Stadtrat erhöht Druck auf Bürgermeister
Sebastianeum und Abwassergebühren: Bad Wörishofens Stadtrat fühlt sich von Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) nicht ausreichend informiert. Deshalb gibt es nun weitreichende Anträge.
Es bleibt weiter Druck im Kessel, was die Zusammenarbeit zwischen Stadtrat und Bad Wörishofens Bürgermeister Stefan Welzel (CSU) angeht. Seine Stellvertreter Daniel Pflügl (Grüne) und Michaela Bahle-Schmid (CSU) stellen nun gleich mehrere Forderungen auf, teils im Namen des gesamten Stadtrates. Unter anderem geht es in den Anträgen um das Sebastianeum und die neuen Abwassergebühren.
In Bad Wörishofen gelten seit dem Jahresbeginn neue Abwassergebühren. Es sind die höchsten im näheren Umkreis und sie sind deutlich höher als der bayerische Durchschnitt. Statt 2,18 Euro für jeden Kubikmeter Abwasser werden nun 4,20 Euro fällig. Zum Vergleich: In Mindelheim werden 2,69 Euro fällig, Kaufbeuren berechnet 1,67 Euro und Buchloe veranschlagt 1,54 Euro pro Kubikmeter. Seit der Stadtrat die neuen Gebühren kurz vor Weihnachten mit 14:6 Stimmen beschlossen hat, reißt die Kritik nicht ab. Denn nicht nur Privathaushalte zahlen deutlich mehr. Hotelier Matthias Schneid hatte unlängst im Bayerischen Rundfunk erklärt, für seinen Betrieb mache das 12.000 bis 16.000 Euro mehr pro Jahr aus. Wasser spielt bei der Kneipptherapie bekanntlich eine wichtige Rolle.
Nun soll der Rechnungsprüfungsausschuss des Stadtrates genauer hinschauen. Das ist zentraler Bestandteil eines Antrags, den Pflügl und Bahle-Schmid ausdrücklich im Namen des Stadtrates gestellt haben. Der Ausschuss soll prüfen, inwiefern „bei der Kalkulation der Abwassergebühren seit der letzten Kalkulation im Jahr 2017 ordnungs-, sachgemäß und rechtskonform vorgegangen wurde.“Hierzu soll der Ausschuss auch auf externe Beratung zurückgreifen können.
Den Stadtrat habe aus der Verwaltung die Information erreicht, wonach die Abwassergebühr „bereits vor Jahren verpflichtend hätte berechnet werden müssen“, schildern Zweiter Bürgermeister Pflügl und Dritte Bürgermeisterin BahleSchmid. Auch könne nicht pauschal gesagt werden, es habe seinerzeit keine einzukalkulierenden Kosten gegeben. Auf die Notwendigkeit der Kalkulation habe auch die damalige Kämmerin bei Amtsübergabe hingewiesen, berichten
die Antragssteller. „Als Aufsichtsorgan der Verwaltung ist der Stadtrat verpflichtet, der Thematik nachzugehen und entsprechend aufzuarbeiten.“
In einem weiteren Antrag, ebenfalls im Namen des gesamten Stadtrates, fordern Pflügl und Bahle-Schmid außerdem, dass ein Beschlussbuch eingeführt wird. Dieses soll künftig Sitzungen des Stadtrates, seiner Ausschüsse und der Zweckverbände begleiten. Das Beschlussbuch müsse jederzeit und ohne zusätzliche Barrieren für alle Ratsmitglieder in deren Ratsinformationssystem einsehbar sein. Auch nicht-öffentlich gefasste Beschlüsse sollen aufgenommen werden, soweit dies datenschutzrechtlich möglich ist. „Der öffentliche Teil des Beschlussbuches ist auf der Homepage der Stadt Bad Wörishofen allen Bürgerinnen und Bürgern online zugänglich zu machen“, heißt es in dem Antrag außerdem.
Das Beschlussbuch müsse zudem nach Schlagworten durchsuchbar sein. Noch nicht umgesetzte Beschlüsse müssten zudem farblich gekennzeichnet werden. Bei der Umsetzung drückt der Stadtrat aufs Tempo. Bis zum 1. Dezember 2024 müssen gemäß dem Antrag sämtliche Beschlüsse in das Beschlussbuch eingetragen werden, welche seit Einführung des Ratsinformationssystems im Stadtrat oder in den Ausschüssen behandelt wurden.
