„Das Wild ist ein Feinschmecker“
Rehe im Stadtwald Buchloe fressen am liebsten junge Laubbäume – und stören so die Waldverjüngung. Auf was die Jagdgenossen nun setzen.
Das Wild in den Wäldern rund um Buchloe steht auf junge Bäume – vorzugsweise auf Laubbäume. Doch damit stören die Rehe den gewünschten natürlichen Waldumbau. Inzwischen macht ein neues Konzept zur Waldverjüngung Hoffnung. Seit zwei Jahren setzt die Jagdgenossenschaft Honsolgen/Hausen bereits darauf. In der Sitzung des Buchloer Hauptausschusses beschlossen die Stadträte am Dienstag, dass auch die Buchloer Jagdgenossen nachziehen sollen.
Das Projekt zur „Waldverjüngung ohne Verbissschutzmaßnahmen“sieht vor, dass der Buchloer Stadtwald in Zukunft weitestgehend ohne bauliche Schutzmaßnahmen wie Zäune oder Ummantelungen auskommen soll. Gleichzeitig sollen die Jagdpächter stärker eingebunden und durch Bonusauszahlungen in Höhe von drei Euro pro Hektar Jagdfläche belohnt werden – vorausgesetzt, es wird ein positives Ergebnis für den Waldumbau, also weniger Verbissschäden, festgestellt.
Laut Stephan Fessler, Revierleiter des Forstamtes für Buchloe, schränken Wildzäune die Tiere in ihrem Bewegungsraum stark ein. Zudem zerstören umfallende Bäume oft ganze Zaunabschnitte. „Wir setzen alle Hebel in Bewegung, um den Wald zukunftsfähig zu machen“, sagt Fessler auf Nachfrage unserer Redaktion, „doch Wildschutzzäune möchte ich keine mehr bauen.“
Stattdessen setzen Fessler und etliche Waldbesitzer inzwischen auf andere Schutzmaßnahmen, wie Duftstoffe auf Kalk- oder Schaffett–Basis. Diese werden auf die Triebe der jungen Bäume gesprüht.
Fast alle hiesigen Laubbaumarten säen sich auf natürliche Art und Weise in den Wäldern an. Manche Flächen werden bepflanzt. „Aber so gut wie die Natur kann kein Mensch pflanzen“, sagt Fessler.
Die meisten Baumarten leiden jedoch stark unter Wildverbiss – vor allem Laubbäume wie Eichen und Erlen, Buchen oder Bergahorn stehen vorzugsweise auf dem Speiseplan der Rehe.
Verstärkt sollen nun die jeweiligen Jagdpächter in die Pflicht genommen werden. Zum einen wird die jährliche Abschussquote erhöht, um die jungen Pflanzen zu schützen; zum anderen soll deren Arbeit durch Boni entlohnt werden. Dafür stellt die Stadt für die kommenden drei Jahre 3000 Euro zur Verfügung.
„Wenn die Jäger es gut hinbekommen, dass die Verbissschäden an den wichtigen Bäumen zurückgehen, wird der Bonus gezahlt“, sagt der Revierleiter. Dies werde bei einer jährlichen Begehung auch kontrolliert. Bleiben die Verbissschäden jedoch zu groß, können Jagdpächter sogar zu Schadenersatzzahlungen verpflichtet werden. Auch eine vorzeitige Kündigung des Pachtvertrages, der üblicherweise neun Jahre lang läuft, ist möglich. „Unser Ziel ist es, die Wildbestände auf ein waldverträgliches Niveau anzupassen“, sagt Fessler.
In Buchloe steht demnächst die Neuverpachtung des Stadtwaldes an. „Allgemein geht es darum, die Jäger stärker miteinzubinden und den Pächtern mehr Mitverantwortung bei der Waldverjüngung zu geben“, meinte der Bürgermeister in der Hauptausschusssitzung.
Als „gute Sache“bezeichnete Thomas Reiter (FDP) das Projekt: „Wir vertun uns damit nichts.“Auch Karin Pfisterer (UBI) plädierte dafür, „den Versuch zu wagen“. Von einem „tollen Projekt“sprach Michaela Schilling (CSU). Sie schlug zudem vor, Rehe mit Wildkräutern an die Waldränder zu locken. Spezielle Samen-Mischungen genau für diesen Zweck kennt Johann Weber (FW). Der Landwirt sprach aber auch davon, dass „das Wild ein Feinschmecker ist“und sich deshalb ganz gezielt über die jungen Triebe der Laubbäume hermacht, ehe es anfängt, Fichtentriebe anzuknabbern.
Im Bereich der Jagdbögen Honsolgen und Hausen funktioniert das Modellprojekt seit zwei Jahren „recht gut“, wie Michael Port, Vorsitzender der dortigen Jagdgenossenschaft, berichtet. „Wir sind wirklich froh, dass wir das Projekt begonnen haben. Wir sind auf einem guten Weg, aber noch nicht am Ziel“, sagt der Vorsitzende. Der in Honsolgen und Hausen eingeschlagene Weg soll nun auch im Buchloer Stadtwald gegangen werden. Laut Michael Port sind die betreffenden Flächen in Honsolgen 600 Hektar und in Hausen 521 Hektar groß. Somit ergibt sich pro Gebiet jährlich eine Summe von 1500 und 1800 Euro an Zahlungen für die Jagdpächter. Bislang wendet die Stadt Buchloe etwa 12.000 Euro jährlich für den Verbissschutz im Stadtwald auf.