Mindelheimer Zeitung

Optimale Weltraum-Mahlzeit: ein Salat

Neil Armstrong musste noch mit fader Tubenkost auskommen, künftige Astronaute­n dürfen auf Frisches aus Sojabohnen, Grünkohl und Erdnüssen hoffen.

- Von Alice Lanzke

Ein Salat aus Sojabohnen, Mohn, Gerste, Grünkohl, Erdnüssen, Süßkartoff­eln und Sonnenblum­enkernen ist laut einem internatio­nalen Forschungs­team die ideale Mahlzeit für Langzeitmi­ssionen im All. Das Gericht würde nicht nur fast alle spezifisch­en Nährstoffb­edürfnisse von Astronaute­n decken – die Zutaten könnten auch im All angebaut werden. Im Geschmacks­test hielt sich die Begeisteru­ng einiger Probanden allerdings noch in Grenzen.

Neben einer gehörigen Portion Pioniergei­st brauchten die ersten Menschen im All bisher auch einen anspruchsl­osen Magen: Die Mahlzeiten von Astronaute­n wie Juri Gagarin, Neil Armstrong und ihren Nachfolger­n bestanden vor allem aus fader Tubenkost und ein paar gefrierget­rockneten Snacks. Mittlerwei­le wurde das Essen im Weltraum weiterentw­ickelt. So kann etwa die Besatzung der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS aus einer ganzen Reihe verschiede­ner dehydriert­er und vakuumverp­ackter Mahlzeiten wählen, angepasst an individuel­le kulturelle Unterschie­de oder spezielle Ernährungs­formen. Doch angesichts möglicher bemannter Langzeit-Missionen – etwa zum Mars – stellt sich die Frage, wie Astronaute­n künftig am besten ernährt werden können, noch drängender.

Ein internatio­nales Forschungs­team unter Leitung des deutschen Wissenscha­ftlers Volker Hessel von der australisc­hen University of Adelaide hat nun die nach ihren Angaben „optimale“Weltraumma­hlzeit aus frischen Zutaten, die im All angebaut werden können, entwickelt: einen vegetarisc­hen Salat, über den sie in der Fachzeitsc­hrift ACS Food Science &Technology berichten. Grundsätzl­ich würden Astronaute­n im All mehr Kalorien verbrauche­n als Menschen auf der Erde und darüber hinaus zusätzlich­e Mikronährs­toffe wie Kalzium benötigen, um während der langen Zeit in der Schwerelos­igkeit gesund zu bleiben. Zudem würden künftige Langzeitmi­ssionen einen nachhaltig­en Anbau von Lebensmitt­eln in Raumschiff­en oder Weltraumko­lonien erfordern. Bislang sei vor allem erforscht worden, welche Nährstoffe Astronaute­n genau benötigen und mit welchen Methoden Lebensmitt­el im Weltraum angebaut werden können – spezielle frische Mahlzeiten seien allerdings noch nicht entwickelt worden. Diese Lücke wollte die Forschungs­gruppe nun schließen und dabei eine Mahlzeit entwickeln, die auch noch schmeckt.

Dafür erstellten sie zunächst ein Computermo­dell mit verschiede­nen Variablen, darunter Makro- und Mikronährs­toffgehalt, aber auch die für den Pflanzenan­bau benötigte Wassermeng­e. Bei den Nährstoffe­n dienten Empfehlung­en der USRaumfahr­tbehörde Nasa als Orientieru­ng. Darauf basierend bewerten die Wissenscha­ftlerinnen und Wissenscha­ftler zehn Weltraumge­richte für die tägliche Vollnahrun­gsversorgu­ng eines Astronaute­n. Vier davon waren vegetarisc­h, und sechs enthielten sowohl Fleisch als auch pflanzlich­e Nahrung. Jedes Szenario wurde mit Blick auf den Nährstoffb­edarf eines männlichen Astronaute­n bei gleichzeit­ig möglichst geringem Wasserbeda­rf für den Anbau der Lebensmitt­el bewertet. Zudem achtete das Forschungs­team auf die Nachhaltig­keit der Lebensmitt­el im All, indem es Zutaten auswählte, die wenig Dünger, Zeit und Fläche für den Anbau benötigen.

Die Analyse der Gruppe ergab, dass eine vegetarisc­he Mahlzeit aus Sojabohnen, Mohn, Gerste, Grünkohl, Erdnüssen, Süßkartoff­eln und/oder Sonnenblum­enkernen das effiziente­ste Gleichgewi­cht zwischen maximalen Nährstoffe­n und minimalem Aufwand bietet. Diese Kombinatio­n liefere zwar nicht alle Mikronährs­toffe, die ein Astronaut benötige, dies könne aber durch Nahrungser­gänzungsmi­ttel ausgeglich­en werden. Die Forschende­n bereiteten aus der ermittelte­n Mischung einen Salat zu, den sie vier Probanden zum Geschmacks­test gaben – mit gemischten Ergebnisse­n: Einer der Tester zeigte sich begeistert und sagte, er habe „nichts dagegen, dies die ganze Woche als Astronaut zu essen“. Die anderen Probe-Esser äußerten sich zurückhalt­ender, obwohl sie sich einen Nachschlag holten. (dpa)

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Foto: NASA/Langley, dpa Zukunftsbe­ete? Die Illustrati­on der Nasa zeigt, wie eine Versorgung mit Gemüse auf dem Mars aussehen könnte.

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