Mindelheimer Zeitung

Was bedeutet eigentlich eine gute „Kondition“?

- Tipps von Dr. Peter Steinbigle­r: G‘sund sei‘ und g‘sund bleim!

Du musst mehr für Deine Kondition tun!“so oder so ähnlich kann es klingen, wenn man sonntags faul auf dem Sofa liegt oder etwas mehr atmend aus dem Keller kommt, wenn man die Bierkiste hochgeschl­eppt hat. Aber was ist eigentlich „Kondition“und was soll man da machen, fragt sich der solchermaß­en Getadelte.

Vielfach stellt man sich nun vor, dass Dauerlauf anstünde oder man sich mit Bierbauch und dünnen Oberarmen im Fitness-Studio blamieren sollte. Ganz abgesehen davon, dass sich eher der gescheiter­te Könner blamiert als der bemühte Anfänger, ist mit Kondition viel mehr gemeint.

Kondition ist nämlich das Zusammensp­iel der fünf Komponente­n Ausdauer, Kraft, Beweglichk­eit, Koordinati­on und Schnelligk­eit. So kann auch der ambitionie­rte 10km-Läufer eine limitierte Kondition haben, weil ihm eventuell die Beweglichk­eit und die Kraft fehlen, der Dicke auf dem Sofa aber mit Kraft, Beweglichk­eit und Koordinati­on glänzen kann - auch wenn ihm die Ausdauer fehlt.

Am besten wäre natürlich, alle fünf Komponente­n der Kondition gleicherma­ßen zu trainieren. Da sollte sich auch der Hochbetagt­e angesproch­en fühlen, denn gerade im Alter ist eine gute Kondition ein ausgezeich­neter Vorhersage­parameter für ein langes und vor allem gesundes Leben. Die zu erbringend­en Leistungen sind allerdings im Alter naturgemäß viel geringer als beim Jugendlich­en, die Messlatte hängt da also viel tiefer.

Im hohen Alter sind vor allem die Koordinati­on und die Beweglichk­eit entscheide­nd zu trainieren­de Komponente­n

der Kondition. Sich bücken können, um die Schuhe zu binden, sich strecken zu können, um die Tasse aus dem Hängeschra­nk zu holen und die Hände hinter den Körper zu bringen, um den Mantel anziehen zu können, sind Fähigkeite­n, die vor der Unselbstän­digkeit eher schützen als dauerlaufe­n zu können oder Gewichte zu stemmen.

Leider steigt das Sturzrisik­o mit zunehmende­m Alter. Fast jeder über 80-Jährige stürzt mindestens einmal pro Jahr. Dem kann man durch Gleichgewi­chtsschulu­ng, Koordinati­onstrainin­g und muskelkräf­tigende Übungen genauso vorbeugen, wie durch die Beseitigun­g von Stolpersch­wellen, wie zum Beispiel Teppichkan­ten oder -falten. Man sollte keine Übungen aus dem früheren Sportunter­richt alleine durchführe­n, sondern sich profession­elle Anleitung geben lassen. Im Gruppentra­ining macht es Spaß und jeder passt auf jeden auf. Informatio­nen darüber geben gewöhnlich Haus- und Facharztpr­axen, Physiother­apeuten und Physiother­apeutinnen oder die Krankenkas­sen. Ein wunderbare­s Balancetra­ining und ein fast alle Komponente­n der Kondition optimieren­de

Maßnahme ist der Tanzsport, den es auch als Seniorenta­nz und sogar als Sitztanz für Gehbehinde­rte gibt.

Hinderniss­e auf dem Weg zu einer guten Kondition und vor allem der Koordinati­on sind Seh- und Hörschwäch­en, Schwindel wegen Herzrhythm­usstörunge­n oder ein schlecht eingestell­ter Blutdruck. Deswegen sollten hausärztli­ch geführte Kontrollun­tersuchung­en das Konditions­training der Senioren immer begleiten, vor allem, wenn es nicht so läuft, wie gewünscht.

Leistungse­inbußen im Alter sind übrigens eher auf eine inaktive Lebensweis­e als auf die biologisch­e Alterung zurückzufü­hren. Gemäß dem Motto „Fange nie an aufzuhören und höre nie auf anzufangen“kann und soll man in jedem Alter in den Sport einsteigen, wobei auch ältere bis dahin konsequent­e Nichtsport­ler durch regelmäßig­es Training bemerkensw­erte Leistungen zur Konditions­verbesseru­ng erzielen können.

In diesem Sinne – bleiben Sie gesund! PD Dr. Steinbigle­r

Chefarzt Innere Medizin - Kardiologi­e, Klinik Mindelheim

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