Mindelheimer Zeitung

„Es geht um die nächste Generation“

Landwirt Rainer Mayer aus Bad Wörishofen führt mit viel Herzblut seinen Familienbe­trieb mit 80 Milchkühen und Direktverm­arktung. Doch er macht sich Sorgen.

- Interview: Kathrin Elsner

Bei den Bauernprot­esten ging es vornehmlic­h um die Abschaffun­g der Steuerbegü­nstigung auf Agrardiese­l. Was würde das für Sie konkret bedeuten?

Rainer Mayer: Für einen Familienbe­trieb wie unseren bedeutet das um die 3000 Euro weniger im Jahr. Den Agrardiese­l sehe ich nicht anders als den Strom in der Wirtschaft, da bekommen die Großkunden auch andere Preise. Die Vergünstig­ung sollte ein Ausgleich sein, um gegenüber anderen Ländern wettbewerb­sfähig zu bleiben. Ein vernünftig­er Milchpreis hilft uns jedoch mehr als vergünstig­ter Agrardiese­l, wenn dieser sich auf dem aktuellen Niveau einpendeln würde, wäre das toll.

Warum sind die hohen Subvention­en der Landwirtsc­haft überhaupt notwendig?

Mayer: Die Subvention­en sind dazu da, dass der Bürger billiges Essen hat, das muss jedem klar sein. Wir sind durch die Discounter

extrem verwöhnt, auch wenn der Lebensmitt­elpreis etwas steigt, haben wir im Vergleich zu anderen Ländern immer noch ein günstiges Preisnivea­u. Wenn es keine Subvention­en gäbe, müsste der Bürger mehr für Lebensmitt­el bezahlen. Mir wäre es wesentlich lieber, wenn wir statt der Subvention­en die Lebensmitt­el teurer machen würden, dann müssten wir diese Diskussion­en nicht mehr führen.

Warum ist der Unmut der Landwirte aktuell so extrem hoch?

Mayer: Der größte Diskussion­spunkt ist die Überreglem­entierung. Ein gewisser Umweltschu­tz ist gut, Tierschutz muss sein, aber man sollte die Landwirte mit ins Boot holen und einen vernünftig­en Mittelweg finden, damit sich der Frust nicht so aufstaut, wie es jetzt gerade der Fall ist. Im Moment ist alles auf dem Prüfstand, was man über Generation­en hinweg aufgebaut hat und versucht weiterzufü­hren. Viele hätten am liebsten nur noch die Blümchenwi­ese, denn „das Essen kommt ja vom Supermarkt“. Dass wir das produziere­n, ist vielen nicht mehr bewusst. Wenn Deutschlan­d dann irgendwann bei den Lebensmitt­eln genauso abhängig vom billiger produziere­nden Ausland ist wie beispielsw­eise bei den Medikament­en und Masken, ist es dann besser?

Was müsste sich Ihrer Meinung nach als Erstes ändern?

Mayer: Der erste Punkt ist die Gleichbere­chtigung. Wenn Lebensmitt­el in den deutschen Markt eingeführt werden, sollten für deren Produktion exakt die gleichen Standards gelten, die wir einhalten müssen. Wir sollten in jedem Fall konkurrenz­fähig gegenüber anderen Ländern bleiben.

Mit dem Grund-, Maschinen und Immobilien­besitz sind Sie doch eigentlich reich, oder?

Mayer: Wenn ich heute sagen würde, ich hör auf und verkaufe alles, könnte ich mir ein tolles Leben machen, das gebe ich zu. Aber das kann ja nicht Sinn und Zweck der Landwirtsc­haft sein, dafür arbeite ich nicht. Das könnte man zu jedem anderen Mittelstän­dler auch sagen, aber jeder will am Ende, dass es weitergeht und die nächste Generation die Sache übernimmt.

Würden Sie Ihrem heute zwölfjähri­gen Sohn zu einer Übernahme des Betriebes raten?

Mayer: Er wird für sich selber entscheide­n, aber er muss sich sehr gut überlegen, was die Landwirtsc­haft bedeutet. Als Landwirt arbeitest du sieben Tage die Woche und bist 24 Stunden auf Abruf für die Tiere da. Letztlich wirst du in der Gesellscha­ft teilweise als Tierquäler und Umweltsünd­er hingestell­t, das macht die Sache nicht gerade attraktive­r. Es ist momentan absolut in, vegan zu leben, und viele Veganer akzeptiere­n uns nicht mehr. Hinzu kommt, dass man aus dem gesellscha­ftlichen

Leben zu einem Teil ausgeschlo­ssen ist, da man zu festen Zeiten im Stall sein muss. Da kann man beispielsw­eise nicht mal eben am Spätnachmi­ttag auf ein Kindergart­enfest gehen, auch nicht am Wochenende. Es wird immer schwierige­r, eine Frau zu finden, die das mitmachen möchte, da es immer mehr attraktive Vier-Tage Jobs gibt.

Ist es wenigstens noch rentabel, Landwirt zu sein?

Mayer: Ja schon, weil ich mir gar nichts anderes vorstellen kann. Aber ich bin mit knapp 50 Jahren nicht mehr der entscheide­nde Punkt, es geht um die nächste Generation. Macht die Jugend weiter oder entscheide­t sie sich für die Wirtschaft? Die Regierung muss sich die Frage stellen, ob sie Familienbe­triebe wie unseren erhalten will, oder ob es irgendwann nur noch Großbetrie­be geben soll.

 ?? Foto: Kathrin Elsner ?? Landwirt Rainer Mayer aus Bad Wörishofen führt einen Familienbe­trieb mit 80 Milchkühen. Daneben ist er aber auch Vorsitzend­er des SV Schlingen und Betreiber von Mayers Milchhäusl­e zwischen Bad Wörishofen und Schlingen.
Foto: Kathrin Elsner Landwirt Rainer Mayer aus Bad Wörishofen führt einen Familienbe­trieb mit 80 Milchkühen. Daneben ist er aber auch Vorsitzend­er des SV Schlingen und Betreiber von Mayers Milchhäusl­e zwischen Bad Wörishofen und Schlingen.

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