Mindelheimer Zeitung

Ein Pfarrer verteidigt sein Pfarrheim

Türkheim muss bis Ende März Lösungen zur Unterbring­ung von Geflüchtet­en anbieten. Was Pfarrer Skalitzky von der Idee hält, das Pfarrheim zu nutzen. Jetzt soll ein „Runder Tisch“helfen.

- Von Alf Geiger

Das Pfarrheim in Türkheim als Notunterku­nft für Flüchtling­e? Türkheims Pfarrer Martin Skalitzky ärgerte sich mächtig, als er in unserer Zeitung davon las, dass dies ernsthaft im Türkheimer Gemeindera­t diskutiert worden war. Ebenso händeringe­nd wie erfolglos hatte der Türkheimer Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung nach Standorten gesucht, wo Flüchtling­e untergebra­cht werden könnten.

Marcus Jakwerth (Freie Wähler) hatte dazu eine Idee: Das aus seiner Sicht weitgehend ungenutzte Pfarrheim könnte doch von der Kirche zur Verfügung gestellt werden. Immerhin, so Jakwerth, sei dort ja immer wieder „die Rede von Nächstenli­ebe und Barmherzig­keit“. Das könne es doch ein positives Signal sein, wenn die Kirche hier Wohnraum für Flüchtling­e zur Verfügung stelle.

Tatsächlic­h habe die Türkheimer Verwaltung sich diesbezügl­ich auch schon Gedanken gemacht, so Bürgermeis­ter Kähler, wie er auf Nachfrage unserer Redaktion erneut betonte. Aber nicht er selbst, sondern seine Stellvertr­eterin, Dritte Bürgermeis­terin Gudrun Kissinger-Schneider, hätten diesbezügl­ich Gespräche mit Ortspfarre­r Skalitzky geführt, stellte Kähler richtig. Doch der habe darauf verwiesen, dass nicht er vor Ort, sondern nur die Diözese in Augsburg solche Entscheidu­ngen treffen könne.

Pfarrer Martin Skalitzky konnte es kaum fassen, als er in den Artikel „Die Angst vor dem SuperGAU“über die jüngste Gemeindera­tssitzung las. Im Gespräch mit unserer Redaktion machte Skalitzky seinem Ärger Luft: Dass sich Bürgermeis­ter und Gemeindera­t um einen geeigneten Ort für die Unterbring­ung von Geflüchtet­en in Türkheim bemühen, sei ihm bekannt. „Wie man die Idee kommt, dass das katholisch­e Pfarrheim in Türkheim weitestgeh­end ungenutzt sein soll, ist mir schleierha­ft“,

so Skalitzky entrüstet: „Offensicht­lich wissen alle anderen mehr über die aktuelle Nutzung, als die Verantwort­lichen“, wundert sich der Pfarrer.

Wo sich die Pfarrgemei­nde in Zukunft versammeln soll, scheine Nebensache zu sein. Skalitzky: „Genauso dreist wäre es zu behaupten: Der Gemeindera­t trifft sich doch eh nur selten im Sitzungssa­al, daher könnte dieser doch als Flüchtling­sunterkunf­t dienen.“Für ihn ist die Idee von Jakwerth daher „höchst unfair“, denn: „Fakt ist, dass der erste Helferkrei­s in Türkheim von der katholisch­en Pfarrgemei­nde organisier­t wurde, die erste Flüchtling­sbeauftrag­ten

in der katholisch­en Kirchensti­ftung Türkheim angestellt waren und die Deutschkur­se für Geflüchtet­e im angeblich so wenig benutzten Pfarrheim stattgefun­den haben, weil es in Türkheim dafür keine anderen Räumlichke­iten gab!“

Das Türkheimer Pfarrheim, das nach Pater Rupert Mayer benannt ist, sei gut ausgelaste­t und werde von vielen Gruppen regelmäßig genutzt. Vom Kirchencho­r bis zur Bibelstund­e, vom Firmunterr­icht bis zu Feiern – schon jetzt stoße das Pfarrheim an seine Grenzen. Und weil laut Skalitzky die Heizung nicht mehr funktionie­rt und die Kirchengem­einde sich die Heizkosten nicht mehr leisten können, finden größere Veranstalt­ungen wie der Seniorenna­chmittag im gegenüberl­iegenden Waaghaus statt. Von einer zu geringen Auslastung könne also ganz und gar

keine Rede sein, und das Pfarrheim komme für eine anderweiti­ge Nutzung daher nicht infrage: „Wo sollen wir denn dann hin? Das ist ein ganz normales Pfarrheim und wird auch als solches gebraucht!“, betont der Ortspfarre­r.

Sein Blick gehe jetzt aber nach vorn, denn dass sich alle in Türkheim um eine Lösung des Flüchtling­sproblems kümmern und die ganze Gemeinde nach denkbaren Lösungen suchen müsse, ist auch seine Überzeugun­g. Er habe daher mit Bürgermeis­ter Christian Kähler Kontakt aufgenomme­n. Nach den Faschingst­agen soll jetzt ein Runder Tisch gebildet werden, um alle Verantwort­lichen zusammenzu­trommeln. Skalitzky ist überzeugt, dass dies die geeignete Plattform sei, um für Türkheim eine „zielführen­de und einvernehm­lichen Lösung dieses Problems“zu finden. Und die Zeit

Den Vorschlag hält er für „höchst unfair“.

drängt: Das zuständige Landratsam­t hat Bürgermeis­ter Christian Kähler schriftlic­h dazu aufgeforde­rt, noch im ersten Quartal – also bis spätestens Ende März – eine Lösung anzubieten.

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Fotos: Alf Geiger Türkheims Pfarrer Martin Skalitzky vor dem Eingang zum Pfarrheim: Schon die Zahl der Plakate zeige, dass die Auslastung gut sei.
 ?? ?? Einer der Räume im Pfarrheim. Für Skalitzky ist die Idee, dass hier Flüchtling­e untergebra­cht werden könnten, abwegig.
Einer der Räume im Pfarrheim. Für Skalitzky ist die Idee, dass hier Flüchtling­e untergebra­cht werden könnten, abwegig.

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