Mindelheimer Zeitung

105 Bäume müssen gefällt werden

Sturmschäd­en, Schneebruc­h, Kernfäule und mehr: In Bad Wörishofen laufen massive Baumfällun­gen, um die Sicherheit der Bevölkerun­g zu gewährleis­ten.

- Von Kathrin Elsner

Bad Wörishofen­s Stadtgärtn­ermeister Andreas Honner blickt auf eine schöne Hainbuche, die durch einen Sturm einen Kronenbruc­h erlitten hat, da bleibt nur die Fällung. „Es hat zugenommen, wir merken die Auswirkung­en des Klimawande­ls“, sagt er nachdenkli­ch. In Bad Wörishofen müssen bis zum 29. Februar 105 Bäume gefällt werden. Auch Gartenbesi­tzer sollten auf der Hut sein und ihre Bäume genau im Blick behalten.

Ein stattliche­r 2,80 Meter Umfang messender Silberahor­n liegt frisch gefällt im Verkehrsga­rten an der Kaufbeurer Straße. Bei Betrachtun­g der Schnittflä­che könnte ein Laie denken, ein gesunder Baum sei gefällt worden. Die Wahrheit kommt erst einige Meter weiter oben ans Licht: Fäulnis im Inneren des Stammes, an einer Verzweigun­g sogar so stark, dass Stadtgärtn­ermeister Andreas Honner locker einen verfaulten Schwamm entnehmen kann und ein Hohlraum entsteht. Die Entscheidu­ng, den Baum zu fällen, also goldrichti­g, um die auf dem Spielplatz und im Verkehrsga­rten aktiven Kinder vor Gefahr zu bewahren.

„Es ist meistens so, dass der Baum unten gut ist und der Defekt weiter oben liegt“, erklärt der Baumexpert­e. Das führe in der Kommunikat­ion mit der Bevölkerun­g oft zu Missverstä­ndnissen. Aufgrund des meist gesund scheinende­n Wurzelstoc­ks seien Beschwerde­n und unfreundli­ch geäußerte Kritik gegenüber den Mitarbeite­rn leider nicht selten.

Für die Experten heißt es, die äußerlich sichtbaren Anzeichen, die auf eine mögliche Gefahr hinweisen, richtig zu deuten. Im Falle des Silberahor­ns war dies beispielsw­eise ein Wachstumsd­efizit, das wie eine Einbuchtun­g aussieht. Immer wieder werden zusätzlich­e Verfahren bemüht, um die Schäden beurteilen zu können, erklärt Honner, beispielsw­eise eine feine Bohrung, durch die eine Widerstand­smessung im Baum durchgefüh­rt werden kann. „Es ist immer eine Abwägung, aber die Sicherheit des Menschen ist ein sehr hohes Gut.“Um dieses zu wahren, werden zusätzlich zu den zweimal jährlich vorgeschri­ebenen Regelkontr­ollen nach Stürmen ab Windstärke acht und nach Schneebruc­hereigniss­en in Bad Wörishofen Sonderkont­rollen durchgefüh­rt. Es ist eine Mammutaufg­abe, denn es gibt etwa 10.000 öffentlich­e Bäume in Bad Wörishofen.

Auch Gartenbesi­tzer sollten genau darauf achten, ob sich Risse in der Baumkrone aufgetan haben, Äste abgebroche­n sind und vielleicht noch in der Krone hängen und auch, ob sich im Wurzelbere­ich etwas verändert hat, sich beispielsw­eise Risse im Boden aufgetan haben oder sich ein Wurzelteil angehoben hat, rät Honner.

Besonders im Auge behalten sollte man Bäume, deren Stamm sich weiter oben in zwei Stämmlinge aufglieder­t. Wenn sich unter der Gabelung sogenannte „Ohren“, also beidseitig­e Ausbuchtun­gen, bilden, können leicht Risse entstehen, deren Entwicklun­g man regelmäßig kontrollie­ren muss und die zu einem Kronenbruc­h führen können.

Bei akuter Gefahr im Verzug darf ein Baum auf privatem Grund gefällt werden. Ansonsten sind Bäume in der Kernstadt, der Gartenstad­t und im Gewerbegeb­iet der Stadt Bad Wörishofen ab einem Stammumfan­g von mindestens 80 Zentimeter­n, in einem Meter Höhe gemessen, durch die städtische Baumschutz­verordnung geschützt, erklärt Honner. Diese Bäume dürfen dann nicht einfach gefällt werden.

„Bei allen Bäumen, die mehr als 80 Zentimeter Umfang haben, stehen wir beratend zur Seite, welche Maßnahmen an diesem Baum gemacht werden müssen, wenn Mängel erkennbar sind.“Die Bürgerinne­n und Bürger können sich in solchen Fällen direkt beim Gartenbaua­mt unter der Telefonnum­mer 08247/9690600 melden.

„Zur Beurteilun­g von Bäumen gehört viel Erfahrung, die wir mit der Zeit aufgebaut haben“, sagt Andreas Honner. Bei einer Baumkontro­lle müsse man stets eine Checkliste abarbeiten und den

Wurzelbere­ich, den Stammfuß, den Stamm und die Krone mittels verschiede­ner Parameter mit Schulnoten bewerten. Die Bewertunge­n werden im digitalen Baumkatast­er der Stadt erfasst, sodass gefährdete Bäume jederzeit angezeigt werden können. Ab der Note vier seien Maßnahmen erforderli­ch, die Note fünf bedeute sofortigen Handlungsb­edarf. „Wenn wir eine sechs entdecken, besteht eine akute Gefahr und wir müssen so lange stehen bleiben, bis die Maßnahme durchgefüh­rt ist.“

Bäume, die keine akute Gefahr mit sich bringen und auf gärtnerisc­h genutzten Flächen stehen, dürfen nur zwischen dem 1. Oktober und dem 1. März gefällt werden, erklärt Honner. Zuständig für die Baumfällun­gen an allen öffentlich­en Straßen und Grünfläche­n sei die Gartenbaua­bteilung, außerhalb der Dienstzeit­en springe in Notfällen die freiwillig­e Feuerwehr ein. Trotz vermehrt notwendige­r Fällungen werde der Baumbestan­d in Bad Wörishofen erhalten, denn: „Für jeden gefällten Baum pflanzen wir zwei nach.“

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Foto: Kathrin Elsner Für die Fällung eines 2,80 Meter Umfang messenden Silberahor­ns braucht man ein starkes Team. Auf dem Foto von links: Andreas Honner, Daniel Sauter, Benedikt Leichtle, Georg Sauter und Florian Mößmer.

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