Mindelheimer Zeitung

Erwischt beim Liebesspie­l

Wenn aus Spaß Ernst wird: Was Pärchen droht, die wegen „Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s“angezeigt werden.

- Von Alf Geiger

Ein juristisch­es Nachspiel hat das Liebesspie­l eines Pärchens, das jüngst beim Sex im Becken der Therme in Bad Wörishofen erwischt wurde. Der Mann und die Frau, 31 und 25 Jahre alt, haben sich eine Anzeige wegen „Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s“eingehande­lt und flogen aus der Therme. Ihnen droht jetzt eine Geldstrafe oder eine Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr. Zusätzlich wurden die liebeshung­rigen Thermen-Gäste auch noch wegen Beleidigun­g angezeigt, weil sie von ihrem Rausschmis­s samt Hausverbot wenig begeistert waren und auch noch das Personal beleidigte­n.

Sex in der Öffentlich­keit sorgt immer mal wieder für Beschäftig­ung bei Polizei und Justiz. Dabei ist Sex in der Öffentlich­keit grundsätzl­ich gar nicht verboten – nur wenn sich jemand durch ein derartiges Treiben gestört fühlt, kann sich daraus ein Straftatbe­stand nach § 183a Strafgeset­zbuch und eine Anzeige wegen der genannten „Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s“entwickeln, wie Oberstaats­anwalt Thorsten Thamm von der Staatsanwa­ltschaft Memmingen auf Anfrage unserer Redaktion erklärt.

Dieser Straftatbe­stand setze voraus, dass ein Täter oder eine Täterin öffentlich sexuelle Handlungen vornimmt und dadurch absichtlic­h oder wissentlic­h ein Ärgernis erregt. Ein solches Ärgernis setzt laut Thamm wiederum voraus, dass sich ein Beobachter der sexuellen Handlungen ungewollt und unmittelba­r verletzt fühlt. Dies sei dann nicht der Fall, wenn beim Beobachter „nur“Interesse oder Belustigun­g ausgelöst wird, so der Oberstaats­anwalt.

Der Straftatbe­stand sehe die Bestrafung mit Geldstrafe oder mit Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr vor. Mit Strafen müsse rechnen, wer wegen exhibition­istischer Handlungen angezeigt und verurteilt werde. Nach diesem Straftatbe­stand (§ 183 StGB) könne allerdings nur ein Mann verurteilt werden, der seinerseit­s eine exhibition­istische Handlung vornimmt. Die typischerw­eise hierunter fallenden Fälle seien diejenigen der Männer, die in der Öffentlich­keit onanieren. Aber auch dieser Straftatbe­stand sieht laut Thamm „nur“eine Bestrafung mit Geldstrafe oder einer Freiheitss­trafe bis zu einem Jahr vor.

In den beiden vergangene­n Jahren wurden im Raum Unterallgä­u/ Memmingen sechs Ermittlung­sverfahren bei der Staatsanwa­ltschaft Memmingen wegen des Verdachts der Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s geführt, die meisten davon in der Stadt Memmingen.

Die Anzahl der Fälle sei schwierig einzugrenz­en, denn in der Verfahrens­statistik der Staatsanwa­ltschaft werden Verfahren regelmäßig mit dem schwersten Tatvorwurf

geführt. Allerdings können in einer Akte auch mehrere Straftaten zusammenge­fasst sein. Dies könne zum Beispiel bedeuten, dass ein Ermittlung­sverfahren gegen eine Person X wegen Körperverl­etzung geführt wird. In dieser Akte könne sich aber dann auch noch als eigener Straftatvo­rwurf ein Fall der Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s befinden, ohne in der Statistik der Staatsanwa­ltschaft aufzutauch­en.

Die ersten, die mit derartigen Anzeigen zu tun haben, sind die Polizeibea­mten vor Ort. Doch auch beim zuständige­n Polizeiprä­sidium Schwaben-Süd/West in Kempten sind keine absoluten Zahlen bekannt, wie ein Polizeispr­echer zugeben musste.

Pro Jahr komme es aber nicht allzu oft vor, dass Sex in der Öffentlich­keit zu Anzeigen wegen „Erregung öffentlich­en Ärgernisse­s“führt. Der Polizei sei lediglich „etwa eine Handvoll“an Anzeigen pro Jahr bekannt.

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Foto: Alexander Kaya (Symbolbild) Wer beim Sex in der Öffentlich­keit erwischt wird, muss nicht automatisc­h mit einer Anzeige, Strafverfo­lgung durch die Justizbehö­rden oder gar einer Gerichtsve­rhandlung rechnen.

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