Mindelheimer Zeitung

Lass dich drücken!

Auf der ganzen Welt umarmen wir Menschen uns. Aber warum? Forschende haben untersucht, was das mit uns macht.

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Arme ausbreiten und fest drücken. Fertig ist eine Umarmung. Das machen wir Menschen aus Freude, aber auch wenn jemand traurig ist. Eine Umarmung tröstet oder macht Mut. Wir umarmen uns auch, wenn wir Freunde und Verwandte begrüßen und gleich noch einmal, wenn wir sie wieder verabschie­den. Wir tun es länger, wenn wir uns lange nicht gesehen haben. Eine kürzere Umarmung reicht, wenn wir uns bald wieder treffen.

Auf der ganzen Welt umarmen sich Menschen. Warum das so ist, haben Forschende wie der Biopsychol­oge Sebastian Ocklenburg untersucht: „Eine Berührung sagt mehr als tausend Worte“, erklärt der Wissenscha­ftler. „Für die meisten Leute ist eine gefühlvoll­e Umarmung ein besonders starkes Zeichen.“Sie stärke die Verbindung von zwei Menschen. „Wer umarmt, gibt Halt und hält fest.“Das bedeute mehr, als zu sagen: Ich bin für dich da.

Was dabei im Körper passiert, kann man sogar messen. Forschende haben unter anderem bestimmte Botenstoff­e im Blut untersucht, die Hormone. Eines davon

ist als Bindungsho­rmon oder Kuschelhor­mon bekannt: Oxytocin. Ein anderes ist für Stress zuständig: Cortisol. „Eine Umarmung verstärkt die Ausschüttu­ng von Oxytocin“, erklärt Sebastian Ocklenburg. „Besonders bei längeren Umarmungen ab etwa fünf Sekunden geht das richtig los.“Gleichzeit­ig sinke die Menge des Stresshorm­ons Cortisol im Blut.

„Eine Umarmung kann uns deshalb hervorrage­nd beruhigen“, erklärt der Forscher. „Eltern können so zum Beispiel ihren Kindern Trost spenden oder Mut machen.“Meist wirke eine Umarmung besser als ein Pflaster und auch besser als gutes Zureden vor einer Prüfung in der Schule. „Kinder werden deshalb besonders häufig umarmt, etwa bis zum zehnten Lebensjahr.“Danach würden die Umarmungen seltener. Außer Eltern und Kinder umarmen sich auch Freunde und Liebende. Es berühren sich sogar Menschen, die sich weniger nahestehen: Fußballer stürzen beim Torjubel aufeinande­r zu, Spielkandi­daten im Fernsehen fallen sich um den Hals. Unbekannte umarmen sich auch, zum Beispiel, wenn etwas Schlimmes passiert ist wie in einer Naturkatas­trophe.

Außerdem umarmen wir uns heutzutage mehr als früher. „Vor dreißig Jahren war es noch nicht üblich, dass wir uns zur Begrüßung umarmen“, sagt Sebastian Ocklenburg. „Wir haben das in Filmen und Serien immer häufiger gesehen und schließlic­h übernommen.“Erst hätten sich vor allem Frauen umarmt, Männer eher weniger. Inzwischen umarmten sich aber mehr oder weniger alle Leute häufiger.

Das ist meist eine gute Sache, sofern uns Umarmungen guttun und gewünscht sind. Zum Weltknudde­ltag am 21. Januar könnten sich deshalb vielleicht alle fest in den Arm nehmen, die sich gernhaben. (Philipp Brandstädt­er, dpa)

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Foto: Annette Riedl, dpa Eine Umarmung kann wohltun.

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