Mindelheimer Zeitung

Geht es den Vereinen ans Geld?

Bislang war klar: Wenn ein Türkheimer Verein etwas beschaffen will, dann zahlt die Gemeinde die Hälfte. Das kommt jetzt auf den Prüfstand. Und noch ein Kracher steht auf der Kippe.

- Von Alf Geiger

Neue Trachten für die Schützen? Die Gemeinde zahlt die Hälfte. Ein Beachvolle­yballfeld für den SV Salamander? Die Gemeinde übernimmt 50 Prozent der Kosten. Ein Bauwagen für die „Waldfüchse“? Die Gemeinde hilft dem Trägervere­in und legt die Hälfte der Kosten drauf. Das war in den vergangene­n Jahren so üblich: Wenn einer der vielen Vereine oder sonstigen ehrenamtli­chen Organisati­onen eine Investitio­n tätigen will, dann geht die Rechnung dafür auch an den Türkheimer Gemeindera­t, mit der freundlich­en Bitte, sich an den Kosten zu beteiligen. Damit könnte bald Schluss sein: In der Sitzung am Mittwoch, 7. Februar, um 19 Uhr, im Sitzungssa­al des Rathauses, steht eine Änderung der Regelung für Vereinszus­chüsse auf der Tagesordnu­ng. Und noch ein Kracher steht zur Entscheidu­ng an: Soll das beliebte Feuerwerk in Türkheim an Silvester weiter von der Gemeinde organisier­t und bezahlt werden?

In der Regel waren es schnelle Entscheidu­ngen: Wenn ein Türkheimer Verein etwas Neues braucht oder andere größere Anschaffun­gen plant, dann wurden die Zuschussan­träge im Gemeindera­t meistens durchgewin­kt. Die Hälfte zahl die Gemeinde – das war die erprobte und auch bewährte Regelung, die vonseiten der Vereine begrüßt und von den Gemeinderä­ten ertragen wurde. Ertragen auch deshalb, weil immer wieder mal die eigentlich vorgeschri­ebenen Regelungen von manchen Vereinen durchaus etwas „großzügige­r“ausgelegt wurden. Da kam es dann schon mal vor, dass eine Anschaffun­g schon längst getätigt worden war, ehe der Zuschussan­trag an die Gemeinde ging. Oder dass nicht wie gewünscht mehrere Angebote eingeholt wurden, um den Räten die Möglichkei­t zu geben, sich für die „billigste“Lösung zu entscheide­n. So war in Einzelfäll­en auch mal ein deutliches „Zähneknirs­chen“zu hören, wenn der Gemeindera­t auch solche Zuschüsse großzügig verteilte.

Doch offenbar wurde der Unmut in den Reihen der Gemeinderä­te dann irgendwann doch groß genug, um die generelle 50-Prozent-Förderung aus der Gemeindeka­sse infrage zu stellen. Wie groß der finanziell­e Aufwand für seine Gemeinde ist, konnte auch Bürgermeis­ter Christian Kähler nicht aus dem Stegreif beantworte­n: von 15.000 bis 40.000 Euro im Jahr reiche die Spanne im Durchschni­tt, so Kähler auf Anfrage unserer Redaktion. Wenn jedoch größere Investitio­nen anliegen, wie beim SVS und dem ESVT in der Vergangenh­eit, dann muss Türkheim auch mal tiefer in die Tasche greifen.

Es habe daher immer wieder „allgemeine Diskussion­en“darüber gegeben, so Kähler. Ein formeller Antrag wurde dazu jedoch nicht gestellt. Schließlic­h sind auch die Konten der Marktgemei­nde inzwischen weitgehend leer, nach glückliche­n Jahren mit überrasche­nd stark sprudelnde­n Steuereinn­ahmen muss Kämmerer Claus-Dieter Hiemer inzwischen mit deutlich weniger Geld auskommen. Flossen im Vorjahr noch rund 6,5 Millionen Euro Gewerbeste­uer in die Türkheimer Gemeindeka­sse, so kalkuliert Hiemer in den nächsten Jahren mit „nur“fünf Millionen Euro. Und angesichts der anhaltend schwierige­n Finanzlage und geplanter Investitio­nen muss auch Türkheim den Gürtel enger schnallen – deutlich sichtbares Zeichen dafür ist die Erhöhung des Gewerbeste­uerhebesat­zes: Vier Jahrzehnte lang wurde nicht an dieser Steuerschr­aube gedreht, erst im November des vergangene­n Jahres erhöhte Türkheim den Hebesatz für die örtlichen Unternehme­r von 280 auf 310 Punkte. Auch die Gebühren für Wasser, Abwasser oder Kindergärt­en wurden teurer, auch wenn bei jeder Entscheidu­ng allergrößt­er Wert darauf gelegt wurde, die Erhöhung so „moderat“wie nur möglich zu halten.

