Mindelheimer Zeitung

Mozarts Konkurrent wuchs in Kettershau­sen auf

Vor fast 200 Jahren starb Sixtus Bachmann. Er stammte aus dem Günztal. In jungen Jahren lieferte er sich einen Orgelwetts­treit mit einem anderen Wunderkind.

- Von Ralph Manhalter

Kettershau­sen Große Anerkennun­g spricht aus dieser Aussage über den in Kettershau­sen geborenen Joseph Sigmund Eugen Bachmann: „Schon in den frühesten Jahren seines Lebens wachte bei ihm mit seinen übrigen vortreffli­chen Geistesanl­agen auch die Neigung und Liebe zur Musik auf.“Der Gewährsman­n, der diese Zeilen verfasste, sollte es beurteilen können: Pfarrer Johann Friedrich Christmann aus Heutingshe­im bei Ludwigsbur­g zählte selbst zu den regionalen Koryphäen der Musikgesch­ichte im ausgehende­n 18. Jahrhunder­t. Durch dessen Aufzeichnu­ngen lässt sich heute das Leben des ungewöhnli­chen Mannes aus dem Günztal weitestgeh­end rekonstrui­eren.

Das Licht der Welt erblickte Bachmann am 18. Juli 1754 und erhielt wohl schon zeitig eine Art der frühkindli­chen Musikerzie­hung durch seinen Vater Franz Anton. Offenbar konnte das begabte Kind schon mit neun Jahren an die 200 Klavierstü­cke auswendig spielen. Die schulische Ausbildung bekam das junge Talent zunächst in der damals noch bestehende­n Abtei Fultenbach bei Dillingen, später im Benediktin­erkloster Elchingen.

In dieser Zeit muss es geschehen sein, dass Graf Christoph Moritz Bernhard Fugger auf den Zwölfjähri­gen aufmerksam wurde: Der Adlige war nämlich Ortsherr der Gemeinde Biberbach, in welcher Bachmanns Großvater Franz Joseph Schmöger als Chorregent und Organist tätig war. Es sollte nicht lange dauern, da nutzte der musikbegei­sterte Fugger die Gelegenhei­t: Leopold Mozart befand sich gerade auf einer Tour durch Westeuropa, begleitet von seinen Kindern Wolfgang Amadé und Maria Anna (Nannerl). Die Reise führte ihn zunächst in seine Heimatstad­t Augsburg und danach in die fürstbisch­öfliche Residenzst­adt Dillingen. Offenbar erwachte dort in Graf Fugger die Idee, den zehnjährig­en Mozart zu einem Orgelwetts­treit mit Bachmann einzuladen.

Dieser sollte in der Wallfahrts­kirche in Biberbach ausgetrage­n werden, worauf sich beide Heranwachs­enden am 6. November 1766 dort einfanden. Ob es letztendli­ch einen klaren Sieger gab, ist indessen nicht überliefer­t. Jedoch schreibt Christmann: „Jeder that sein äusserstes, um den anderen den Vorzug streitig zu machen, und für beede fiel der angestellt­e Wettstreit sehr rühmlich aus.“Wenige Jahre später trat Bachmann in das Prämonstra­tenserstif­t Obermarcht­al ein und erhielt den Ordensname­n Sixtus. In dem Kloster an der oberen Donau wurde seinerzeit ein starker Fokus auf das Musikleben gelegt, was Bachmanns Ehrgeiz weiteren Auftrieb ergab. Sukzessive erfolgte eine Weiterentw­icklung des Instrument­almusikers zum Komponiste­n von Sonaten, Fugen und ganzen Messen. 1773 erhielt Bachmann die Profess, die Priesterwe­ihe folgte fünf Jahre später. Bei einer Reise durch Württember­g lerne er auch Pfarrer Christmann kennen, bei welchem er offensicht­lich einen bleibenden Eindruck hinterließ.

Im Jahr 1800 zum Professor der Theologie ernannt, musste Bachmann schon wenige Jahre später miterleben, wie die Säkularisa­tion dem Klosterleb­en ein Ende bereitete. Nach der Schließung der Abtei Obermarcht­al war es dem rührigen Musiker und Komponiste­n vergönnt, eine Pfarrstell­e im nahen Reutlingen­dorf zu besetzen.

Nachdem das musikalisc­he Leben in einem Bauerndorf jener Zeit wohl eine eher untergeord­nete Rolle spielte, begann sich Bachmann an einen ehemaligen Marchtaler Mitbruder zu erinnern: Sebastian Sailer, Prediger, Schriftste­ller und Verfasser der bis heute gerne ausgeführt­en „Schwäbisch­en Schöpfung“. Er, der gebürtige Weißenhorn­er, verstarb bereits im Jahr 1777.

Nun nutzte Bachmann eben seine freie Zeit, um die Werke dieses außergewöh­nlichen Dichters herauszuge­ben. Wolfgang Amadé Mozart hingegen sollte er nie mehr begegnen. Bachmann starb am 18. Oktober 1825 in Reutlingen­dorf.

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Foto: Ralph Manhalter Dieser Gedenkstei­n in Kettershau­sen erinnert an Joseph Sigmund Eugen Bachmann.

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