Kaufbeurer setzen Zeichen gegen Rechts
200 Menschen positionieren sich bei einer Mahnwache gegen Deportationsfantasien. Warum das Aktionsbündnis auch auf die Vergangenheit in der Region blickt.
Von Mathias Wild
200 Menschen setzten am Samstag in Kaufbeuren ein klares Zeichen gegen Rechts. Bei klirrender Kälte versammelten sie sich am Neptunbrunnen zu einer zweieinhalbstündigen Mahnwache. Aufgerufen dazu hatte das Kaufbeurer Bündnis gegen Rechts, eine Verbindung aus verschiedenen Parteien, Organisationen, Kirchen und Privatpersonen. „Wir schließen uns allen anderen Demonstranten in Deutschland an, die an diesem Wochenende auf die Straße gehen“, sagte Catrin Riedl, eine der Organisatorinnen. Bundesweit waren 90 Kundgebungen geplant.
Grund für die Demonstrationen ist die Enthüllung über ein Geheimtreffen in Potsdam. Rechtsextreme und AfD-Vertreter schmiedeten dort laut dem RechercheNetzwerk
Correctiv Pläne, wie sie Millionen Ausländer, die in Deutschland leben, und auch deutsche Staatsbürger abschieben können. Deportationen und „Remigrationen“seien plötzlich wieder denkbar. „Damit zeigen sie ihr wahres Gesicht und dass sie der Wolf im Schafspelz sind“, sagte Riedl über die Akteure vom rechten Rand. Sie zeigte sich überrascht und begeistert über den großen Zuspruch zu der kurzfristig angemeldeten Veranstaltung.
„Wir gedenken heute auch der Opfer von Verschleppungen und Vertreibungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg“, erklärte Mitorganisatorin Monika Schmauch. Damit wollten sie an die großen Deportationsereignisse im 20. Jahrhundert erinnern, von denen die Region unmittelbar betroffen war. Kaufbeuren sei in der Geschichte drei Mal von Deportationen
tangiert gewesen, berichtete Riedl. „Neugablonz ist das greifbarste Beispiel dafür“, so die SPDStadträtin und Aktivistin der Initiative „Omas gegen Rechts“.
Aber auch von der Vernichtung von Menschen mit Behinderung während der NS-Zeit im Vorgängerhaus
des heutigen Bezirkkrankenhauses und von den Ergebnissen der Wannseekonferenz sei Kaufbeuren betroffen gewesen, sagte Bernhard Kichbichler. Steinholz sei ein Vernichtungslager gewesen, in dem die Deportierten durch Hunger, Krankheit und Arbeit
zu Tode gekommen seien. „Wir möchten an alle erinnern, die damals nicht gefragt wurden, ob sie das so wollen“, sagte Schmauch. „Wir müssen dastehen und wir müssen sagen, nein, wir wollen das so nicht.“Viele Teilnehmer hatten Schilder mitgebracht, auf denen unter anderem „Stoppt die AFD“, „Nie wieder ist jetzt“und „Keine Bühne der AFD“zu lesen war.
Zu Irritationen kam es laut Riedl, da zwei Geschäfte im Umfeld der Kundgebung ab 11 Uhr wegen der angemeldeten Veranstaltung ihre Türen schlossen. Die Geschäftsbetreiber hätten damit verhindern wollen, sagte sie, dass Demonstrationsteilnehmer in die Läden kommen, um sich aufzuwärmen. Außerdem sei deren Umsatz „kaputtgemacht“worden, weil sich niemand mehr durchgetraut hätte, so Riedl.