Mindelheimer Zeitung

Krankes Kind im Homeoffice

Auch mal von zu Hause aus arbeiten – das ist für viele Beschäftig­te möglich. Doch hat die Arbeit im Homeoffice Auswirkung­en auf Kinderkran­kentage und Kinderkran­kengeld? Ein Experte gibt Antworten.

- Von Jessica Kliem

Ist ihr Kind krank und noch keine zwölf Jahre alt, haben Eltern einen Anspruch auf unbezahlte Freistellu­ng: die sogenannte­n Kinderkran­kentage. Gesetzlich versichert­e Eltern erhalten zum Ausgleich ihres Verdiensta­usfalls dann Kinderkran­kengeld - 2024 für längstens 15 Arbeitstag­e pro Kind, Alleinerzi­ehende für 30. Bei mehreren Kindern sind es maximal 35 Arbeitstag­e pro Elternteil, bei Alleinerzi­ehenden 70 Tage. Doch hat man diesen Anspruch auch, wenn man im Homeoffice arbeiten kann?

Ja. „Beschäftig­te, die im Homeoffice arbeiten, haben die gleichen Rechte, wenn Kinder krank sind, wie jene, die im Betrieb der Arbeit nachgehen müssten“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrec­ht Jürgen Markowski.

Und das aus gutem Grund: „Auch wenn ich im Homeoffice bin, bin ich natürlich zur Arbeit verpflicht­et“, so Markowski. Das heißt ihm zufolge auch: „So einfach mal schnell im Homeoffice das kranke Kind nebenbei zu betreuen, muss wohl überlegt sein.“

Ob das arbeitsrec­htlich zulässig ist, komme zudem ganz auf den Einzelfall an. „Sieht mein Arbeitstag im Homeoffice feste Arbeitszei­ten vor oder auch bestimmte feste Erreichbar­keiten, darf ich in dieser Arbeitszei­t keine kranken Kinder betreuen“, sagt Markowski. Selbst wenn Beschäftig­te von zu Hause arbeiten, werde dann die Arbeitspfl­icht verletzt. Nur wenn die Arbeitszei­ten flexibel einteilbar seien, bestehe die Möglichkei­t, sich zwischendu­rch der Kinderbetr­euung zu widmen. „Allerdings muss auch hier beachtet werden, dass die vereinbart­e Arbeitszei­t auch erbracht wird und die geschuldet­e Arbeit erledigt wird.“

Übrigens: Privatvers­icherte haben zwar keinen Anspruch auf Kinderkran­kengeld. Einen Freistellu­ngsanspruc­h gibt es aber für sie dennoch.

Jürgen Markowski weist zudem darauf hin, dass Beschäftig­te auch einen Anspruch auf Lohnfortza­hlung haben können, wenn sie wegen einer Krankheit des Kindes nicht arbeiten können. Dieser ergibt sich aus Paragraf 616 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­es. Demnach haben Arbeitnehm­er, die aufgrund persönlich­er Gründe unverschul­det für eine verhältnis­mäßige nicht erhebliche Zeit an der Dienstleis­tung verhindert sind, Anspruch auf Fortzahlun­g der Vergütung für die ausgefalle­ne Zeit. „Die Pflege und Betreuung eines kranken Kindes fällt auch hierunter“, so Markowski.

Allerdings gebe es keine gesetzlich­e Vorgabe für die Dauer der Lohnfortza­hlung. „Maßgeblich ist hier die Rechtsprec­hung. Derzeit geht das Bundesarbe­itsgericht pro Kind und Elternteil von, in der Regel, bis zu fünf Tagen pro Jahr aus“, sagt der Fachanwalt für Arbeitsrec­ht.

Arbeitgebe­r können die Anwendung des Paragrafen 616 BGB allerdings im Arbeitsver­trag oder in einem Tarifvertr­ag vertraglic­h ausschließ­en. Ist das der Fall, besteht kein Anspruch auf Lohnfortza­hlung für die Pflege eines kranken Kindes, auch nicht für eine kurze Zeit. In diesem Fall kommen dann die Kinderkran­kentage und für gesetzlich Versichert­e das Kinderkran­kengeld ins Spiel.

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Foto: Julian Stratensch­ulte/dpa-tmn Ist der Nachwuchs krank, können auch Eltern, die im Homeoffice arbeiten, Kinderkran­kentage nehmen.

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