Titeltraum endet im Kornfeld
Als Titelverteidiger reist Simon Schröder zur Segelflug-WM nach Australien. Dort klappt dann aber nicht alles nach Wunsch.
Mit einem lachenden und einem weinenden Auge blickt Simon Schröder auf die Erinnerungsfotos der Segelflugweltmeisterschaft. An der nahm der junge Segelflugpilot aus Bad Wörishofen immerhin als Titelverteidiger in seiner Flugzeugklasse teil.
Doch in Down Under sollte nicht alles nach Plan verlaufen. Zwar wurde Schröder mit dem deutschen Team im australischen Narromine im Dezember Weltmeister. In der Einzelwertung der Standardklasse lag er als amtierender Weltmeister dagegen lange auf Platz zwei, bis ihn eine Außenlandung das Treppchen kostete.
Es war ein weltmeisterlicher Trip, der lange vorbereitet sein wollte. Simon Schröder brachte das heimische Segelflugzeug für die Verschiffung eigens nach Norddeutschland. Das deutsche Nationalteam bereitete dort den gemeinsamen Container mit speziellen Halterungen für das wertvolle Equipment vor, bevor dieser auf eine rund dreimonatige Schiffsreise geschickt wurde.
Anfang Dezember stieg Familie Schröder in den Flieger, das Abenteuer Weltmeisterschaft konnte beginnen. Aufgrund einer Mindestanforderung an das Wetter sei eine Wettbewerbszeit von zwei Wochen angesetzt gewesen, erklärt Simon Schröder. „Ein bisschen Schäfchenwolken und Sonne brauchen wir schon, sodass 30-40 Flugzeuge in der Luft bleiben können.“An einem Tag hätten sogar die australischen Waldbrände den Start verhindert, da aufgrund der Rauchentwicklung die Sicht nicht ausreichend gewesen sei. Am Ende wurden es zehn Wettbewerbstage, an denen im Schnitt eine Aufgabenlänge von 400 Kilometern zu bewältigen war.
Nach dem morgendlichen Wetter-Briefing wurden an jedem Wettbewerbstag die Aufgaben in die Navigationsgeräte programmiert und die Segelflugzeuge in den Himmel gezogen. „Meist sammelt man sich unter einer Wolke und wartet“, so Schröder, die Startlinie sei zehn Kilometer breit und jeder könne für sich selbst entscheiden, wann er losfliege. „Die Taktik ist, wie beim Schachbrett, von Wolke zu Wolke zu fliegen und den Aufwind zu nutzen.“
Dabei haben es die Piloten besonders auf die dunklen Wolken abgesehen. „Man fliegt die dunkelsten Punkte ab, denn wo am meisten Feuchtigkeit ist, da ist auch am meisten Aufwind“, erklärt Schröder und ergänzt mit einem Augenzwinkern: „Wenn es am Himmel viele schwarze Punkte gibt, ist es wie auf einer Autobahn.“Immer die Augen aufhalten und die Chancen erkennen und nutzen, sei im Wettbewerb die Devise, die rund eine Weltmeisterschaftswoche lang für einen vielversprechenden zweiten Platz reichte.
Doch dann passierte ihm ein Missgeschick mit Folgen. „Weil ich zu gierig war, habe ich zu hoch gepokert“, reflektiert Schröder heute. Der erste Platz sei so verführerisch nah gewesen. „Ich habe mehr Distanz rausgeflogen und hatte dann, als die Aufwinde nachließen, eine zu große Restdistanz zu überwinden.“Die Folge: Er schaffte die Aufgabe nicht und konnte eine Außenlandung nicht verhindern. In einem Kornfeld mitten in Australien ohne Handyempfang zu landen, sei ein Abenteuer gewesen.
Glücklicherweise sorgte eine Blechhütte für seine Orientierung, an der er kurzen Empfang für eine WhatsApp-Nachricht bekam und mit dem Anhänger abgeholt werden konnte. „Wir waren erst um drei Uhr nachts wieder daheim“, erinnert er sich wehmütig. „Der eine Tag hat mich alles gekostet.“Trotz empfundenem Frust kämpfte er an den drei folgenden Wertungstagen hoch motiviert weiter, fürs deutsche Team und die Verteidigung des Team-Titels, die dann auch gelang. In der Einzelwertung wurde es für Schröder am Ende Platz vier.
„Die Energie, die Sonne und der Aufwind in Australien waren atemberaubend, die Landschaft war jedoch eine Abfolge von Äckern, da finde ich es in Deutschland erheblich schöner zu fliegen“, findet der leidenschaftliche Segelflieger. Von Bad Wörishofen aus habe man mit den Nordalpen das schönste Fluggebiet. „Einfach mal ausprobieren, man verpasst sonst was im Leben“, ist er überzeugt. Segelfliegen sei durch die Vereinsstruktur in Bad Wörishofen ein sehr erschwinglicher Sport. Es werde lediglich der Jahresbeitrag des Segelflugvereins fällig, dann könne man mit den vereinseigenen Flugzeugen mit einer sehr geringen Startgebühr fliegen. Und das schon ab einem Alter von 13 Jahren. „In dem Alter darf man sonst ja noch nicht mal Roller fahren“, sagt Schröder, der inzwischen schon selbst Fluglehrer ist und seine in rund 4000 Flugstunden erworbene Erfahrung sehr gerne weitergeben möchte. „Wir fliegen immer bei Schäfchenwolkenwetter, einfach mal vorbeischauen.“
Für den begeisterten Segelflugpiloten steht im Sommer bereits die nächste Weltmeisterschaft an. In Texas wird Simon Schröder in der 18-Meter-Klasse an den Start gehen. Das Ziel steht für ihn fest: die Goldmedaille und damit der Weltmeistertitel. Trotzdem möchte er dieses Mal entspannter an den Start gehen. „Ich möchte mehr den Spaß in den Vordergrund stellen, dann kommt der Erfolg von selbst wieder.“