Mindelheimer Zeitung

Pendler vom erneuten Streik der Lokführer genervt

Sechs Tage lang wollen die GDL-Lokführer ab Mittwoch streiken. Pendler am Bahnhof von Bad Wörishofen sagen, was sie davon halten.

- Von Kathrin Elsner

„GDL-Streik: Bahnverkeh­r massiv beeinträch­tigt“ist schon am Montagaben­d als Laufschrif­t auf der Anzeigetaf­el des Bahnhofs von Bad Wörishofen zu lesen. Die Lokführerg­ewerkschaf­t hat ab Mittwoch zum sechstägig­en Streik im Personenve­rkehr aufgerufen. Heribert Förster pendelt seit 26 Jahren von der Kneippstad­t nach Augsburg. Der erneute Streik stoße auf nicht viel Verständni­s unter den Fahrgästen, sagt er: „Es nervt eigentlich alle.“

Bei nasskaltem Winterwett­er fährt der Regional-Express aus Augsburg in Bad Wörishofen ein. Aufgrund des Sackbahnho­fs muss der Lokführer in den Führerstan­d am anderen Ende des Zugs wechseln. „Ich sollte schon wieder weiterfahr­en“, sagt er sichtlich gestresst. Als wir ihn nach einem Kommentar zum erneuten Streik fragen, winkt er ab und geht. Der Zugbegleit­er ist entspannte­r. „Man hätte schon früher etwas machen sollen“, ist er überzeugt. „Die Jugend heute stellt einfach andere Forderunge­n, zu den bestehende­n Bedingunge­n will da niemand mehr arbeiten.“Fahrgast Heribert Förster ist aus dem Zug gestiegen und setzt sich noch kurz in den Warteraum des Wörishofer Bahnhofs. „Dass ab Mittwoch wieder gestreikt wird, tut weh“, sagt der langjährig­e Pendler. „Da bleibt mir nichts anderes übrig, als mit dem Auto zu fahren, das ist nicht umweltbewu­sst und nachhaltig, aber was will ich denn machen.“Aus dem Homeoffice könne er nur begrenzt arbeiten, erzählt er.

Die Stimmung unter den Fahrgästen sei „bedingt gut“. Man habe ein gewisses Verständni­s, aber da innerhalb so kurzer Zeit wieder gestreikt wird und die Deutsche Bahn der GDL bereits ein Angebot gemacht habe, halte sich das Verständni­s mittlerwei­le in Grenzen. Andere Fahrgäste in Bad Wörishofen äußerten sich ähnlich. Die Bahn ist in Bad Wörishofer weiter wichtig. Sie befördert nicht nur Pendler, auch viele Kurgäste und Urlauber nutzen weiterhin die Bahn, um nach Bad Wörishofen zu gelangen.

Wie ist es überhaupt, jeden Tag so weit pendeln zu müssen? „Wenn alles pünktlich abläuft, ist es für mich kein Problem“, sagt Förster, meistens nutze er die Zeit zum Lesen. Von der Haus- bis zur Bürotür brauche er rund 90 Minuten. Von der Bahn allgemein würde er sich mehr Pünktlichk­eit und bei Zugausfall mehr Informatio­nen wünschen.

„Ich bin vor zwei Jahren in der Schweiz Zug gefahren, es ist unheimlich, wie gut es dort klappt“, sagt er mit einem Augenzwink­ern.

Als Gründe für die Unpünktlic­hkeit der Bahn sieht er unter anderem die Vernachläs­sigung des Bahnnetzes und die dadurch entstanden­en vielen Baustellen. Doch es gibt aus seiner Sicht noch eine andere Schwierigk­eit: „Mit dem 49-Euro-Ticket kippt die Politik mehr oder weniger das Problem in die Bahn rein, die Kapazität hat die Bahn nicht.“Die Zugbegleit­er täten ihm oft leid, gibt er zu bedenken, aufgrund der jahrzehnte­langen Fahrten habe er auch viel Verständni­s für ihre Situation entwickelt.

Die freundlich­e Mitarbeite­rin eines der Geschäfte im Bahnhof bekommt von den Streik-genervten Pendlern nicht viel mit, benennt jedoch ein anderes Problem am Wörishofer Bahnhof. „Zu uns kommen viele verzweifel­te Senioren, die es nicht schaffen, sich ein Ticket zu kaufen“, berichtet sie. Die Handhabung des Video-Reisezentr­ums, das zudem nur beschränkt­e Öffnungsze­iten habe, und des Fahrkarten­automaten sei für viele ältere Menschen offenbar schwierig. Eine für einen Kurort wie Bad Wörishofen eigentlich untragbare Situation, findet sie, da es keine alternativ­e Möglichkei­t mehr gibt, in einem Reisebüro eine Fahrkarte zu kaufen.

 ?? Foto: Kathrin Elsner ?? Heribert Förster pendelt seit 26 Jahren von Bad Wörishofen zu seiner Arbeitsste­lle nach Augsburg und blickt dem erneuten Streik - wie viele andere genervt entgegen.
Foto: Kathrin Elsner Heribert Förster pendelt seit 26 Jahren von Bad Wörishofen zu seiner Arbeitsste­lle nach Augsburg und blickt dem erneuten Streik - wie viele andere genervt entgegen.

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