„Hundertjährige Zusammenarbeit“
Karwendel-Geschäftsführer und Marketingleiter im Interview über Künstliche Intelligenz, vegane Ersatzprodukte, die Beziehung zu den Landwirten aus der Region – und deren Protest gegen Sparmaßnahmen und Bürokratie.
Die Karwendel-Werke sind fest in Buchloe verankert. Die Unternehmensgeschichte reicht weit über 100 Jahre zurück. Wie konnte sich der Betrieb so lange in der Gennachstadt halten – und sogar immer weiter wachsen?
Viktor Lindner: Karwendel plant als Familienunternehmen seit jeher langfristig und setzt dabei auf nachhaltiges und profitables Wachstum. Dies erreichen wir gemeinsam mit allen Mitarbeitenden und einer Innovationskultur, die neue Wege eröffnet. Unerlässlich sind hier auch die Pflege und Förderung sämtlicher Beziehungen zu unseren Lieferantinnen und Lieferanten sowie zu den Handelspartnern. Vertrauen, Loyalität, gegenseitiger Respekt und Offenheit dienen uns als unabdingliche sowie tragende Säulen jeglichen Handelns. Auch unsere große regionale Verbundenheit spielt eine enorme Rolle.
Gernot Döffinger: Genau, doch auch ein gewisser Innovationsgeist ist für den Erfolg des Unternehmens
verantwortlich, denn uns interessiert immer, was gerade gefragt ist. Zu den jüngeren Innovationen zählen der Exquisa Fitline Proteinquark sowie der erste milde Skyr.
Immer mehr vegane Ersatzprodukte wandern in die Regale der Supermärkte, der Absatz stieg zuletzt stetig. Wie trägt Karwendel dieser Entwicklung Rechnung?
Döffinger: Wir haben solche Trends selbstverständlich nicht nur im Blick, sondern setzen sie auch um. Das hat auch dazu geführt, dass wir seit 2016 Hummus und pflanzliche Brotaufstriche führen. Das hat sich bewährt, denn wir sind mittlerweile Marktführer im Bereich gekühlte pflanzliche Brotaufstriche und können eine große Vielfalt an Sorten anbieten. Seit 2021 bieten wir auch vegane Frischkäse-Alternative der Marke Exquisa an. Wir haben dabei den Anspruch, Qualität und Genuss die größte Aufmerksamkeit zu schenken. Geschmacklich muss es top sein – egal ob das Produkt aus Milch oder aus Pflanzen hergestellt wird. Wir wissen genau, dass niemand mehr geschmackliche Einbußen hinnimmt, nur weil man sich rein pflanzlich ernähren möchte.
Wie gehen Sie damit um, wenn Produkte vom Markt nicht angenommen werden und der Absatz nicht stimmt?
Döffinger: Wenn Produkte nicht den Wünschen der Verbraucherinnen und Verbraucher entsprechen, ist das für uns ein klares Zeichen, nachzujustieren. Unser großes Ziel ist es, für jedes Bedürfnis das passende Produkt anzubieten, und das funktioniert nur durch genaues Hinhören und Hinsehen.
Inwiefern arbeiten Sie insbesondere mit Landwirten aus der Region zusammen, und wie blicken Sie auf deren Protest gegen die Sparmaßnahmen der Regierung und die überbordende Bürokratie?
Lindner: Über 94 Prozent der von uns verwendeten Milch stammt aus dem Umkreis von Buchloe – mit einer Entfernung von maximal 50 Kilometern –, und mit drei Vierteln der Lieferantinnen und Lieferanten arbeiten wir bereits über drei Generationen hinweg zusammen. Auf die teilweise über hundertjährigen Lieferbeziehungen sind wir sehr stolz. Ein regelmäßiger Dialog und ein offener Austausch zu allen relevanten Themen, wie auch zu Sorgen und Nöten unserer Partnerinnen und Partner ist für uns daher selbstverständlich. Wir können die schwierige Lage, in der sich viele von ihnen befinden, sowie den Wunsch zu Handeln nachvollziehen.
Zahlreiche Branchen sind vom Fachkräfte- und Nachwuchsmangel betroffen. Wie sieht die Lage denn bei Ihnen aus? Und was tun Sie, um neue Mitarbeiter zu finden?
Lindner: Auch unser Unternehmen ist von den weitverbreiteten Herausforderungen des Fachkräfteund Nachwuchsmangels betroffen. Durch die Schaffung eines positiven Arbeitsumfelds mit wertschätzender Unternehmenskultur versuchen wir sowohl potenzielle Talente anzusprechen als auch bestehende Mitarbeiter langfristig zu binden. Wir legen zudem großen Wert auf effektive Recruiting-Maßnahmen, dazu gehören unter andere die enge Zusammenarbeit mit Bildungseinrichtungen sowie etablierte und effiziente Rekrutierungsprozesse.
Künstliche Intelligenz dringt immer weiter in die Arbeitswelt vor. Welche Rolle spielt diese Entwicklung in den Karwendel-Werken?
Lindner: In unserem Unternehmen verfolgen wir aufmerksam die fortschreitende Integration Künstlicher Intelligenz in die Arbeitswelt. Zu diesem Zweck haben wir eine Projektgruppe eingerichtet, die untersucht, wie wir KI sinnvoll in den verschiedenen Abteilungen einsetzen können und welche Auswirkungen dies auf unsere Prozesse haben könnte. Unser Ziel ist es, die Chancen, die KI bietet, zu nutzen, um Effizienzsteigerungen zu erzielen und innovative Lösungen für spezifische Herausforderungen zu entwickeln.