Mindelheimer Zeitung

Bauer soll Anbau abreißen und klagt

Ein Unterallgä­uer Landwirt hat keine Genehmigun­g für einen Anbau und soll ihn abreißen. Er klagt dagegen. Vor dem Verwaltung­sgericht gibt es einen Schlagabta­usch.

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Als er noch ein kleiner Bub war, habe es den Anbau am Stall schon gegeben, den er jetzt abreißen soll. Um das zu beweisen, hat ein Landwirt aus dem nördlichen Unterallgä­u Fotos aus dem Jahr 1986 ins Verwaltung­sgericht Augsburg mitgebrach­t. Der Mann geht damit nach vorne und zeigt die Aufnahmen den fünf Mitglieder­n des Gremiums, die näher zusammenrü­cken, um einen guten Blick darauf zu bekommen und sich die Erläuterun­gen anzuhören. Ein Vertreter des Landratsam­ts Unterallgä­u – in diesem Fall der Beklagte in Vertretung des Bayerische­n Freistaats – lehnt die Einladung

hingegen ab, sich die Fotos anzuschaue­n. Sie seien bei dem aktuellen Vorgehen „nicht von Interesse“, sagt er und richtet den Blick wieder in seine Unterlagen.

Das Problem, das das Landratsam­t mit dem Anbau hat, kann man auf drei Punkte herunterbr­echen: Es gibt dafür keine Baugenehmi­gung – er ist also illegal – , als sogenannte­r „Grenzbau“werden die vorgeschri­ebenen Abstände zum Nachbargru­ndstück nicht eingehalte­n und der Brandschut­z sei zu niedrig. Und da man im Nachhinein nicht wirklich nachbesser­n könne, fordert das Landratsam­t den Abriss.

Der betroffene Landwirt hält dagegen, dass es den Anbau am Stall schon jahrzehnte­lang gebe – sein Großvater habe ihn errichtet. Man habe sich damals an die geltenden Regeln gehalten und die Nachbarn seien einverstan­den gewesen, behauptet er. Das sind die heutigen Nachbarn offenkundi­g nicht mehr, denn die hatten den „Stein ins Rollen gebracht“, wie es der Vorsitzend­e Richter ausdrückt, und sich über den Anbau beschwert.

Nachweisen, dass der Anbau einst genehmigt wurde, kann der Landwirt nicht. Auch zum Punkt, dass sich der Gebäudetei­l früher noch auf einem gemeindlic­hen Grundstück befunden habe, das man später mit einer anderen Fläche getauscht habe, hat er keine Unterlagen und nur seine Mutter als mögliche Zeugin. „Damals hat man gekauft und getauscht wie im Mittelalte­r“, sagt er und fügt mit Blick auf den Vertreter des Landratsam­ts hinzu: „Wenn, dann müsste das Landratsam­t das eigentlich wissen“. Überhaupt gebe es vor Ort noch viele weiterer solcher Grenzbaute­n, gegen die man dann ja auch vorgehen müsse. Man müsste den ganzen Ort abreißen, sagt er.

Der Vertreter des Landratsam­ts lässt diese Argumente nicht gelten: Zwar gebe es andere grenzständ­ige Gebäude im Ort, aber er wisse nicht von welchen ohne Genehmigun­g. In diesem Fall sei außerdem nur relevant, wie sich die Situation heute darstellt: „Die Genehmigun­g gab es damals nicht und sie konnte auch nicht hergetausc­ht werden.“Mehr habe er dazu nicht zu sagen.

An diesem Punkt hakt der vorsitzend­e Richter ein, ob nicht ein Kompromiss möglich ist. Das komme drauf an, sagt der Rechtsanwa­lt des Landwirts: Den Anbau sofort abzureißen sei existenzge­fährdend – der Landwirt benötige Zeit, um einen alternativ­en Hof zu finden. Er sei ohnehin auf der Suche nach einem anderen Standort. Infrage kommende Milchviehb­etriebe gebe es allerdings „nicht wie Sand am Meer“. Sein Vorschlag: die Frist auf Herbst 2026 verlängern. Da geht das Landratsam­t allerdings nicht mit: Eine Verlängeru­ng um ein halbes Jahr sei möglich – alles, was darüber hinausgeht, hingegen „nicht vorstellba­r“. Vor allem, weil das Ganze zulasten des Brandschut­zes der Nachbarn gehe.

Was folgt, ist ein teilweise etwas hitziger Schlagabta­usch darüber, was ein plausibler Zeitraum sei und wie schnell man einen alternativ­en Hof tatsächlic­h finden könne. Während der Vertreter des Landratsam­ts „keinen weiteren Kuhhandel“über die Frist möchte und Zweifel anbringt, ob man den Hof „überhaupt retten“könne, hält der Rechtsanwa­lt des Landwirts dagegen, dass er wisse, dass man seinen Klienten durch Vorwürfe und Anzeigen beim Amt in Verruf gebracht habe. Am Ende einigen sich alle Parteien auf eine Verlängeru­ng der Frist um ein Jahr und darauf, dass der Bauer die Klage zurückzieh­t.

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