immer einen groben Monatsplan, die einzelnen Wochen waren genau strukturiert. Hier haben wir zwar auch einen Wochenplan, aber es kann sich vieles ändern. In den Anfangszeiten wussten wir am Tag selbst nicht einmal, wann wir trainieren.
Vermissen Sie manchmal die typisch deutschen Tugenden?
Alexander Hack: In Sachen Organisation und Pünktlichkeit ist man aus Deutschland natürlich etwas anderes gewohnt. Es war schon eine große Umstellung. Die Leute hier ticken einfach anders und gehen mit der einen oder anderen Situation entspannter um.
Was hat Sie so besonders gereizt an diesem Angebot aus einem Land, das fußballerisch gerade erst dabei ist aufzurüsten?
Alexander Hack: (überlegt kurz) Um ehrlich zu sein: Natürlich war die finanzielle Sicherheit ein wichtiger Aspekt. Ich hatte viele Gespräche mit anderen Vereinen. Dadurch, dass ich aber in der Sommerpause eine Operation an der Leiste hatte, war es nicht einfach, einen Klub zu finden, bei dem es für mich zu 100 Prozent gepasst hätte. Als das Angebot aus SaudiArabien kam, haben meine Freundin und ich uns lange Gedanken gemacht. Mir war es wichtig, dass die Umgebung und die Lebensqualität passen. Wir haben zwei internationale Flughäfen vor Ort, super Restaurants, Strände und eine abgegrenzte Siedlung, in der es alles gibt, was wir brauchen. Ich bin froh, dass ich diesen Schritt gegangen bin.
Was beeindruckt Sie am meisten an Saudi-Arabien?
Alexander Hack: Die Gastfreundlichkeit. Die Saudis sind uns gegenüber sehr offen. Wir haben schon viele traditionelle Essen miteinander veranstaltet. Zum nationalen Feiertag haben wir diese typischen weißen Gewänder bekommen.
Haben Sie sich schon an die arabische Küche gewöhnt?
Alexander Hack: Es ist natürlich anders als bei uns. Aber es gibt hier internationale Restaurantketten, fast mehr als ich es aus Mainz gewohnt bin, geschweige denn aus Babenhausen (lacht). Ich ernähre mich seit sechs Jahren vegetarisch und das ist kein Problem hier.
Kommen wir zum Sportlichen. Auf welchem Niveau wird in der zweiten saudischen Liga gekickt?
Alexander Hack: Wenn die internationalen Spieler alle fit sind, könnten wir mit dem Al-Quadsiah FC in der 2. Bundesliga in Deutschland eine gute Rolle spielen. Viele von uns haben schon in den Top5-Ligen Europas auf höchstem Niveau gespielt, waren dort mitunter auch Führungsspieler. Jetzt sind wir hier gelandet und versuchen, unseren Erfahrungsschatz weiterzugeben. Die jungen Saudis haben gutes Zweit- bis Drittliga-Niveau. Die Jungs werden von Woche zu Woche besser. Sie sind sehr ehrgeizig. Ich bin gespannt, wo die Entwicklung noch hingeht.
Welchen Stellenwert hat Fußball denn generell in Saudi-Arabien?
Alexander Hack: Der war schon immer recht hoch. Man sieht überall Kinder, die Fußball spielen. Hier sind gefühlt alle Fans von Al-Hilal mit Neymar oder Al-Nassr mit Ronaldo und Mané. Die Leute laufen mit den Trikots der beiden großen Vereine herum, die Stadien dort sind brechend voll. Zu unseren Spielen kommen im Schnitt 6000 bis 7000 Zuschauer. Das könnte nächstes Jahr anders werden, wenn wir tatsächlich aufsteigen und dann gegen die Top-Teams spielen. Das wird auch für mich persönlich interessant. Ich freue mich jedenfalls auf Duelle mit solchen Stars.
Was genau ist denn Ihre Rolle in der Mannschaft?
Alexander Hack: Wir internationale Spieler sollen den Fußball weiterentwickeln, die Qualität in der Mannschaft erhöhen und auch Werte aus unseren Ländern weitergeben.
Liverpool-Legende Robbie Fowler war anfangs Ihr Trainer, Ende Oktober musste er gehen. Jetzt hat mit Michel ein Spanier das Sagen. Hat sich dadurch die Spielphilosophie geändert?
Alexander Hack: Die Verantwortlichen wollten attraktiveren, offensiveren Fußball sehen. Wir spielen jetzt hinten mit Viererkette, um mehr Torchancen zu kreieren. Das funktioniert, man darf aber nicht direkt Erfolge erwarten. Normalerweise hat man für einen solchen Prozess eine ganze Vorbereitung lang Zeit. Trotzdem sind wir natürlich erfahren genug, ein neues System schnell zu implizieren. Es wird von Tag zu Tag besser.
Ihr Herz, da machen Sie keinen Hehl daraus, hängt noch sehr an Mainz. Wie intensiv ist der Kontakt in die Heimat?
Alexander Hack: Ich habe neun Jahre in dem Verein gespielt, habe nicht nur Kollegen kennengelernt, sondern auch sehr gute Freunde. Natürlich habe ich noch viel Kontakt. Auch nach Hause ins Unterallgäu. Ich freue mich, wenn die ersten Freunde zu Besuch kommen. Meine Eltern waren schon hier, erstmals in einem arabischen Land, und positiv überrascht.