Das Beschlussbuch soll es dem Stadtrat erleichtern, die Ausführung seiner Beschlüsse durch die Verwaltung zu überwachen. Das sei die übertragene Aufgabe des Rates. „Insbesondere soll künftig vermieden werden, dass gefasste Beschlüsse nicht oder erst (erheblich) verspätet umgesetzt werden“, heißt es in dem Antrag außerdem. Der Rat sieht auch Vorteile für die Verwaltung beim Recherchieren früherer Beschlüsse, was teils mit
erheblichem Aufwand verbunden sei, auch durch „die hohe Personalfluktuation“im Rathaus. Für die Bevölkerung bringe das Beschlussbuch zudem mehr Transparenz und einfacheren Zugang zu stadtpolitischen Entscheidungen.
Pflügl und Bahle-Schmid haben noch ein drittes wichtiges Anliegen. Dabei geht es um die Zukunft des Sebastianeums. Welzel soll in öffentlicher Sitzung „ausführlich und vollumfänglich über den aktuellen Stand hinsichtlich der mit dem neuen Eigentümer des Sebastianeums (und eventuellen weiteren Akteuren) geführten Gespräche“berichten, zudem über die „kurz-, mittel- und langfristige Zukunft“des Gebäudes in der Fußgängerzone. Eine Nichtöffentlichkeit müsse begründet werden. Pflügl und Bahle-Schmid wollen wissen, wie viele Gesprächstermine zwischenzeitlich stattgefunden haben, wer an den Gesprächsterminen teilgenommen hat und welche Nutzungsmöglichkeiten diskutiert wurden. Sie wollen wissen, ob bereits Vereinbarungen getroffen wurden und welche Schritte nun folgen. Zudem soll Welzel über weitere Gesprächstermine und die Teilnehmer informieren. Ein Vertreter des Investors soll bei der Sitzung Rederecht erhalten.
Der Stadtrat sei im Herbst 2023 „seitens der Verwaltung hinsichtlich der Veräußerung des KneippTraditionshauses Sebastianeum an einen privaten Investor vor vollendete Tatsachen gestellt“worden, schreiben Pflügl und BahleSchmid. „Darüber hinaus wurde das Gremium über zuvor geführte und zu diesem Zeitpunkt bereits gescheiterte Verhandlungen zwischen dem Ersten Bürgermeister und der Vorsitzenden des Kneippbundes auf der einen und Vertretern des bisherigen Eigentümers, dem Orden der Barmherzigen Brüdern, auf der anderen Seite, informiert. Nähere, oder gar schriftliche Details zu den Gesprächen, in welchen es um Erwerbs- und Weiternutzungsmodalitäten gegangen sein soll, sind bis dato nicht bekannt.“
Der Stadtrat habe Welzel dann im Rahmen einer Aussprache den „Auftrag erteilt, so schnell als möglich Gespräche mit dem neuen Eigentümer aufzunehmen, was die künftige Nutzung des Gebäudes angelangt“, erinnern BahleSchmid und Pflügl. „Eine angemessene Information des Stadtrates“zum Sachstand sei dann aber nicht mehr erfolgt. Von einem Treffen wisse man nur, weil Landtags-Fraktionschef Klaus Holetschek (CSU) ein Foto davon auf seinem Facebook-Account veröffentlicht habe. Der Stadtrat sei aber auch danach nicht über das Gespräch von Welzel informiert worden. Auch habe der Bürgermeister, entgegen dem Wunsch im Stadtrat, keine Ratsmitglieder in die Gespräche eingebunden, auch nicht die Wirtschaftsreferentin Christine Waibl (CSU). „Unabhängig von dem Recht auf Information muss verhindert werden, dass sich hier Geschichte wiederholt“, betonen Pflügl und Bahle-Schmid. Es gehe um eine akzeptable Lösung für das Erbe Kneipps, bevor „erneut eine unumkehrbare Situation eintritt“. Der Stadtrat müsse nun „als gewählter Vertreter der Wörishofer Bürgerinnen und Bürger unverzüglich ins Bild“gesetzt und eingebunden werden, fordern Pflügl und Bahle-Schmid.