Bürgermeister gegen Bundesregierung
Große Aufgaben für die Kommunen: Norbert Führer aus Wiedergeltingen hofft, vom Staat nicht im Stich gelassen zu werden.
Herr Bürgermeister, sind Sie gut ins neue Jahr „gerutscht“?
Führer: Ja, wir haben im kleinen Kreis in netter Runde gefeiert.
Welche persönlichen Wünsche haben Sie mit den Raketen in den Himmel geschickt?
Führer: Raketen habe ich nicht gezündet, weil ich denke, dass es sinnvollere Möglichkeiten gibt, das neue Jahr zu begrüßen. Die wichtigsten Wünsche sind Gesundheit und Zufriedenheit für meine Familie und unsere Bürger.
Gibt es auch Wünsche, die Sie als Bürgermeister von Wiedergeltingen haben?
Führer: Natürlich habe ich auch Wünsche als Bürgermeister; hierzu gehört insbesondere, dass wir die großen Herausforderungen, die auf uns warten, meistern können, nicht nur in der Umsetzung, sondern auch finanziell.
Mit welchen Herausforderungen rechnen Sie in der Zukunft beziehungsweise in diesem Jahr?
Führer: Große Meilensteine liegen zum einen in der Umsetzung der ab 2026 gesetzlich vorgeschriebenen Ganztagesbetreuung aber auch in der Fortentwicklung des aktuell laufenden Prozesses der Dorferneuerung mit den im Vorfeld definierten Handlungsfeldern. Hierzu gehört natürlich, dass uns der Staat finanziell nicht im Stich lässt, denn die aktuellen Kürzungsmaßnahmen des Bundes im Bereich der ländlichen Entwicklung tragen leider zu einer weiteren Verschärfung des Stadt-LandGefälles bei.
Die Suche nach einem Standort für eine Flüchtlingsunterkunft schlägt in allen Gemeinden hohe Wellen. Wie ist der aktuelle Sachstand in Ihrer Gemeinde?
Führer: Ich habe im zweiten Halbjahr
des vergangenen Jahres, nach einer telefonischen Anfrage des Landratsamtes, versucht, in Bezug auf leer stehende, aber bewohnbare Unterkünfte in unserer Gemeinde zu vermitteln. Wie der aktuelle Stand hierzu ist, kann ich nicht beurteilen.
Was kann/muss ihre Gemeinde tun, um Flüchtlinge unterbringen zu können? Der Widerstand wird wohl überall aufbrausen – egal, welcher Standort gewählt werden sollte. Was tun?
Führer: Die Gemeinde Wiedergeltingen verfügt über keine eigenen Unterkünfte oder Grundstücke zur Unterbringung von Flüchtlingen. Sammelunterkünfte in kleineren Gemeinden sind auch in keiner Weise zielführend, weil auch wir – so wie viele andere kleine Gemeinden im Landkreis – nicht über die dafür erforderliche örtliche Infrastruktur verfügen. So gibt es beispielsweise keine regelmäßigen Taktungen im ÖPNV, sodass die Menschen zum Beispiel mal zum Einkaufen oder zum Arzt fahren können. Ich werde aber weiterhin Augen und Ohren offen halten im Hinblick auf eine Vermittlung von möglichen Privatunterkünften. Die in dieser Hinsicht aufkommenden Sorgen der Bürgerinnen und Bürger kann ich voll und ganz verstehen. Letztendlich wird durch eine verfehlte Flüchtlingspolitik seitens der Verantwortlichen auf Bundesebene die ganze Last auf die „letzten Glieder“in der Kette, das sind die Landkreise und Kommunen verlagert. Hier ist ein dringendes Gegensteuern auf höherer politischer Ebene erforderlich.
Welche Projekte stehen in diesem Jahr in Ihrer Gemeinde an?
Führer: Aktuell sind wir dabei, die Planungen zu unserem Dorfgemeinschaftshaus und für die Umsetzung der Ganztagesbetreuung ab 2026 zu vertiefen. Eine erfolgreiche Umsetzung dieser Projekte ist aber auch von einer deutlichen finanziellen Unterstützung aus Bund und Land abhängig. Ferner werden wir dieses Jahr unseren geplanten Bauhof errichten. Auch einige Projekte im Bereich der Naherholung stehen auf der Agenda.
Welche Botschaft richten Sie an die Verantwortlichen in Bund und Land?
Führer: Schauen Sie, unsere Bundesregierung macht es sich sehr einfach; man schafft Fakten, wie zum Beispiel das im SGB VIII verankerte Recht auf Ganztagesbetreuung ab 2026. Ich stelle nicht das Thema Ganztagesbetreuung infrage, aber ob die Kommunen – und die müssen es schließlich umsetzen – diesen enormen finanziellen Kraftakt der Einbringung eigener Finanzmittel in Millionenhöhe zur Schaffung der erforderlichen Infrastruktur leisten können – danach fragt keiner.
Was muss gemacht werden?
Führer: Ich erwarte hier deutlichere Zugeständnisse von Bund und Land an die Kommunen bei der Umsetzung der gesetzlich vorgeschriebenen Maßnahmen.
Was ist sonst noch geplant?
Führer: Ein großes Energieprojekt, das wir zusammen im Verbund mit dem Regionalwerk Unterallgäu umsetzen wollen, ist die Errichtung einer PV-Freiflächenanlage, um einen weiteren Beitrag unsererseits zur Energiewende zu leisten. Ich gehe dabei von einer Anlagengröße von circa 15 Megawatt aus. Die Gemeinde Wiedergeltingen steht dafür, dass die Wertschöpfung in der Region bleibt. Wir wollen dieses Projekt mit unseren Bürgern und für unsere Bürger umsetzen.