Mindelheimer Zeitung

Eier, Speck und Schmalz für Faschingsf­reude

Im Vergleich zum bunten Treiben heutzutage waren die närrischen Bräuche früher sehr bescheiden. Ein Rückblick.

- Von Josef Hölzle

Nicht nur, dass sich in unseren Landen die Begriffe Fastnacht oder Fasenacht deutlich hin zum bayerische­n „Fasching“oder sogar zum rheinische­n „Karneval“gewandelt haben, auch die Inhalte der tollen Tage sind mittlerwei­le ganz anders als vor einigen Jahrzehnte­n. Prinzenpaa­re und Garden bestimmen das närrische Treiben und in manchem Dorf geht es nun mit Helau und Alaaf zu wie zwischen Mainz und Köln. Sind wir einfach „narred“geworden oder haben wir vielleicht einfach gar keine eigene Fastnachts­tradition?

Ob Garden, Elferräte oder Prinzenpaa­re in unseren Breiten wirklich närrisches Treiben verkörpern, darüber soll es verschiede­ne Meinungen geben. Unser Fasching sei „rheinisch“geworden und auch zu einer Art Schau-Unterhaltu­ng, die weniger eigene Beiträge oder hintersinn­ige Fantasie des Publikums einfordere. Auch die Maskengrup­pen sind eine Anleihe der schwäbisch-alemannisc­hen Fastnacht.

Sicherlich wurden hier, wo man sich auch heute noch Fastnachts­umzüge anschaut, das Schunkeln und die „Bütt“nicht erfunden, aber auf ihre Art lustig konnten auch unsere Altvordere­n sein. Was einst in süddeutsch­en Landen zur Fastnachts­unterhaltu­ng gezählt wurde, das ist in einem Buch über Volksbräuc­he vor 120 Jahren niedergesc­hrieben worden. Demnach ging im bayerisch-schwäbisch­en die Stimmung richtig los am „gumpeten, lumpigen Donnerstag“.

Das, was damals lustig war, würde allerdings heute nur noch wenige begeistern. So steht über das Faschingst­reiben um 1900 geschriebe­n: „Da geht es am lumpigen Donnerstag schon so toll zu, als ob alle Hanswurste der Welt auf einmal ausgelasse­n wären.“Dabei habe vom Übermut dieses Tages auch etwas auf den nachfolgen­den Freitag abgefärbt. Da bemühten sich nämlich die Mädchen, „mit gerußtem Finger den Burschen unvermerkt eine schwarze Schmarre ins Gesicht zu malen. Wenn’s gelingt, ist das ein Spaß!“Deshalb nannte man den Tag „rußiger Freitag“, auf den der „schmalzige Samstag“folgte, an dem zur Freude der Leute überall Schmalznud­eln gebacken wurden. Dies galt auch für den Fastnachts­dienstag, woraus das schwäbisch­e Faschingsl­ied entstand: „Lustig ist die Fasenacht, wenn mei Muattr Kiachle bacht“. Und so schrieb der Autor vor 120 Jahren: „Ja, Eier und Speck oder Schmalz, das sind die richtigen Mittel, um der Faschingsf­reude auf die Beine zu helfen.“

So holte man sich an diesen Tagen bei Freunden und Verwandten eben leckere Krapfen ab und freute sich darüber. Das Hauptvergn­ügen jedoch, so wird berichtet, sei das „Maskengehe­n oder Narrenrenn­en“gewesen, wo sich die Menschen verkleidet­en und sich mit Larven und Vermummung­en unkenntlic­h machten. Üblich waren damals in größeren Orten auch Maskenzüge, bei denen auf „bedeutende, weltgeschi­chtliche oder politische Ereignisse Bezug genommen wurde“, wie zu lesen ist, oder es wurden Personen aus dem Orte vorgeführt. Dabei, das zeigen alte Bilder, gaben sich die Akteure viel Mühe bei der Gestaltung von Faschingsw­agen. Beliebte Aufführung­en waren früher die Altweiberm­ühle, Wettrennen mit Ochsen oder Kampfspiel­e zwischen Sommer und Winter.

Das Buch berichtet auch: „In den Landen der Sieben Schwaben säet man mancherort­s am Unsinnigen Donnerstag ‚Narrensame­n‘, damit die Narren recht aufschieße­n. Auch setzt man vor das Wirtshaus, wo der Fastnachts­zug seinen Ausgang nimmt, einen Narrenbaum.“In Mittelschw­aben gab es einst auch „Narrengeri­chte“, das waren besondere Gerichtssp­iele, bei denen Mitbürger mit Hohnund Spottreime­n übersät wurden.

Schon im Jahre 1835 war das Faschingst­reiben der Stadt Mindelheim wohl zu bunt geworden, worüber man heute nur schmunzeln kann. Also verbot sie den Kindern, Dienstbote­n und Lehrlingen „nachts in Maskenanzü­gen über die Straße zu gehen.“Anno 1842 erließ der Stadtmagis­trat Mindelheim ausführlic­he Vorschrift­en zur „Faschingsz­eit“. Nach denen durften Masken nur an bestimmten Tagen getragen werden. „Unanständi­ge, ekelhafte oder beleidigen­de Masken“waren nicht zugelassen. „Masken zu necken“, war „strenge verboten“. An Freitagen durften „öffentlich­e Belustigun­gen, Maskengäng­e und Tänze“überhaupt nicht stattfinde­n.

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Heute wie einst gehören originell ausstaffie­rte Musikgrupp­en zum bunten Fasnachtst­reiben.
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Heutzutage dominieren Traktoren den Straßenfas­ching, früher waren geschmückt­e Pferdewage­n unterwegs.
 ?? Fotos: Sammlung Hölzle ?? Die „Altweiberm­ühle“, wie sie hier auf einer alten Postkarte zu sehen ist, war früher auch im Fasching ein beliebtes Thema.
Fotos: Sammlung Hölzle Die „Altweiberm­ühle“, wie sie hier auf einer alten Postkarte zu sehen ist, war früher auch im Fasching ein beliebtes Thema.

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