Untreueprozess geht in die nächste Runde
Ende Dezember wurde ein ehemaliger leitender Mitarbeiter der Gemeinde Türkheim zu einer Geldstrafe von 8000 Euro wegen Untreue verurteilt. Damit hatten viele die Affäre für beendet gehalten. Ein Irrtum.
Eigentlich sollte mit der Verhandlung vor dem Amtsgericht Memmingen gegen eine ehemalige Führungskraft der Türkheimer Verwaltung ein Schlussstrich unter die Affäre gezogen werden, die monatelang für Gesprächsstoff in Türkheim gesorgt hatte. Der ehemaligen Führungskraft des Türkheimer Rathauses wurde Untreue vorgeworfen. Zum Prozess Ende Dezember war es überhaupt erst gekommen, weil der Beschuldigte gegen einen Strafbefehl über 18.000 Euro oder 120 Tagessätze zu je 150 Euro wegen Untreue vom Juni Widerspruch eingelegt hatte. Das neue, mildere Urteil lautete dann auf eine Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 100 Euro. Ein Ende der juristischen Auseinandersetzung? Noch lange nicht! Das Verfahren wird die Justiz doch noch weiterbeschäftigen.
Nicht mehr vor dem Amtsgericht, sondern in der nächsthöheren Instanz vor dem Landgericht Memmingen wird weiterverhandelt werden. Denn beide vor Gericht vertretenen Parteien haben gegen das Urteil von Amtsrichter Nicolai Braun das Rechtsmittel der Berufung eingelegt.
Dies bestätigte das Amtsgericht Memmingen auf Anfrage unserer Redaktion. Weil sowohl durch die Verteidigung als auch die Staatsanwaltschaft Berufung eingelegt wurde, sei das Urteil nicht rechtskräftig.
Das Berufungsverfahren sieht laut der Sprecherin des Amtsgerichts Memmingen die erneute Durchführung einer Hauptverhandlung vor. Das Berufungsverfahren werde dann beim Landgericht Memmingen geführt. Eine mögliche Zeitplanung für das weitere Verfahren und damit ein neuer Termin seien derzeit noch nicht absehbar.
Amtsrichter Nicolai Braun hatte den Angeklagten in der Verhandlung kurz vor Weihnachten zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 100 Euro verurteilt und damit den ursprünglichen Strafbefehl von 18.000 Euro deutlich reduziert. Die Staatsanwaltschaft hatte eine Geldstrafe in Höhe von 100 Tagessätzen zu je 100 Euro gefordert, der Rechtsanwalt des Angeklagten hielt eine Geldstrafe von unter 90 Tagessätzen für ausreichend. Damit wäre die einstige Führungskraft nicht vorbestraft.
Die Staatsanwaltschaft Memmingen hatte dem einstigen leitenden Angestellten in der Anklageschrift vorgeworfen, Ende Oktober 2022 über mehrere Tage einen Lkw, einen Radlader und einen Unimog mit Hänger aus dem Fuhrpark des Marktes Türkheim eingesetzt zu haben, um Gartenarbeiten an seinem neuen Haus vorzunehmen. Dies seien vier Fälle der Untreue. Die hierdurch der Marktgemeinde entstandenen Kosten, die sich in einem Fall auf einen mittleren dreistelligen Eurobetrag und in den zwei weiteren Fällen auf einen niedrigen vierstelligen Eurobetrag belaufen haben sollen, seien der Gemeinde durch den Angeklagten nicht erstattet worden. Zudem soll der Angeklagte eines der Fahrzeuge der Marktgemeinde Türkheim auf Rechnung betankt haben, ohne dieser die Kosten, die sich auf einen niedrigen dreistelligen Eurobetrag beliefen, zu erstatten. Der frühere Rathausmitarbeiter gab diesen Umstand auch zu. Im Prozess schilderte er die Folgen dieser Vorgänge, Verlust der Arbeitsstelle, Zukunftsängste und Bloßstellung in der Öffentlichkeit durch die Presseberichterstattung. Er schlafe heute noch schlecht.
Die Führungskraft ließ vor Gericht durchblicken, dass es in Türkheim wohl früher üblich war, dass man sich im Bauhof gegenseitig geholfen habe. Erst als ein Türkheimer Anzeige erstattete, wurde die Angelegenheit öffentlich. Es folgte die fristlose Kündigung durch die Gemeinde Türkheim. Die Ereignisse hätten ihn geradezu überrollt und schließlich sei auch noch ein Strafbefehl des Amtsgerichtes in Höhe von 18.000
Euro ins Haus geflattert, so der Angeklagte vor dem Amtsgericht.
Amtsrichter Nicolai Braun ließ in seiner Urteilsbegründung im Dezember die Vorgänge nochmals Revue passieren. Der Knackpunkt sei, dass sich der Angeklagte keine Genehmigung für die Benutzung der Geräte durch den Bürgermeister eingeholt habe. Wenn man die Folgen anschaue, könne man sagen, der Angeklagte sei eigentlich schon gestraft genug. Als Person der Öffentlichkeit sei er von der Öffentlichkeit abgestraft worden. Dennoch habe er sich einer Pflichtverletzung schuldig gemacht.
Vonseiten der Staatsanwaltschaft wurde jetzt gegen dieses Urteil Berufung eingelegt, um die Fristen zu wahren. Nach Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe solle entschieden werden, ob an der Berufung festhalten wird, so Oberstaatsanwalt Thorsten Thamm auf Anfrage unserer Redaktion. Der Rechtsanwalt des Angeklagten war nicht zu einer Stellungnahme bereit.