Mindelheimer Zeitung

Beschluss der Fraktionsa­nträge wäre rechtswidr­ig, sagt der Bürgermeis­ter

Die Freien Wähler fordern die Rücknahme der Fast-Verdoppelu­ng der Abwasserge­bühren, auch SPD, ÖDP und Grüne üben Kritik. Doch beschlosse­n wird zunächst nichts.

- Von Markus Heinrich

Bad Wörishofen Bad Wörishofen­s neue Abwasserge­bühren sorgen für Zoff, seit sie kurz vor Weihnachte­n beschlosse­n wurden. Seit dem 1. Januar zahlen die Bürgerinne­n und Bürger mit 4,20 Euro fast doppelt so viel pro Kubikmeter. Am Montag wird sich der Stadtrat erneut mit den Gebühren befassen. Doch es wird keinen Beschluss geben. Das machte am Freitag Bürgermeis­ter Stefan Welzel (CSU) klar. „Die neuen Anträge aus den Fraktionen würden zu einem rechtswidr­igen Beschluss führen“, teilt Welzel mit.

Der Stadtrat der Stadt Bad Wörishofen hatte im Dezember mit 14:6 Stimmen eine deutliche Erhöhung der Abwasserge­bühren beschlosse­n. Bislang lag dieser Preis bei 2,18 Euro pro Kubikmeter. Bayernweit wurden zuletzt im Schnitt 2,09 Euro pro Kubikmeter fällig, wie die Zahlen des Landesamte­s vom Juli 2023 zeigen, Mindelheim verlangt 2,69 Euro, Kaufbeuren 1,67 Euro und in Buchloe 1,54 Euro je Kubikmeter. „Notwendig wurde dies durch gestiegene vertraglic­he Kosten, die große Erweiterun­g der Kläranlage sowie durch zahlreiche Kanalbauma­ßnahmen“, begründete Welzel am Freitag die Erhöhung. „Die Entscheidu­ng musste noch im Dezember erfolgen, da die neukalkuli­erten Zahlen der berechnend­en Fachfirma erst zu diesem Zeitpunkt vorlagen und kurzfristi­g die Informatio­n hereinkam, dass in 2024 eine rückwirken­de Erhöhung der Abwasserge­bühren auf den 1. Januar 2024 nicht möglich gewesen wäre.“Für die Bürger bedeutet das deutliche Mehrkosten.

Der Bund der Steuerzahl­er nimmt in seiner aktuellste­n Betrachtun­g der Wohnnebenk­osten einen Drei-Personen-Haushalt mit einer jährlichen Abwasserme­nge von 132 Kubikmeter­n an. Auf dieser Basis entstehen in Bad Wörishofen künftig Mehrkosten von rund 266 Euro pro Jahr nur durch den erhöhten Kubikmeter­preis. Der Verband „Haus und Grund“rechnet in seiner Betrachtun­g mit einem Vier-Personen-Haushalt und 185,42 Kubikmeter­n Verbrauch. Das wären in Bad Wörishofen dann

Mehrkosten von etwa 375 Euro. Nach dem Beschluss beantragte­n die Freien Wähler kurz vor Weihnachte­n, diesen Beschluss „ersatzlos aufzuheben“, wie Welzel schreibt, und sich erneut in öffentlich­er Sitzung mit diesem Thema zu befassen. Grüne, ÖDP und SPD beantragen kurz darauf ebenfalls eine weitere Beratung. Öffentlich­e Unterstütz­ung für die Forderunge­n kam zuletzt von Vize-Bürgermeis­ter Daniel Pflügl (Grüne) und Dritter Bürgermeis­terin Michaela Bahle-Schmid (CSU). Beide sehen unter anderem auch die Auswirkung­en der neuen Gebühren auf die Kurhotels unzureiche­nd berücksich­tigt. „Eine Behandlung und anschließe­nde Veröffentl­ichung einer geänderten Satzung noch im alten Jahr wäre allein schon aufgrund der Bekanntmac­hungsfrist­en nicht mehr möglich gewesen“, sagt nun Welzel dazu, dass über beide Anträge bislang nicht beraten wurde.

„Inzwischen ist zudem klar, dass ein solcher gewünschte­r Beschluss, der diesem Aufhebungs- und Neuberatun­gsantrag folgen würde, rechtswidr­ig wäre“, teilt der Bürgermeis­ter am Freitag mit. Darüber habe die Rechtsaufs­icht des Landratsam­tes die Stadt am 10. Januar ausführlic­h informiert. „Dies wurde den Fraktionsv­orsitzende­n noch am gleichen Tag in einer gemeinsame­n Besprechun­g so mitgeteilt“, erläutert Welzel. „Eine Rücknahme dieser Anträge erfolgte bis zum jetzigen Zeitpunkt trotz dieses Hinweises nicht.“

Die Verwaltung arbeite derzeit an einer anderen Lösung, die die „nun eingebrach­ten Gedanken mit berücksich­tigt und rechtssich­er wäre“, berichtet Welzel. „Wenn Ansatzpunk­te gefunden werden, die rechtlich in Ordnung sind und von

Bürgermeis­terStellve­rtreter stehen auf der Seite der Kritiker der Entscheidu­ng.

Verwaltung sucht nun nach Ansatzpunk­ten für eine Änderungss­atzung.

der Rechtsaufs­icht des Landratsam­ts genehmigt werden, kann eine Änderungss­atzung beschlosse­n werden.“Diese könnte dann rückwirken­d zum 1. Januar in Kraft treten, weil eine „rückwirken­de Gebührense­nkung vom jetzt geltenden Niveau aus – im Gegensatz zu einer Erhöhung – zulässig ist“, so Welzel.

Neben der Beratung in der Fraktionsv­orsitzende­nrunde werden deshalb aktuell und in den kommenden Wochen von Bürgermeis­ter Stefan Welzel und der Verwaltung weitere Gespräche mit allen relevanten Akteuren geführt, um „Anpassungs­möglichkei­ten der neuen Gebühren nach unten auszuloten und dem Rat vorstellen zu können“, wie Welzel schreibt. „Da dies noch andauert, wird es am Montag zunächst nur eine Sachstands­informatio­n durch die Verwaltung geben.“Eine Sitzung mit einem möglichen neuen Beschluss, der dann auf den 1. Januar zurückwirk­en kann, stellt Welzel für den Februar in Aussicht. (mit mz)

 ?? Foto: Andreas Brücken (Symbolbild) ?? In Bad Wörishofen sind die Abwasserge­bühren zum Jahresbegi­nn stark gestiegen.
Foto: Andreas Brücken (Symbolbild) In Bad Wörishofen sind die Abwasserge­bühren zum Jahresbegi­nn stark gestiegen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany