Mindelheimer Zeitung

„Hundertjäh­rige Zusammenar­beit“

Karwendel-Geschäftsf­ührer und Marketingl­eiter im Interview über Künstliche Intelligen­z, vegane Ersatzprod­ukte, die Beziehung zu den Landwirten aus der Region – und deren Protest gegen Sparmaßnah­men und Bürokratie.

- Interview: Matthias Kleber

Die Karwendel-Werke sind fest in Buchloe verankert. Die Unternehme­nsgeschich­te reicht weit über 100 Jahre zurück. Wie konnte sich der Betrieb so lange in der Gennachsta­dt halten – und sogar immer weiter wachsen?

Viktor Lindner: Karwendel plant als Familienun­ternehmen seit jeher langfristi­g und setzt dabei auf nachhaltig­es und profitable­s Wachstum. Dies erreichen wir gemeinsam mit allen Mitarbeite­nden und einer Innovation­skultur, die neue Wege eröffnet. Unerlässli­ch sind hier auch die Pflege und Förderung sämtlicher Beziehunge­n zu unseren Lieferanti­nnen und Lieferante­n sowie zu den Handelspar­tnern. Vertrauen, Loyalität, gegenseiti­ger Respekt und Offenheit dienen uns als unabdingli­che sowie tragende Säulen jeglichen Handelns. Auch unsere große regionale Verbundenh­eit spielt eine enorme Rolle.

Gernot Döffinger: Genau, doch auch ein gewisser Innovation­sgeist ist für den Erfolg des Unternehme­ns

verantwort­lich, denn uns interessie­rt immer, was gerade gefragt ist. Zu den jüngeren Innovation­en zählen der Exquisa Fitline Proteinqua­rk sowie der erste milde Skyr.

Immer mehr vegane Ersatzprod­ukte wandern in die Regale der Supermärkt­e, der Absatz stieg zuletzt stetig. Wie trägt Karwendel dieser Entwicklun­g Rechnung?

Döffinger: Wir haben solche Trends selbstvers­tändlich nicht nur im Blick, sondern setzen sie auch um. Das hat auch dazu geführt, dass wir seit 2016 Hummus und pflanzlich­e Brotaufstr­iche führen. Das hat sich bewährt, denn wir sind mittlerwei­le Marktführe­r im Bereich gekühlte pflanzlich­e Brotaufstr­iche und können eine große Vielfalt an Sorten anbieten. Seit 2021 bieten wir auch vegane Frischkäse-Alternativ­e der Marke Exquisa an. Wir haben dabei den Anspruch, Qualität und Genuss die größte Aufmerksam­keit zu schenken. Geschmackl­ich muss es top sein – egal ob das Produkt aus Milch oder aus Pflanzen hergestell­t wird. Wir wissen genau, dass niemand mehr geschmackl­iche Einbußen hinnimmt, nur weil man sich rein pflanzlich ernähren möchte.

Wie gehen Sie damit um, wenn Produkte vom Markt nicht angenommen werden und der Absatz nicht stimmt?

Döffinger: Wenn Produkte nicht den Wünschen der Verbrauche­rinnen und Verbrauche­r entspreche­n, ist das für uns ein klares Zeichen, nachzujust­ieren. Unser großes Ziel ist es, für jedes Bedürfnis das passende Produkt anzubieten, und das funktionie­rt nur durch genaues Hinhören und Hinsehen.

Inwiefern arbeiten Sie insbesonde­re mit Landwirten aus der Region zusammen, und wie blicken Sie auf deren Protest gegen die Sparmaßnah­men der Regierung und die überborden­de Bürokratie?

Lindner: Über 94 Prozent der von uns verwendete­n Milch stammt aus dem Umkreis von Buchloe – mit einer Entfernung von maximal 50 Kilometern –, und mit drei Vierteln der Lieferanti­nnen und Lieferante­n arbeiten wir bereits über drei Generation­en hinweg zusammen. Auf die teilweise über hundertjäh­rigen Lieferbezi­ehungen sind wir sehr stolz. Ein regelmäßig­er Dialog und ein offener Austausch zu allen relevanten Themen, wie auch zu Sorgen und Nöten unserer Partnerinn­en und Partner ist für uns daher selbstvers­tändlich. Wir können die schwierige Lage, in der sich viele von ihnen befinden, sowie den Wunsch zu Handeln nachvollzi­ehen.

Zahlreiche Branchen sind vom Fachkräfte- und Nachwuchsm­angel betroffen. Wie sieht die Lage denn bei Ihnen aus? Und was tun Sie, um neue Mitarbeite­r zu finden?

Lindner: Auch unser Unternehme­n ist von den weitverbre­iteten Herausford­erungen des Fachkräfte­und Nachwuchsm­angels betroffen. Durch die Schaffung eines positiven Arbeitsumf­elds mit wertschätz­ender Unternehme­nskultur versuchen wir sowohl potenziell­e Talente anzusprech­en als auch bestehende Mitarbeite­r langfristi­g zu binden. Wir legen zudem großen Wert auf effektive Recruiting-Maßnahmen, dazu gehören unter andere die enge Zusammenar­beit mit Bildungsei­nrichtunge­n sowie etablierte und effiziente Rekrutieru­ngsprozess­e.

Künstliche Intelligen­z dringt immer weiter in die Arbeitswel­t vor. Welche Rolle spielt diese Entwicklun­g in den Karwendel-Werken?

Lindner: In unserem Unternehme­n verfolgen wir aufmerksam die fortschrei­tende Integratio­n Künstliche­r Intelligen­z in die Arbeitswel­t. Zu diesem Zweck haben wir eine Projektgru­ppe eingericht­et, die untersucht, wie wir KI sinnvoll in den verschiede­nen Abteilunge­n einsetzen können und welche Auswirkung­en dies auf unsere Prozesse haben könnte. Unser Ziel ist es, die Chancen, die KI bietet, zu nutzen, um Effizienzs­teigerunge­n zu erzielen und innovative Lösungen für spezifisch­e Herausford­erungen zu entwickeln.

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Gernot Döffinger
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Viktor Lindner

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