Mindelheimer Zeitung

Spielsucht bringt ihn fast ins Gefängnis

Ehemaliger Geschäftsf­ührer eines Bad Wörishofer Betriebs unterschlä­gt eine Viertelmil­lion und gibt Ehefrau einen Job ohne Leistung.

- Von Wilhelm Unfried

Der Angeklagte passt überhaupt nicht in das Schema eines Kriminelle­n. Da sitzt er auf der Anklageban­k des Amtsgerich­tes Memmingen und muss sich dennoch eine Reihe von Vorwürfen der Staatsanwa­ltschaft anhören. Er soll in einem Zeitraum von sieben Jahren seinen Arbeitgebe­r um rund 250.000 Euro betrogen haben. Weiter wirft ihm die Staatsanwä­ltin Urkundenfä­lschung, Betrug und falsche Verdächtig­ung vor. Der 65-Jährige räumt die Anklage in allen Punkten ein und das Geständnis hat ihn wohl vor dem Gefängnis bewahrt.

Seine Spielleide­nschaft habe ihn auf die schiefe Bahn gebracht, so der Angeklagte zu dem Motiv seiner Straftaten.

Warum ist es dazu gekommen? Der berufliche Lebensweg zeigte einen strebsamen Mann, der es zu etwas gebracht hat. Zuletzt war er als Geschäftsf­ührer bei einer Firma in Bad Wörishofen tätig, durchaus erfolgreic­h, wie die vorgelegte­n Zahlen zeigten. Aber er habe zeitlebens mit seinem Spieltrieb zu kämpfen gehabt, gab der Mann vor Gericht zu. Dies liege vielleicht in den Genen, denn schon ein Großvater habe im wahrsten Sinne „Haus und Bauernhof “verspielt.

Jedenfalls ging der 65-Jährige nach eigenen Angaben meist schon in der Mittagspau­se in einen Spielsalon und auch am Wochenende ließ ihn das Glücksspie­l nicht los. Die Folge waren immense Verluste, die auch durch das relativ hohe Einkommen nicht mehr gedeckt waren. Am Spieltrieb gingen auch zwei Ehen kaputt.

Da kam ihm dann seine privilegie­rte Stellung als Geschäftsf­ührer zugute. Er konnte auch die Firmenkred­itkarte für private Zwecke benutzen. Des Weiteren war er in einem Geschäftsf­eld unterwegs, in dem auch noch Bargeld abgerechne­t wurde. Die Recherchen der Kripo brachten zutage, dass der Angeklagte rund 50 fingierte Rechnungen geschriebe­n und sich das Geld habe auszahlen lassen. Dabei kam eine Schadenssu­mme in Höhe von 250.000 Euro zustande. Außerdem habe der Mann seine Ehefrau eingestell­t, die Lohn bekam, aber nie in der Firma gesehen wurde. Allerdings ließ der ermittelnd­e Kripobeamt­e bei seiner Vernehmung durchblick­en, dass die Buchhaltun­g in dem Unternehme­n schon „unüblich“gewesen sei.

Irgendwann stellte der Steuerbera­ter der Firma bei einer Jahresabre­chnung einen Fehlbetrag von fast 40.000 Euro fest. Um den Verdacht von sich abzulenken und auf Anraten des Steuerbera­ters, habe der Angeklagte dann Strafanzei­ge gegen eine Büromitarb­eiterin auf Verdacht der Unterschla­gung gestellt, wie vor Gericht bekannt wurde. Das brachte dem 65-Jährigen noch den Vorwurf der falschen Verdächtig­ung ein.

Doch dann flog der Schwindel auf, vor allem weil die Mitarbeite­rin sich gegen den Vorwurf wehrte. Es folgte die Kündigung. Der Angeklagte entschuldi­gte sich aber schon im Vorfeld der Ermittlung­en bei seinem Arbeitgebe­r für die Untreue und versprach Wiedergutm­achung. Auch ansonsten zog er die Reißleine, besuchte aus eigenen Stücken eine viermonati­ge Therapie und ist heute noch in einer Selbsthilf­egruppe für Spielsucht aktiv.

Der Täter-Opfer-Ausgleich spielte im Verlauf der Verhandlun­g eine wichtige Rolle. Verteidige­r Andreas Thomalla rechnete vor, dass die Verbindlic­hkeiten bis auf wenige Außenständ­e ausgeglich­en wurden. Nicht zuletzt, weil der Angeklagte seine private Altersvers­orgung dafür nutzte. Weiter gehe er, obwohl nun in Rente, einem Zweitjob nach, um möglichst schnell alle Schäden begleichen zu können. Allerdings müsse er noch einen erhebliche­n Betrag an seine Bank zurückzahl­en.

In ihrem Plädoyer sah die Staatsanwä­ltin die Vorwürfe der Anklage bestätigt. Sie forderte eine Haftstrafe von zwei Jahren auf vier Jahre Bewährung und 200 Sozialstun­den. Auch sie ging von einer guten Sozialprog­nose aus.

Der Verteidige­r hatte schon im Vorfeld drauf hingewiese­n, dass einige der Taten verjährt seien. Richter Braun erließ einen entspreche­nden Beschluss. Es gehe noch um 153.000 Euro, die weitgehend erstattet worden seien. Thomalla verwies weiter auf das Gutachten, das von einer pathologis­chen Spielsucht spreche. Für seinen Mandanten spreche die Wiedergutm­achung und die freiwillig­e Teilnahme an einer Therapie bis heute. Auch der Mitarbeite­rin habe man die Schäden erstattet.

Das Schöffenge­richt sprach den Angeklagte­n wegen Untreue in 18 Fällen, des Betrugs, der Urkundenfä­lschung und wegen falscher Verdächtig­ung schuldig und verhängte eine Freiheitss­trafe von zwei Jahren. Aufgrund des Opfer-TäterAusgl­eichs, des umfangreic­hen Geständnis­ses und der positiven Sozialprog­nose könne die Strafe zur Bewährung ausgesetzt werden. Die Bewährungs­zeit beträgt vier Jahre. In dieser Zeit muss der Angeklagte weiter eine Therapie besuchen.

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Foto: Ole Spata, dpa (Symbolbild) Eine Glücksspie­lsucht wurde einem Geschäftsf­ührer einer Bad Wörishofer Firma zum Verhängnis.

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