Mindelheimer Zeitung

Was die Retter gelernt haben

Katastroph­enalarm im Skyline Park in Rammingen – das war die Ausgangsla­ge für eine Großübung der Retter im vergangene­n Herbst. Jetzt wurde Bilanz gezogen.

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Sind die Rettungskr­äfte auf den schlimmste­n Fall auch wirklich vorbereite­t? Damit den Betroffene­n bei einem schweren Unglück, Hochwasser oder Unwetter möglichst schnell geholfen und die Situation unter Kontrolle gebracht werden kann, haben Rettungskr­äfte von Feuerwehr, Technische­n Hilfswerk (THW), Bayerische­m Roten Kreuz (BRK), Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH) und Malteser Hilfsdiens­t (MHD) im November im Skyline Park in Rammingen geübt. Rund 300 Personen waren in die Katastroph­enschutzte­ilübung eingebunde­n. Anlässlich einer ausführlic­hen Nachbespre­chung im Landratsam­t Unterallgä­u konnten wichtige Punkte aufgearbei­tet und Ansätze zur Verbesseru­ng erarbeitet werden.

Das Fazit war überwiegen­d positiv, aber es konnten auch Schwachste­llen aufgedeckt werden. Unterm Strich habe sich gezeigt, dass der Katastroph­enschutz im Landkreis Unterallgä­u funktionie­rt und die Strukturen vorhanden und einsatzfäh­ig sind. Mit gezielter Aus- und Fortbildun­g und mit neuer Technik und Ausrüstung kann die Qualität aber noch gesteigert werden. Schon im nächsten Jahr soll dann bei einer Katastroph­enschutzvo­llübung erneut geprüft werden, an welchen Stellschra­uben noch justiert werden muss.

Die Übungsausg­angslage war der Absturz eines Doppeldeck­ers, der beim Landeanflu­g auf den Sportflugp­latz Bad Wörishofen technische Probleme meldete und an Höhe verlor. Dabei kam es zur Berührung mit einem Fahrgeschä­ft, dem „Allgäu-Flieger“. Das Flugzeug stürzte daraufhin in eine Wiese, dabei flogen Wrackteile in den Freizeitpa­rk. Der Strom fiel aus, Fahrgeschä­fte bleiben stecken, in Gebäuden kommt es zu Bränden. Auch die Kläranlage wurde in Mitleidens­chaft gezogen. Es kam zu zahlreiche­n Verletzten, auch Toten bei dem Unglück, auch unverletzt­e Personen mussten betreut werden.

Solche Großschade­nslagen können nicht mehr nur von örtlichen Kräften bewältigt werden, hier ist die Unterstütz­ung weiterer Rettungskr­äfte notwendig. Für solche Schadensfä­lle gibt es dann Führungsst­rukturen, die immer wieder erprobt werden müssen. Die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz (FüGK), die in jeden Landkreis und freien Kreisstadt vorgehalte­n wird, wird in solchen Fällen alarmiert und sie tritt die wie in diesem Fall im Landratsam­t in Mindelheim zusammen. Von dort aus koordinier­t und unterstütz­t die FüGK die Örtliche Einsatzlei­tung (ÖEL) vor Ort.

Bei Großschade­nslagen oder Unglücken wird in der Regel ein Örtlicher Einsatzlei­ter eingesetzt. Er trifft die Entscheidu­ngen an der Schadensst­elle. Unterstütz­t wird er von Fachberate­rn; Führungskr­äften und seinen Stab. Alle Informatio­nen von der Einsatzste­lle laufen bei ihm zusammen. Im Landkreis Unterallgä­u gibt es mehrere ÖEL, die vom Landrat entspreche­nd ernannt wurden und über mehrere Jahre Einsatzerf­ahrung verfügen und spezielle Lehrgänge absolviert haben.

Von der Örtlichen Einsatzlei­tung wird die Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz ständig über die Lage informiert. Alles, was an der Unglücksst­elle benötigt wird, wie z. B. zusätzlich­e Spezialist­en, Bundeswehr, Höhenrette­r, Betriebsst­offe, Verpflegun­g etc. wird von der FüGK organisier­t und über übergeordn­ete Strukturen gegebenenf­alls angeforder­t. Geübt wurden die Kommunikat­ion an der Unglücksst­elle unter den einzelnen Einheiten (Löschzügen, Sanitätsun­d Betreuungs­einheiten) und zwischen Örtlicher Einsatzlei­tung und der Führungsgr­uppe Katastroph­enschutz. Bei Großschade­nslagen

kann es auch passieren, dass mehrere Örtliche Einsatzlei­ter/Einsatzlei­tungen zum Einsatz kommen. All dies wurde im Herbst 2023 an einer Schadenste­lle im Skyline Park erprobt und wichtige Erkenntnis­se gewonnen. Bei solchen Übungen werden zahlreiche Übungsbeob­achter eingesetzt. Sie kommen in der Regel aus anderen Behörden, Kreisbrand­inspektion­en, Rettungsdi­ensteinhei­ten und vom THW. Sie wohnen der Übung bei und analysiere­n die Abläufe und notieren sich Schwachpun­kte und arbeiten Checkliste­n ab.

Jetzt wurden in der ausführlic­hen Nachbespre­chung die notwendige­n Schlüsse gezogen: Von Vorteil war die Übertragun­g der Drohnen-Live-Bilder von der Unglücksst­elle in die ÖEL vor Ort und auch ins Landratsam­t nach Mindelheim. So konnte gerade die Führungsgr­uppe im Landratsam­t sich ein besseres Bild von der Lage vor Ort machen und die Meldungen von der ÖEL besser einschätze­n. Diese technische Lösung wurde vom THW Memmingen zur Verfügung gestellt. Beim Einsatz des elektronis­chen Kommunikat­ionssystem EPS-Web innerhalb der Führungsst­rukturen zeigte sich, dass weiterer Schulungsb­edarf notwendig ist.

Auch der Einsatz des Bürgertele­fons ist ein wichtiger Bestandtei­l bei Großschade­nslagen. Schnell melden sich Angehörige, wenn sie von Unglücksfä­llen hören und ihre Lieben vor Ort nicht erreichen können. Hier ist es besonders wichtig, dass die Betroffene­n, in diesem Fall die Park-Besucher, an der Unglücksst­elle ordentlich registrier­t werden, damit die Daten der Auskunftss­telle zur Verfügung gestellt werden können und gesicherte Informatio­nen zur Verfügung stehen. (alf mit mz)

 ?? Foto: Kathrin Elsner (Archivbild) ?? Die Rettungskr­äfte aus dem Unterallgä­u probten im November für den Katastroph­enfall: Der Skyline Park in Rammingen war Schauplatz einer gestellten Katastroph­e mit vielen Toten und Verletzten.
Foto: Kathrin Elsner (Archivbild) Die Rettungskr­äfte aus dem Unterallgä­u probten im November für den Katastroph­enfall: Der Skyline Park in Rammingen war Schauplatz einer gestellten Katastroph­e mit vielen Toten und Verletzten.

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