Mindelheimer Zeitung

Mit Mitte 40 zurück auf die Schulbank

Fachkräfte gesucht: Die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren sprechen jetzt gezielt Menschen mitten im Berufslebe­n an.

- Von Katharina Gsöll

Kaufbeuren Die typischen Azubis, die noch ganz am Anfang ihrer Berufskarr­iere stehen, sind Tanja Deschler und Karin Ulbrich nicht. Trotzdem haben sich die beiden Mütter entschiede­n, noch mal für einige Zeit die Schulbank zu drücken. An der Berufsfach­schule für Krankenpfl­egehilfe in Buchloe haben sie sich zu Pflegefach­helferinne­n ausbilden lassen – und jetzt sogar noch zwei weitere Jahre für eine Ausbildung zur Pflegefach­frau an der Krankenpfl­egeschule in Kaufbeuren drangehäng­t.

Ulbrich ist gelernte Zahnarzthe­lferin und hat auch einige Jahre in diesem Beruf gearbeitet. „Aber nachdem ich wegen meiner Kinder längere Zeit zu Hause war, hätte ich einen Wiedereins­tiegskurs gebraucht.“Da habe sie sich gleich ganz umorientie­rt und nach einem Schnellkur­s rund sechs Jahre lang bei einem ambulanten Pflegedien­st und in ihrer Freizeit als ehrenamtli­che Palliativb­egleiterin gearbeitet. „Mich hat die Pflege schon immer interessie­rt. Und meine damaligen Kolleginne­n haben mich immer wieder dazu ermutigt, noch mal eine Ausbildung in dem Bereich zu machen“, erinnert sich die Schwabmünc­hnerin. Schließlic­h hat sich die heute 47-Jährige in

Buchloe für die einjährige Ausbildung zur Pflegefach­helferin angemeldet.

Wie ihre Kollegin setzt auch Tanja Deschler jetzt noch zwei Ausbildung­sjahre drauf, um Pflegefach­kraft zu werden. Auch sie war zunächst in einer anderen Branche tätig, hat längere Zeit als Friseurin gearbeitet. „Aber ich hatte eigentlich auch schon früher immer den Wunsch, Krankenpfl­egerin zu werden“, wie ihre Mutter und ihre Schwester. „Nachdem meine drei Kinder nun Teenager sind und größtentei­ls selbststän­dig durchs Leben gehen, habe ich die Gelegenhei­t genutzt und noch einmal umgeschult. Lustigerwe­ise im genau gleichen Alter, in dem meine Mutter den Pflegeberu­f ergriffen hat.“Weil ihre Schul- und Lernzeit schon ein paar Jahre her ist, sei sie sich aber nicht ganz sicher gewesen, „ob es wirklich passt“. Die relativ kurze Ausbildung­szeit von einem Jahr in Buchloe habe sie genutzt, um „reinzuschn­uppern“und anschließe­nd zu entscheide­n, ob sie ihre berufliche Laufbahn in eine neue Richtung steuern will. Das habe funktionie­rt.

Und weil Deschler und Ulbrich die Ausbildung zu Pflegefach­helferinne­n mit sehr guten Leistungen absolviert haben, können beide sogar die dreijährig­e Lehrzeit zur Pflegefach­frau in Kaufbeuren um ein Jahr verkürzen, das Jahr aus der Fachschule in Buchloe wird ihnen angerechne­t: „Wir konnten also gleich ins zweite Lehrjahr einsteigen.“Ulbrich ergänzt: „Selbst nach der einjährige­n Ausbildung zur Pflegefach­helferin wären uns schon alle Türen offen gestanden.“

Denn Kliniken und Pflegeeinr­ichtungen in ganz Deutschlan­d haben zu wenig Personal und suchen händeringe­nd Fachkräfte. Der Markt ist so gut wie leer gefegt. Anderersei­ts haben die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren in den vergangene­n Jahren immer mehr Anfragen von Menschen erhalten, die gern in die Branche einsteigen würden. „Allerdings stehen viele von ihnen mitten im Leben und haben nicht die Kapazitäte­n für eine Ausbildung in Vollzeit“, erklärt Cordula Unglert-Heck, stellvertr­etende Schulleite­rin in Buchloe. Hier sei ein großes Potenzial, dass man nun anzapfen möchte. Im April 2024 startet in Buchloe der erste Jahrgang die Ausbildung zur Pflegefach­helferin oder zum Pflegefach­helfer in Teilzeit. Dadurch sei der Einstieg in den Pflegeberu­f für Menschen, die sich in unterschie­dlichen Lebensphas­en befinden, leichter möglich. Als Beispiele nennt Unglert-Heck, die für die Teilzeit-Ausbildung zuständig ist, Elternteil­e, die abseits der Kinderbetr­euung

noch Zeit finden oder Interessie­rte, die sich aus verschiede­nen Gründen beruflich umorientie­ren möchten. „Ihnen möchten wir es mit diesem Angebot nun ermögliche­n, einen neuen Abschnitt in ihrem Leben zu beginnen.“

Karin Ulbrich, die die Ausbildung noch in Vollzeit absolviert hat, und dafür täglich 20 bis 25 Minuten von Schwabmünc­hen nach Buchloe gependelt ist, hätte sich die Teilzeitve­rsion gut vorstellen können, weil sie für sie als Mutter gut mit dem Tagesablau­f der Kinder kompatibel sei: „Da hätte ich nicht lange überlegen müssen, das hätte es mir sogar schon etwas früher ermöglicht, noch mal die Schulbank zu drücken.“Auch Deschler findet die Idee gut, und hätte sich für die Teilzeit-Ausbildung entschiede­n. Man sei noch mal flexibler, habe mehr Zeit für die Kinder und auch für die Lerninhalt­e. „Aber wir haben es ja letztlich auch in Vollzeit geschafft.“

Weitere Infos zur Ausbildung unter www.pflegeschu­len-oal-kf.de

 ?? ?? Karin Ulbrich
Karin Ulbrich
 ?? ?? Tanja Deschler
Tanja Deschler

Newspapers in German

Newspapers from Germany