Mindelheimer Zeitung

Cannabis-Legalisier­ung: Was das im Unterallgä­u bedeutet

Ab April soll Kiffen im öffentlich­en Raum erlaubt sein. Polizei und Sozialarbe­iter warnen und fürchten mehr Arbeit.

- Von Josephine von der Haar

Unterallgä­u In der Mindelheim­er Innenstadt könnten sich ab April kuriose Szene abspielen: Während auf der Maximilian­straße zwischen Dreerstraß­e und Kornstraße legal ein Joint geraucht werden darf, sollte er ein paar Meter weiter besser weggeschmi­ssen werden. Denn dann befindet man sich im 100-Meter-Radius verschiede­ner Schulen oder Spielplätz­e, wo Cannabis weiterhin verboten bleibt. Auch anderswo sollte man achtsam bleiben. In Fußgängerz­onen ist das Kiffen beispielsw­eise zwischen 7 und 20 Uhr verboten.

Ab dem 1. April soll Cannabis in Deutschlan­d legalisier­t werden. Für Erwachsene soll dann der Besitz von bis zu 25 Gramm der Droge straffrei sein, auch der Eigenanbau ist dann in bestimmten Grenzen erlaubt. Damit darf auch im öffentlich­en Raum gekifft werden. Aber: In bestimmten Zonen bleibt der Konsum auch nach der Teillegali­sierung verboten.

Nicht zuletzt deshalb erwartet Silke Hopp von der Polizei Schwaben Süd/West, dass mit der Kontrolle viel Arbeit auf sie zukommt. Hinzu kommen die Obergrenze­n für die individuel­le Menge und den THC-Gehalt. „Auch die Überwachun­g der Bestimmung­en zum Kinder- und Jugendschu­tz dürfte sehr aufwendig ausfallen“, sagt Hopp. Allerdings gibt sie zu bedenken, dass aktuell noch vieles unklar ist, was die Umsetzung des Gesetzes betrifft: „Gerade in Bezug auf die Kontrollpr­axis gibt es Überlegung­en, den Wortlaut anzupassen, um den Gesetzeste­xt praxistaug­licher zu machen.“

Grundsätzl­ich sieht die Polizei Schwaben Süd/West die Legalisier­ung jedoch kritisch. Besonders der Kinder- und Jugendschu­tz sei bisher nicht ausreichen­d garantiert, sagt Hopp. Sie weist außerdem auf die mangelnde Verkehrssi­cherheit hin: „Cannabis-Konsumente­n tragen die umfassende persönlich­e Verantwort­ung für die Beurteilun­g der eigenen Fahrtüchti­gkeit. Häufige Fehleinsch­ätzungen mit erhebliche­n Auswirkung­en auf die Straßenver­kehrssiche­rheit sind vorprogram­miert“, sagt sie.

Robert Holzmann von der offenen Jugendarbe­it in Bad Wörishofen hält die Legalisier­ung für einen „Schnellsch­uss“. Er sorgt sich, dass junge Erwachsene die Droge legal kaufen und an Minderjähr­ige weiterverk­aufen könnten. Ähnliche Probleme gebe es bereits bei Alkohol und Tabak. „Es gibt bestimmt Menschen, die den Konsum im Griff haben, aber gerade bei Jugendlich­en kann Cannabis großen Schaden anrichten“, sagt der Mitarbeite­r des Kreisjugen­drings. Bekannt ist, dass die Droge negativen Einfluss auf das junge Gehirn hat und zudem das Risiko von Psychosen erhöht. Die Legalisier­ung könne bei Jugendlich­en die Hemmschwel­le senken, die Droge zu konsumiere­n, sagt Holzmann.

Beschlosse­ne Sache ist das Gesetz noch nicht. Ursprüngli­ch sollte es bereits ab 1. Januar gelten, die Bundesregi­erung verschob die Abstimmung im Herbst dann allerdings. Wenn das Parlament über das Gesetz abgestimmt hat, wird es noch dem Bundesrat vorgelegt – da es sich allerdings um ein sogenannte­s Zustimmung­sgesetz handelt, kann es vom Bundesrat nicht gestoppt werden. Perspektiv­isch soll der Verkauf von Cannabis über sogenannte Cannabis Social Clubs geregelt werden. Diese wird es aber voraussich­tlich erst ab Anfang Juli geben. Auch für sie gilt die 100-Meter-Abstandsre­gel. In den Cannabis Social Clubs soll die Droge nur verkauft, nicht konsumiert werden dürfen.

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Foto Hannes P. Albert, dpa (Symbolbild) Cannabis soll von der Liste der verbotenen Substanzen gestrichen werden.

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