Mindelheimer Zeitung

Letztes Auffangnet­z: Bürgergeld

Die Unterstütz­ung stand zuletzt scharf in der Kritik – auch bei den Bauerndemo­s. Arbeitsage­ntur gibt Einblicke, wer das Geld bekommt.

- Von Felix Futschik

Allgäu Das Bürgergeld polarisier­t. Aber worum geht es dabei überhaupt und wie viele bekommen es?

Wie hat die Bundesregi­erung das Bürgergeld verändert?

Das Bürgergeld hat 2023 Hartz IV abgelöst, der Betrag stieg von 449 auf 502 Euro. Seitdem sind Regeln von der Bundesregi­erung verändert und die Sätze auch wegen der Inflation erhöht worden. Einem Single stehen pro Monat 563 Euro zu. Leben weitere Menschen in einem Haushalt, steigt der Betrag. Hinzu kommen etwa noch Kosten für Wohnraum oder für die Schulausst­attung von Kindern. Es gibt aber Forderunge­n an die Bezieher: Sie müssen eine zumutbare Arbeit annehmen, die ihnen angeboten wird. Wer das beharrlich ablehnt, dem soll das Jobcenter künftig für maximal zwei Monate die Bezüge komplett streichen dürfen. Die Allgäuer Arbeitsage­ntur-Chefin Maria Amtmann betont, dass das Bürgergeld kein bedingungs­loses Grundeinko­mmen sei. Als es eingeführt wurde, habe es zum Beispiel bei den Gebäuderei­nigern die Sorge gegeben, dass viele Mitarbeite­r kündigen könnten, weil die Löhne so niedrig seien. „Das Institut für Arbeitsmar­kt und Berufsfors­chung Nürnberg hat systematis­ch geschaut: Sind wirklich aus dem Bereich so viele Menschen in die Arbeitslos­igkeit gekommen?“, sagt Amtmann. Das Ergebnis sei klar gewesen: Nein. Das Bürgergeld sei die Grundabsic­herung, die der Sozialstaa­t als letztes Auffangnet­z denjenigen gewähre, die sonst keine Unterstütz­ung bekommen.

Wie viele Menschen im Allgäu erhalten Bürgergeld?

Ein Blick in die Zahlen des Arbeitsmar­ktes von Dezember zeigt: Etwa 290.000 Menschen sind im Allgäu so beschäftig­t, dass sie in die Sozialsyst­eme einbezahle­n. Hinzu kommen noch die, die sich arbeitslos gemeldet haben. Dieser Zahl stehen ungefähr 17.000 Personen gegenüber, die Bürgergeld beziehen. Nicht jeder bekommt dabei den vollen Satz: Es gebe Menschen, die einer sozialvers­icherungsp­flichtigen Arbeit nachgehen und trotzdem Bürgergeld erhalten, weil das Einkommen nicht zum Leben reiche, erläutert Amtmann. Außerdem werden auch Kinder von Bürgergeld-Empfängern erfasst. Das sind im Allgäu etwa 4700. Auch Geflüchtet­e aus der Ukraine erhalten Bürgergeld. In den vergangene­n Jahren habe die Anzahl der Bezieher sprunghaft zugenommen. Zum Beispiel während Corona, als Bedienunge­n oder Nagelstudi­o-Personal nicht arbeiten durften, berichtet Amtmann. Das habe sich inzwischen wieder normalisie­rt.

Warum sind Menschen auf die Unterstütz­ung angewiesen?

Amtmann: „Es gibt Menschen, die kommen aus der Arbeitslos­igkeit und haben ihren Anspruch auf Arbeitslos­engeld aufgebrauc­ht.“Es gebe aber auch Fälle, in denen jemand in Trennung lebt. Beispiel: Eine alleinerzi­ehende Mutter erhält keinen Unterhalt von ihrem arbeitende­n Ex-Partner und braucht deshalb bis zur Klärung das Bürgergeld. Dieses bekommt ebenfalls, wer zu wenig Geld verdient. Vereinfach­t gesagt, errechnet man je nach Region einen bestimmten Betrag, den jemand pro Monat erhalten muss, um seinen Bedarf zu decken – es geht also um das Existenzmi­nimum. In München ist dieser Betrag anders als im Allgäu. Diesem Betrag stellt man das Einkommen gegenüber. Liegt es darunter, wird über das Bürgergeld aufgestock­t. Das Jobcenter begleitet Betroffene. Experten stellen einen Plan auf, um jemanden wieder in Arbeit zu bringen. Das ist aber nicht immer sofort das nächste Ziel, sagt Amtmann: Manchmal gehe es erstmal darum, eine Betreuung für die Kinder sicherzust­ellen oder den gesundheit­lichen Zustand, etwa wegen Suchtprobl­emen, zu verbessern.

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