Cannabis-Legalisierung: Was das im Unterallgäu bedeutet
Ab April soll Kiffen im öffentlichen Raum erlaubt sein. Polizei und Sozialarbeiter warnen und fürchten mehr Arbeit.
Unterallgäu In der Mindelheimer Innenstadt könnten sich ab April kuriose Szene abspielen: Während auf der Maximilianstraße zwischen Dreerstraße und Kornstraße legal ein Joint geraucht werden darf, sollte er ein paar Meter weiter besser weggeschmissen werden. Denn dann befindet man sich im 100-Meter-Radius verschiedener Schulen oder Spielplätze, wo Cannabis weiterhin verboten bleibt. Auch anderswo sollte man achtsam bleiben. In Fußgängerzonen ist das Kiffen beispielsweise zwischen 7 und 20 Uhr verboten.
Ab dem 1. April soll Cannabis in Deutschland legalisiert werden. Für Erwachsene soll dann der Besitz von bis zu 25 Gramm der Droge straffrei sein, auch der Eigenanbau ist dann in bestimmten Grenzen erlaubt. Damit darf auch im öffentlichen Raum gekifft werden. Aber: In bestimmten Zonen bleibt der Konsum auch nach der Teillegalisierung verboten.
Nicht zuletzt deshalb erwartet Silke Hopp von der Polizei Schwaben Süd/West, dass mit der Kontrolle viel Arbeit auf sie zukommt. Hinzu kommen die Obergrenzen für die individuelle Menge und den THC-Gehalt. „Auch die Überwachung der Bestimmungen zum Kinder- und Jugendschutz dürfte sehr aufwendig ausfallen“, sagt Hopp. Allerdings gibt sie zu bedenken, dass aktuell noch vieles unklar ist, was die Umsetzung des Gesetzes betrifft: „Gerade in Bezug auf die Kontrollpraxis gibt es Überlegungen, den Wortlaut anzupassen, um den Gesetzestext praxistauglicher zu machen.“
Grundsätzlich sieht die Polizei Schwaben Süd/West die Legalisierung jedoch kritisch. Besonders der Kinder- und Jugendschutz sei bisher nicht ausreichend garantiert, sagt Hopp. Sie weist außerdem auf die mangelnde Verkehrssicherheit hin: „Cannabis-Konsumenten tragen die umfassende persönliche Verantwortung für die Beurteilung der eigenen Fahrtüchtigkeit. Häufige Fehleinschätzungen mit erheblichen Auswirkungen auf die Straßenverkehrssicherheit sind vorprogrammiert“, sagt sie.
Robert Holzmann von der offenen Jugendarbeit in Bad Wörishofen hält die Legalisierung für einen „Schnellschuss“. Er sorgt sich, dass junge Erwachsene die Droge legal kaufen und an Minderjährige weiterverkaufen könnten. Ähnliche Probleme gebe es bereits bei Alkohol und Tabak. „Es gibt bestimmt Menschen, die den Konsum im Griff haben, aber gerade bei Jugendlichen kann Cannabis großen Schaden anrichten“, sagt der Mitarbeiter des Kreisjugendrings. Bekannt ist, dass die Droge negativen Einfluss auf das junge Gehirn hat und zudem das Risiko von Psychosen erhöht. Die Legalisierung könne bei Jugendlichen die Hemmschwelle senken, die Droge zu konsumieren, sagt Holzmann.
Beschlossene Sache ist das Gesetz noch nicht. Ursprünglich sollte es bereits ab 1. Januar gelten, die Bundesregierung verschob die Abstimmung im Herbst dann allerdings. Wenn das Parlament über das Gesetz abgestimmt hat, wird es noch dem Bundesrat vorgelegt – da es sich allerdings um ein sogenanntes Zustimmungsgesetz handelt, kann es vom Bundesrat nicht gestoppt werden. Perspektivisch soll der Verkauf von Cannabis über sogenannte Cannabis Social Clubs geregelt werden. Diese wird es aber voraussichtlich erst ab Anfang Juli geben. Auch für sie gilt die 100-Meter-Abstandsregel. In den Cannabis Social Clubs soll die Droge nur verkauft, nicht konsumiert werden dürfen.