Mit Mitte 40 zurück auf die Schulbank
Fachkräfte gesucht: Die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren sprechen jetzt gezielt Menschen mitten im Berufsleben an.
Kaufbeuren Die typischen Azubis, die noch ganz am Anfang ihrer Berufskarriere stehen, sind Tanja Deschler und Karin Ulbrich nicht. Trotzdem haben sich die beiden Mütter entschieden, noch mal für einige Zeit die Schulbank zu drücken. An der Berufsfachschule für Krankenpflegehilfe in Buchloe haben sie sich zu Pflegefachhelferinnen ausbilden lassen – und jetzt sogar noch zwei weitere Jahre für eine Ausbildung zur Pflegefachfrau an der Krankenpflegeschule in Kaufbeuren drangehängt.
Ulbrich ist gelernte Zahnarzthelferin und hat auch einige Jahre in diesem Beruf gearbeitet. „Aber nachdem ich wegen meiner Kinder längere Zeit zu Hause war, hätte ich einen Wiedereinstiegskurs gebraucht.“Da habe sie sich gleich ganz umorientiert und nach einem Schnellkurs rund sechs Jahre lang bei einem ambulanten Pflegedienst und in ihrer Freizeit als ehrenamtliche Palliativbegleiterin gearbeitet. „Mich hat die Pflege schon immer interessiert. Und meine damaligen Kolleginnen haben mich immer wieder dazu ermutigt, noch mal eine Ausbildung in dem Bereich zu machen“, erinnert sich die Schwabmünchnerin. Schließlich hat sich die heute 47-Jährige in
Buchloe für die einjährige Ausbildung zur Pflegefachhelferin angemeldet.
Wie ihre Kollegin setzt auch Tanja Deschler jetzt noch zwei Ausbildungsjahre drauf, um Pflegefachkraft zu werden. Auch sie war zunächst in einer anderen Branche tätig, hat längere Zeit als Friseurin gearbeitet. „Aber ich hatte eigentlich auch schon früher immer den Wunsch, Krankenpflegerin zu werden“, wie ihre Mutter und ihre Schwester. „Nachdem meine drei Kinder nun Teenager sind und größtenteils selbstständig durchs Leben gehen, habe ich die Gelegenheit genutzt und noch einmal umgeschult. Lustigerweise im genau gleichen Alter, in dem meine Mutter den Pflegeberuf ergriffen hat.“Weil ihre Schul- und Lernzeit schon ein paar Jahre her ist, sei sie sich aber nicht ganz sicher gewesen, „ob es wirklich passt“. Die relativ kurze Ausbildungszeit von einem Jahr in Buchloe habe sie genutzt, um „reinzuschnuppern“und anschließend zu entscheiden, ob sie ihre berufliche Laufbahn in eine neue Richtung steuern will. Das habe funktioniert.
Und weil Deschler und Ulbrich die Ausbildung zu Pflegefachhelferinnen mit sehr guten Leistungen absolviert haben, können beide sogar die dreijährige Lehrzeit zur Pflegefachfrau in Kaufbeuren um ein Jahr verkürzen, das Jahr aus der Fachschule in Buchloe wird ihnen angerechnet: „Wir konnten also gleich ins zweite Lehrjahr einsteigen.“Ulbrich ergänzt: „Selbst nach der einjährigen Ausbildung zur Pflegefachhelferin wären uns schon alle Türen offen gestanden.“
Denn Kliniken und Pflegeeinrichtungen in ganz Deutschland haben zu wenig Personal und suchen händeringend Fachkräfte. Der Markt ist so gut wie leer gefegt. Andererseits haben die Kliniken Ostallgäu-Kaufbeuren in den vergangenen Jahren immer mehr Anfragen von Menschen erhalten, die gern in die Branche einsteigen würden. „Allerdings stehen viele von ihnen mitten im Leben und haben nicht die Kapazitäten für eine Ausbildung in Vollzeit“, erklärt Cordula Unglert-Heck, stellvertretende Schulleiterin in Buchloe. Hier sei ein großes Potenzial, dass man nun anzapfen möchte. Im April 2024 startet in Buchloe der erste Jahrgang die Ausbildung zur Pflegefachhelferin oder zum Pflegefachhelfer in Teilzeit. Dadurch sei der Einstieg in den Pflegeberuf für Menschen, die sich in unterschiedlichen Lebensphasen befinden, leichter möglich. Als Beispiele nennt Unglert-Heck, die für die Teilzeit-Ausbildung zuständig ist, Elternteile, die abseits der Kinderbetreuung
noch Zeit finden oder Interessierte, die sich aus verschiedenen Gründen beruflich umorientieren möchten. „Ihnen möchten wir es mit diesem Angebot nun ermöglichen, einen neuen Abschnitt in ihrem Leben zu beginnen.“
Karin Ulbrich, die die Ausbildung noch in Vollzeit absolviert hat, und dafür täglich 20 bis 25 Minuten von Schwabmünchen nach Buchloe gependelt ist, hätte sich die Teilzeitversion gut vorstellen können, weil sie für sie als Mutter gut mit dem Tagesablauf der Kinder kompatibel sei: „Da hätte ich nicht lange überlegen müssen, das hätte es mir sogar schon etwas früher ermöglicht, noch mal die Schulbank zu drücken.“Auch Deschler findet die Idee gut, und hätte sich für die Teilzeit-Ausbildung entschieden. Man sei noch mal flexibler, habe mehr Zeit für die Kinder und auch für die Lerninhalte. „Aber wir haben es ja letztlich auch in Vollzeit geschafft.“
Weitere Infos zur Ausbildung unter www.pflegeschulen-oal-kf.de