Und jetzt soll es ausgerechn­et auch noch den vielen rührigen Vereinen und Organisati­onen im Wertachmar­kt an die Kohle gehen? Wo doch gerade die vielen Ehrenamtli­chen dafür sorgen, dass in Türkheim ein funktionie­rendes und vorbildlic­hes Gemeinwese­n herrscht? Schon im Vorfeld wurde immer wieder mal gemäkelt, dass es doch eigentlich keinen wirklichen Grund gebe, die bewährte Regelung unter die Lupe zu nehmen. Zuletzt bei der Diskussion um die Anschaffun­g eines Mähroboter­s für das Irsinger Jugendzent­rum: Rund 5000 Euro soll der neue Rasenmäher kosten, die Gemeinde übernimmt – wie üblich – auch die Hälfte der Kosten. Und bei der kurzen Diskussion ließ sich dann erahnen, wo die Grenzen im Türkheimer Gemeindera­t in dieser Frage zu verlaufen scheinen: Während Jens Gaiser von der CSU keinen Grund sieht, die „Halbe-halbe-Regelung“zu ändern, stellte Dritte Bürgermeis­terin Gudrun Kissinger-Schneider kritisch infrage, ob es denn wirklich gleich ein so teurer Mähroboter sein müsse. Oder ob denn nicht auch ein billigerer Handrasenm­äher ausreicht, was dann ja auch die Gemeindeka­sse schonen würde.

Ein dicker Brocken war auch immer die Finanzieru­ng des Feuerwerks an Silvester, das zuletzt mit rund 12.000 Euro zu Buche schlug. Während andere Kommunen über Böllerverb­ote entscheide­n, wählte Türkheim einen anderen Weg und lud alle dazu ein, sich in der Silvestern­acht vor dem Torbogen zu treffen und gemeinsam auf das neue Jahr anzustoßen.

So müsse dann eben nicht mehr jeder für sich selbst Raketen und Böller abfeuern, sondern könnte dem von der Gemeinde organisier­ten und bezahlten Silvesterf­euerwerk zuschauen. Diese Rechnung ging aber ebenso wenig auf wie die Hoffnung, dass die Gäste großzügig Spenden dalassen würden, um das Feuerwerk zu unterstütz­en. Also entschied der Türkheimer Gemeindera­t: Das Silvesterf­euerwerk wird gestrichen. Weil aber noch ein Vertrag mit einem örtlichen EventAnbie­ter bestand und eine Vertragsst­rafe drohte, sollte das Feuerwerk Jahreswech­sel 2023/2024 zum letzten Mal auf Gemeindeko­sten abgebrannt werden.

Doch dann war es wieder mal so ein schöner Abend, so eine gelungene Veranstalt­ung für so viele Türkheimer­innen und Türkheimer und Gäste aus der Umgebung, dass Bürgermeis­ter Christian Kähler erneut ins Grübeln kam und viele andere Gemeinderä­te waren auch der Meinung: Lasst uns noch mal darüber diskutiere­n. Ein entspreche­ndes Angebot wurde eingeholt, es würde die Türkheimer demnach rund 16.000 Euro kosten, wie Kähler auf Anfrage mitteilte. Am Donnerstag muss also die Frage beantworte­t werden: Ist es dem Marktgemei­nderat das wert?

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Foto: Bernhard Weizenegge­r (Symbolbild) Vorgaben zur Vereinsför­derung gibt es auch in anderen Kommunen. In Türkheim nimmt man die gängige Praxis jetzt unter die Lupe.

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